Mülheim. Das Schicksal der armen Mülheimer Rentnerin hat viele Leserinnen und Leser so gerührt, dass sie spendeten. Wir wollen mehr Bedürftigen helfen.
Zutiefst berührt hat uns die große Hilfsbereitschaft der Mülheimerinnen und Mülheimer nach unserer Berichterstattung über die mittellose Rentnerin Renate S.. Und auch Frau S. selbst war zu Tränen gerührt angesichts der liebevoll gestalteten Päckchen und Spenden, die für sie bestimmt sind. Frohere Festtage sind bei ihr jetzt garantiert! Als Redaktion wollen wir in Kooperation mit dem Mülheimer Arbeitslosenzentrum weiteren bedürftigen Menschen in unserer Stadt helfen. Wie man unsere Jolanthe-Aktion unterstützen kann.
Sprachlos ist das Wort, das oft fällt, wenn Renate S. davon erzählt, wie sie von den Spenden erfahren hat, die nach unserem Artikel über sie eingegangen sind – beim Mülheimer Arbeitslosenzentrum (Malz) und bei uns in der Redaktion. „Das Telefon und die Türklingel standen nicht mehr still“, schildert Malz-Beraterin Gabi Spitmann was geschehen ist, nachdem wir Renate S. erzählen ließen, wie sie von ihrer kleinen Rente lebt, seit Monaten nicht mehr kocht, sondern sich von Brot mit Marmelade ernährt, kein Licht mehr anmacht, um Strom zu sparen und die Heizung nur zeitweise auf ein Minimum hochdreht.
Riesige Hilfsbereitschaft nach Artikel über bedürftige Rentnerin aus Mülheim
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Für viele unvorstellbar, unter welchen Entbehrungen die 56-Jährige mit Erwerbsminderungsrente ihr Leben gestalten muss, und doch ist sie bei weitem kein Einzelfall. „Mehr als 80 Prozent unserer rund 900 bis 1000 Klienten“, macht Beraterin Spitmann klar, „leben am Existenzminimum.“ Renate S. liegt seit Jahren noch darunter, weil sie aus Angst und Scham den Weg zum Amt meidet, nach schlechten Erfahrungen in den Behörden nicht mehr um Sozialleistungen „betteln wollte“, wie sie es nennt.
Um weiteren bedürftigen Menschen in unserer Stadt helfen zu können, haben wir uns nach dem großen positiven Echo auf den Artikel über Renate S. kurzerhand entschieden, unsere Jolanthe-Aktion zu starten und in Zusammenarbeit mit dem Mülheimer Arbeitslosenzentrum (Malz) den Erlös bedürftigen Mülheimerinnen und Mülheimern zukommen zu lassen, die schon beim Malz in der Beratung sind und deren Hilfsbedürftigkeit bekannt ist. Das traditionelle Neujährchen muss leider erneut ausfallen, den guten Zweck aber wollen wir weiter verfolgen – gerade angesichts von Inflation und Energiekrise.
Mülheimer WAZ-Redaktion startet Benefiz-Aktion Jolanthe pünktlich zu Weihnachten
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Dass Telefon und Türklingel nicht mehr stillstanden, können wir als Redaktion bestätigen – auch bei uns ist eine Menge an Spenden und Anfragen eingegangen – ganz herzlichen Dank an unsere hilfsbereiten Leserinnen und Leser! Da war etwa die alte Dame, selbst schon 90 und ans Haus gefesselt, die der mittellosen Frau S. unbedingt etwas Gutes tun wollte. Den Einkauf für das Päckchen hat sie geregelt, ihre Enkelin eingespannt und gemeinsam mit dem Malz-Team die Übergabe organisiert.
Oder aber der Kollegenkreis, der auf Anregung einer Mitarbeiterin, die bei der Weihnachtsfeier von dem Artikel über Renate S. erzählt hat, etwas vom Weihnachtsgeld gespendet hat. Oder die Frau, die vorbeikam mit Kerzen und darauf bestand, dass die Rentnerin diese an Heiligabend auch wirklich anzündet, damit sie es etwas heimeliger hat. Oder die dreifache Mutter, die gerade beim Discounter war und für die Bedürftige, über die sie in der Zeitung gelesen hatte, auch noch ein paar Süßigkeiten gekauft hat.
Die Liste mit wundervollen Gesten ließe sich noch lange fortsetzen, niemand soll sich vergessen fühlen, nur weil er hier nicht erwähnt ist. Jede Spende ist großartig und hilft enorm – nicht nur über die Weihnachtstage, sondern sicher weit ins neue Jahr hinein. Tenor bei allen: „Uns geht’s gut, davon möchten wir etwas abgeben und teilen."
