Mülheim. Der aktuelle Schuldner-Atlas liegt vor und zeigt Fälle von Überschuldung auf. Wie viele Bürgerinnen und Bürger in Mülheim überschuldet sind.
In Mülheim leben aktuell etwas weniger verschuldete Menschen als noch im Vorjahr. Grund zum Aufatmen sei das allerdings nicht, betont der Inkassodienstleister Creditreform, der die Daten erfasst, denn die steigenden Lebenshaltungs- und Energiepreiskosten könnten diesen Trend alsbald umkehren.
Im aktuellen Schuldner-Atlas des Inkassodienstleisters Creditreform steht Mülheim an Platz 341 von insgesamt 401 untersuchten Kommunen deutschlandweit. Deutlich wird, dass die Überschuldungsquote in der Ruhrstadt leicht gesunken ist, von 10,74 Prozent im Jahr 2021 auf nun 10,49 Prozent (-0,25). Zum Vergleich: 2020 lag die Quote noch bei 11,63 Prozent. Die Schuldnerquote beschreibt das Verhältnis der überschuldeten Personen zur Anzahl der Einwohner über 18 Jahren. In Mülheim lebten im gerade zu Ende gegangenen Jahr laut Creditreform 14.990 Schuldnerinnen und Schuldner, 357 weniger als noch im Jahr zuvor.
Ein Mülheimer Postleitzahlenbereich gehört zu den schuldnerärmsten im Ruhrgebiet
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Als überschuldet gilt jemand, dessen Einkommen nicht mehr ausreicht, in absehbarer Zeit Rechnungen oder Kredite zu begleichen, so Creditreform. Als Hauptauslöser für Überschuldungsprozesse gelten Arbeitslosigkeit (19,6 Prozent), gescheiterte Selbstständigkeit (8,7 Prozent), Trennung und Scheidung (12 Prozent) sowie Erkrankung, Sucht und Unfall (18,3 Prozent). Auch „unwirtschaftliche Haushaltsführung“ (14,6 Prozent) und ein „längerfristiges Niedrigeinkommen“ (9,3 Prozent) seien Gründe für Überschuldung, erläutert das Auskunftsunternehmen. Für den Schuldner-Atlas wertet die Firma eigenen Angaben zufolge verschiedene Quellen aus, etwa Privatinsolvenzen, gerichtlich angeordnete Vermögensauskünfte und Inkassoverfahren von Versandhäusern.
In den elf Städten und Kreisen des Ruhrgebiets ist die Überschuldungsquote im Jahr 2022 leicht von 12,65 auf 12,36 Prozent gesunken. Mit dem Postleitzahlenbereich 45481, zu dem die Stadtteile Broich, Saarn, Mintard und Selbeck gehören, taucht Mülheim unter den „Best of Ruhrgebiet“ auf, in der die Wirtschaftsauskunftei die 20 schuldnerärmsten Postleitzahlenbereiche der Region zusammengefasst hat. 45481 Mülheim liegt mit einer Quote von 5,38 Prozent auf Platz zehn und damit genau im Mittelfeld.
In diesen Mülheimer Stadtbezirken ist die Verschuldung am höchsten
Die höchste Schuldnerquote auf Mülheimer Stadtgebiet hatte im Jahr 2022 der Postleitzahlenbereich 45476 und damit der Stadtteil Styrum. 18,5 Prozent der Über-18-Jährigen dort gelten als überschuldet. Auf Styrum folgt die Postleitzahl 45468 – Eppinghofen, Mitte, Mitte-Ost und Teile von Holthausen – mit einer Quote von 16,62 Prozent – hier lebten im vergangenen Jahr insgesamt 3034 Schuldnerinnen und Schuldner.
Die Nachbarstadt Duisburg gehört zu den Ruhrgebiets-Städten mit den meisten Schuldnern – hier liegt die aktuelle Überschuldungsquote bei 15,87 Prozent. In Essen liegt die Quote bei 12,45 Prozent, in Oberhausen sind 13,28 Prozent der erwachsenen Einwohner überschuldet. Dagegen gar nicht verändert hat sich das Verhältnis von Überschuldeten zu Einwohnern über 18 Jahren in Gelsenkirchen.
Analysten registrieren weniger Überschuldungsfälle, sehen aber Trendwende
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Generell hat die Wirtschaftsauskunft Creditreform in den zurückliegenden Jahren deutlich weniger Überschuldungsfälle registriert und bereits von einem neuen Tiefstand gesprochen. So war die Überschuldungsquote deutschlandweit im Jahr 2022 erneut um fast einen halben Punkt auf 8,48 Prozent gesunken. Als Gründe dafür machte das Unternehmen pandemiebedingte Einschränkungen der Konsummöglichkeiten sowie Konsumverzicht und Ausgabenvorsicht der Verbraucher und finanzielle Unterstützung durch staatliche Hilfsprogramme aus.
Doch nach Angaben des Ifo-Instituts waren die in der Pandemie angesammelten „Corona-Sparguthaben“ der Verbraucher bereits Mitte des vergangenen Jahres wieder ausgegeben. Der finanzielle Druck besonders auf die ohnehin ärmeren Mülheimerinnen und Mülheimer steigt derzeit stetig an, Kosten für Strom und Gas explodieren, die Inflation treibt Preise fürs tägliche Leben in die Höhe. Vielen Verbrauchern fehlten aktuell finanzielle Polster, um die stark steigenden Energierechnungen und etwaige Nachzahlungen begleichen zu können, so das Auskunftsunternehmen.
Die Analysten von Creditreform werten den nur noch leichten Rückgang der Überschuldung als Hinweis auf eine Trendwende. Offensichtlich schmälerten die steigenden Lebenshaltungs- und Energiepreiskosten bereits jetzt die finanziellen Gestaltungsmöglichkeiten vieler Verbraucher und führten zu nachhaltigen Zahlungsstörungen, ordnet die Wirtschaftsauskunftei ein.
Mehr Männer als Frauen gelten als überschuldet
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Männer stellen laut Creditreform weiterhin die meisten Überschuldungsfälle dar, auch alleinerziehende Frauen sind überdurchschnittlich häufig von Überschuldung betroffen. Frauen sind nach der Überschuldungsstatistik des Statistischen Bundesamtes durch weitaus geringere Schuldensummen belastet als Männer.
Im zurückliegenden Jahr wiesen alle Altersgruppen zum Teil deutliche Rückgänge der Überschuldung auf, so Creditreform. Besonders jüngere Personengruppen bis 39 Jahre konnten sich 2022 aus der Überschuldung befreien, da ihre Überschuldungsintensität – also die Dauer und das Volumen der Überschuldung – weniger ausgeprägt ist als bei älteren überschuldeten Verbrauchern. Einzig die Altersgruppen der 40- bis 49-Jährigen und der 60- bis 69-Jährigen zeigten Anstiege der Überschuldung.
>>> Überschuldung in den Stadtbezirken
Die restlichen Postleitzahlenbereiche teilen sich wie folgt auf: 45473 mit einer Quote von 12,55 Prozent, 45479 mit einer Quote von 10,58 Prozent, 45475 mit einer Quote von 9,41 Prozent, 45478 mit einer Quote von 9,24 Prozent, 45472 mit einer Quote von 7,45 Prozent und 45470 mit einer Quote von 6,89 Prozent.