Mülheim. Amtsgericht Mülheim erlässt Haftbefehl wegen Mordes: 34-Jähriger soll Exfrau getötet haben. An den Styrumer Schulen herrscht Ausnahmezustand.
Nach der Messerattacke am Dienstagabend in Mülheim-Styrum hat das Amtsgericht Mülheim am Mittwochnachmittag Haftbefehl wegen Mordes erlassen: Der 34-jährige Tatverdächtige soll seine Exfrau so schwer verletzt haben, dass sie am Morgen im Krankenhaus gestorben ist. Besonders schockierend: Die drei gemeinsamen Kinder (9, 7 und 3 Jahre alt) sollen Augenzeugen gewesen sein. Und auch andere Styrumer, darunter etliche Kinder, erlebten die blutige Tat aus nächster Nähe mit.
An normalen Unterricht war an der Gemeinschaftsgrundschule Styrum und an der benachbarten Willy-Brandt-Schule am Mittwoch nicht zu denken. Viele Mädchen und Jungen waren in großen Nöten, hatten dringlichen Gesprächsbedarf, zwei Töchter der Ermordeten waren Mitschülerinnen. „Immer und immer wieder“, so Grundschulleiterin Simone Müller-Dausel, „mussten die Kinder erzählen, was sie mit angesehen haben.“
Frau soll noch versucht haben zu fliehen, ihr Expartner aber holte sie wieder ein
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Laut mehrerer Anwohner soll der Mann am Vorabend gegen 19.30 Uhr zunächst im Wendehammer der Von-der-Tann-Straße zugestochen haben. Die 31-Jährige habe versucht zu fliehen, zu ihrer Wohnung im als „Blaues Haus“ bekannten sechsstöckigen Wohnblock an der Feldstraße. Der Mann habe sie aber kurz vor der Haustür eingeholt und weiter schwer verletzt. Staatsanwalt Martin Mende bestätigte auf Nachfrage ein „mehraktiges Geschehen“, verzichtete wegen der laufenden Ermittlungen aber auf Details. Die Kinder auf dem angrenzenden Spielplatz jedenfalls hatten keine Chance wegzusehen.
Man könne immer noch Blut im Gras finden, erzählte eines von ihnen Schulleiterin Müller-Dausel am Mittwochmorgen. Und fragte: „Geht das weg, wenn man den Rasen mäht?“ Ein anderes Schulkind habe den Polizeieinsatz in allen Einzelheiten wiedergegeben, „und auch von viel Blut gesprochen“. Mindestens ein Dutzend Grundschüler, so schätzt sie, hätten die grauenhafte Szene live erlebt. Auch von einem Video, das kursiere, sei die Rede gewesen. Viele Jungen und Mädchen wohnten Tür an Tür mit dem Opfer und den drei Kindern. „Allen ist klar, dass da etwas ganz, ganz Furchtbares passiert ist.“
„Wir haben ihnen versichert, dass der Mann jetzt im Gefängnis ist“
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Man habe in Kleingruppen mit den Schülern und Schülerinnen gesprochen, so Müller-Dausel, „wir haben ihnen versichert, dass der Mann jetzt im Gefängnis ist und alle in Sicherheit sind“. Um die Angst zu nehmen, habe sie die Kleinen ausdrücklich darin bestärkt, „am langen Wochenende genau das Schöne zu machen, was sie sich eigentlich vorgenommen hatten“. Alltag sei jetzt wichtig für die jungen Augenzeugen.
Tipps für den Umgang mit der schwierigen Situation kamen vom Schulpsychologischen Dienst der Stadt Mülheim. Dort hatte auch Karin Rinn, Leiterin der Gesamtschule, sich am Vormittag Hilfe geholt. „Eins unserer jüngeren Kinder hat auch alles mitangesehen und traut sich jetzt nicht mehr, zur Schule zu kommen.“ Besagter Wendehammer grenzt direkt an den Schulhof. Das Kind habe am Dienstagabend „total aufgelöst“ seine Klassenlehrerin angerufen und noch mehrfach mit ihr telefoniert. Am nächsten Morgen besuchten die Lehrerin, ihre Kollegin und eine ehemalige Schulsozialarbeiterin die Familie zu Hause. „Das war auch für sie eine Herausforderung; sie sind mit dem ganzen Herzen beim Kind.“
Schulleiterinnen haben Eltern angeschrieben und hilfreiches Material weitergeleitet
Beide Schulleiterinnen haben alle Eltern angeschrieben und hilfreiches Material des Schulpsychologischen Dienstes weitergeleitet. „Man sollte das Kind nicht von sich aus auf das Geschehene ansprechen“, rät Rinn, „sondern warten, bis es auf einen zukommt.“
Auch aus den Fenstern und von den langen Balkonen des „Blauen Hauses“ haben Menschen die Tat beobachtet. „Ich habe Schreie gehört“, so eine Nachbarin. Eine 14-Jährige, deren jüngere Geschwister oft mit den Kindern des Opfers gespielt haben, wollte sich „gerade ein Eis am Kiosk holen“, als sie mitten hinein geriet in das Drama. „Die Frau hat versucht wegzurennen. Dann hat der Mann sie wieder gepackt. Sein weißes T-Shirt war voll Blut. Und seine Kinder haben immer geschrien: Papa, hör auf damit. Die haben alles gesehen.“ Die Jugendliche erzählt von großer Angst und davon, dass sie zum Kinderarzt gehen muss, um sich helfen zu lassen.
Kommunaler Sozialer Dienst der Stadt hat sich schnell eingeschaltet
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Hilfe gab’s am Mittwoch vorrangig für die drei Halbwaisen, deren Vater bereits kurz nach dem Übergriff festgenommen worden war: Laut Stadtsprecher Volker Wiebels hat sich der Kommunale Soziale Dienst der Stadt schnell eingeschaltet und die beiden älteren Mädchen und ihren kleinen Bruder in einer Kinder- und Jugendpsychiatrie einer Nachbarstadt untergebracht. „Sie sind schwer traumatisiert und brauchen jetzt psychische und medizinische Betreuung.“
Am Nachmittag teilte er mit: „Die Mädchen kommen in ein Kinderheim mit medizinischer und psychologischer Intensivbetreuung. Der kleine Junge soll in eine Familie mit Kindern vermittelt werden.“ Für ihn sei Ablenkung jetzt das Wichtigste. Ein 14-jähriges Mädchen, das zu Besuch bei der Familie war, werde von Angehörigen aus Serbien abgeholt.
„Es gab keine Hinweise auf Misshandlungen der Frau oder der Kinder“
Die Familie, so Wiebels, sei bis dato „völlig unauffällig“ gewesen. „Es gab keine Hinweise auf Misshandlungen der Frau oder der Kinder.“ Im Mai allerdings habe die Mutter das alleinige Sorgerecht für die drei Kleinen beantragt. Zur Begründung habe sie angeführt, dass der Vater keinen Aufenthaltstitel habe und im Jahr höchstens 90 Tage in Mülheim sein dürfe. „Doch selbst wenn er in Deutschland war, hat er sich nur manchmal bei seiner Familie aufgehalten“, so Wiebels. (mit sk und sh)