Auch Mülheimer Sozialverbände haben Hilfe angeboten: Die Malteser brachten Spenden vorbei und bieten – nicht nur Renate S., sondern allen, die es brauchen – ein offenes Ohr an, der CVJM hat Frau S. zu seiner Heiligabend-Feier für Alleinstehende eingeladen. Ein gemeinsamer Hinweis von Malz und Redaktion lautet allerdings: Sachspenden können beide Einrichtungen nicht mehr annehmen, für Geldspenden ist das Jolanthe-Konto freigeschaltet (Kontoverbindung: DE05 3625 0000 0175 0342 77, Sparkasse Mülheim).
Mülheimer Rentnerin Renate S. ist fassungslos angesichts der Spenden für sie
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Renate S. scheint immer noch ganz fassungslos zu sein angesichts der Solidarität, die sie erfährt, nachdem sie Privates und Persönliches preisgegeben hat, für das sie sich eigentlich so sehr schämt. Schon jetzt, bloß wenige Tage nach Erscheinen des Artikels, hat sich ihr Leben zum Guten gewendet. „Das Licht brennt, die Heizungen sind an und ich war einkaufen – für über 40 Euro“, überträgt sich Renate S. Begeisterung durch den Telefonhörer. Zwei frische Brote, das „gute“ Waschpulver, endlich auch mal wieder Eistee und – natürlich – das kostspielige Allergiefutter für ihren Hund lagen im Einkaufswagen. Und als Krönung: „Eine Packung Snickers.“ Sie hat sogar den kleinen Plastiktannenbaum aus dem Keller geholt, erzählt sie, und die Lichterkette in die Steckdose gesteckt – wohlige Weihnachten in der kleinen SWB-Wohnung. Und riesengroße Dankbarkeit, die Renate S. noch gar nicht in Worte fassen kann: „Ich habe mit nichts gerechnet und so viel bekommen.“
Die Not ist da, umgibt uns, wohl ohne dass die meisten von uns sie im Alltag wahrnehmen, manch Bedürftiger kann direkt nebenan wohnen – aus Scham über die prekäre Situation aber bleiben sie häufig im Verborgenen. Auch Frau S., die in einem Mülheimer Stadtteil wohnt, der von vielen als einer der edelsten gesehen wird, möchte auf gar keinen Fall, dass ihre Nachbarn wissen, wie sie lebt.
Manche Mülheimer müssen ihr Leben unter prekären Voraussetzungen meistern
Wie manche Mülheimerinnen und Mülheimer ihr Leben unter prekären Voraussetzungen meistern müssen, war bereits deutlich geworden, als wir Klienten des Malz im vergangenen Jahr vorgestellt haben. Für die Beratungseinrichtung, deren Finanzierung weggebrochen war, haben wir mit unserer Jolanthe-Aktion rund um den letzten Jahreswechsel gesammelt. Das Malz, das durch einen Verein getragen wird, hatte nach unserer Berichterstattung neben Spenden aus der Leserschaft auch eine fünfstellige Fördersumme der Brost-Stiftung erhalten, die das Fortbestehen der Beratungsstelle für ein Jahr gesichert hat. Malz-Beraterin Gabi Spitmann ist seitdem nach wie vor unermüdlich dabei, den Ärmsten der Armen zu helfen.
„Am größten ist die Not, wenn Kinder da sind“, weiß Spitmann aus ihrer langjährigen Erfahrung. „Alleinstehende mit Kindern leben eigentlich immer an der Grenze zur Armut – Kinder haben einfach andere Bedarfe, das ist mit dem Existenzminimum nicht abzudecken. Stellen sie sich mal heranwachsende Jungs vor, die fressen einem die Haare vom Kopf.“
Jolanthe-Aktion der Mülheimer Redaktion kommt Bedürftigen in der Stadt zugute
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So war es auch bei den Söhnen von Renate S., da gab es Tage lang nur Kartoffeln mit Kräuterquark, „das war am billigsten und die Jungs waren satt“, hatte die Rentnerin erzählt. Gabi Spitmann betreut die Familie schon seit Jahrzehnten, und hat den Söhnen etwa geholfen, Bewerbungen zu schreiben. „Dass sie beide eine abgeschlossene Ausbildung haben und im Berufsleben stehen, ist ein großer Erfolg, aber nicht selbstverständlich.“
Der Effekt, dass ihre Klientinnen und Klienten auch ihre Kinder mitbringen, eben diejenigen, die nicht „unter dem guten Stern geboren sind“, wie es die Malz-Beraterin nennt, sieht sie als nachhaltig, betont aber auch, dass der Impuls dazu von den Eltern ausgehe: „Die Menschen kommen vor allem auch wegen ihrer Kinder zu uns – die sollen es besser haben.“ Das Leben dieser Mülheimerinnen und Mülheimer, ganz gleich ob groß oder klein, soll mit Hilfe unserer diesjährigen Jolanthe-Aktion, bei der das Malz verantwortungsvoll einzelne Geldbeträge verteilen wird, ein wenig leichter werden.
Unser Jolanthe-Konto: DE05 3625 0000 0175 0342 77, Sparkasse Mülheim