Mülheim. Seit anderthalb Jahren prüft die Stadt, die Pflege des Mülheimer Walds an den RVR zu übergeben, um Kosten zu sparen. So ist der aktuelle Stand.
Bleibt die Pflege des Mülheimer Walds in städtischer Hand? Es ist fast anderthalb Jahre her, dass Grüne und CDU prüfen lassen wollten, ob der ökologisch zwar wertvolle, aber offenbar ökonomisch unliebsame Forst denn nicht in womöglich wirtschaftlich günstigere Hände des Regionalverbands Ruhr gegeben werden könnte. Inzwischen hat Nachbar Duisburg eine ähnliche Frage längst entschieden: „auf keinen Fall“ lautet die Antwort. In der Ruhrstadt überlegt man aber noch.
Das bestätigt die Stadt: Der Schwarz-Grüne Auftrag im damaligen Umweltausschuss werde noch diskutiert und befinde sich in Bearbeitung. Mit dem Personalwechsel im Umweltdezernat von Peter Vermeulen zu Felix Blasch verfolge dieser nun die Strategie, Verbände und Organisationen mit einzubeziehen. Diese Arbeitsgruppe habe zwar getagt, bestätigt Stadtsprecher Volker Wiebels, dennoch sieht man eine Entscheidung durch den Rat der Stadt eher „mittelfristig“ anstehen.
Stadt Mülheim verhandelt mit RVR bereits über Maßnahmen der Verkehrssicherung
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Kurzfristig zum Jahreswechsel allerdings steht ein neuer Dienstvertrag zwischen Verwaltung und RVR an. Der sei noch in der Abstimmung, doch der Regionalverband soll unter anderem im Auftrag des Forstbetriebes Maßnahmen der Verkehrssicherung übernehmen. Denn seit geraumer Zeit fehlen im Forstbetrieb Stellen für die Aufgaben, aktuell sind vier Stellen unbesetzt. Es fehle ein Förster und drei Waldarbeiter.
Informierten Kreisen zufolge soll der RVR in einer Verbandsversammlung bereits neue Stellen für Mülheim beantragt haben. Ein Grund für die bislang unbesetzten städtischen Stellen soll aber auch sein, dass diese nur befristet ausgeschrieben würden. Die Stadt habe Werte an den RVR ermittelt und ein Leistungsverzeichnis für eine vollständige Übernahme erarbeitet, teilt die Verwaltung dagegen mit. Ergebnisse seien aber noch nicht öffentlich formulierbar und würden zur gegebenen Zeit als Gegenüberstellung dem Rat vorgelegt werden.
Naturschutz-Verbände äußern Bedenken über tatsächliche Einsparungen
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Das klingt für manchen bereits nach einem Teilschritt zur vollständigen Übergabe. Doch in den Verbänden gibt es auch Bedenken, die bei einem Treffen zwischen Blasch, dem Naturbeirat sowie Teilen der Politik zur Sprache gekommen sein sollen. Für Irritation habe zum einem gesorgt, dass nur CDU und Grüne dazu erschienen waren, zum anderen, dass es zwar Gespräche etwa über ein Leistungsverzeichnis zwischen dem ehemaligen Umweltdezernenten Vermeulen und dem RVR gegeben haben soll, die Ergebnisse dieser Verhandlungen jedoch nicht an den Nachfolger übermittelt worden seien. Man müsse nun von vorne anfangen, habe es zu dem Treffen geheißen.
Bedenken, ob mit der Übergabe überhaupt Kosten eingespart würden und welche Auswirkungen eine solche Übergabe auf die Bewirtschaftung des Waldes haben könnte, seien ebenso Thema gewesen. Denn bislang hat Mülheim ein Mischwald-Konzept mit nur geringer Waldbewirtschaftung und dagegen hohem Erholungsfaktor verfolgt. Klimatisch war man damit in den vergangenen Jahren besser aufgestellt als die Monokulturen anderer Wälder.
Stadt Duisburg erteilte dem RVR bereits die Absage
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Nicht zuletzt deshalb hatte der neue Duisburger Umweltdezernent Matthias Börger (Die Grünen) die Überlegungen in der Nachbarstadt vom Tisch geräumt: Nicht die Bewirtschaftung und Gewinnerzielung stehe im Vordergrund, „sondern seine Erholungs- und Naturschutzfunktion als Bürgerwald“, sagte dieser im vergangenen Juni.
Bereits im Vorfeld hatte der Duisburger Naturschutzbeirat in einem Offenen Brief an die Fraktionen appelliert, der RVR habe ein vollständig anderes Verständnis von Waldbewirtschaftung: „Hier steht der wirtschaftliche Ertrag im Vordergrund und die ökologischen Belange sind deutlich nachrangig“, teilte der Vorsitzende Johannes Meßer seine Bedenken mit. Daher lehne der RVR auch die FSC-Zertifizierung ab. Meßer: „Es ist zu befürchten, dass die bisherige FSC-Zertifizierung für den kommunalen Wald ausgehöhlt oder gar aberkannt bzw. aufgehoben wird.“
Indes bekennt sich auch die Stadt Mülheim auf Anfrage der Redaktion zur bisherigen Konzeption des Mülheimer Waldes: „Weder in dem politischen Auftrag noch zu irgendeinem Zeitpunkt der Diskussion stand zur Debatte, an dem Nutzungskonzept als ökologisch zertifiziertem Erholungswald irgendetwas zu ändern“, heißt es.
Auch Mülheim bekennt sich zum „Erholungswald“
Der Mülheimer Stadtwald sei 1998 mit dem Naturland-Zertifikat für ökologische Waldnutzung ausgezeichnet worden. Die Richtlinien für diese Auszeichnung wurden in Kooperation mit Greenpeace, BUND, WWF, Robin Wood und anderen anerkannten Umweltschutzverbänden erarbeitet. Darüber hinaus erhielt der Stadtwald im Januar 1999 das internationale Zertifikat des „Forest Stewardship Council“ (FSC). Mülheim hat durch die Zertifizierung ein Gütesiegel für den besonders naturverträglich gewonnenen Rohstoff Holz erhalten.
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Die Holzvermarktung spiele in einem solchen Forst eine völlig untergeordnete Rolle. „Da der Wald im Eigentum der Stadt bleiben würde, würde auch die Stadt weiterhin die Bewirtschaftungsmethode bestimmen“, bekräftigt Stadtsprecher Volker Wiebels.
Doch würde sich eine Übernahme damit überhaupt rechnen? Der Uhlenhorster Wald sei vielleicht noch als zusammenhängendes Stück einfach zu verwalten, doch Mülheim verfüge auch über verschiedene und über das Stadtgebiet verstreute Waldflächen. Diese Betreuung sei auch für einen RVR durchaus kostenintensiv, sei beim Mülheimer Arbeitskreistreffen kritisch angemerkt worden, und würden voraussichtlich auf den Auftraggeber entsprechend umgelegt.
Apropos Personal: Sollte es zu eine Übernahme der Betriebsführung kommen, würde das Personal vom RVR übernommen, antwortet die Stadt auf Anfrage. Einzelnen Aufgaben und Stellen könnten aber auch zur Kontrolle der Betriebsführung bei der Stadt verbleiben.