Mülheim. Eine grauenhafte Bluttat Ende 2021 in Mülheim-Styrum könnte einen 35-Jährigen vor Gericht führen. Wie die Staatsanwaltschaft sein Tun bewertet.

Was ein 35-jähriger Mülheimer Anfang Dezember 2021 getan haben soll, hat nicht nur seine Nachbarn in Styrum, sondern viele Bürger der Stadt zutiefst erschreckt. Mit einem rund 20 Zentimeter langen Küchenmesser soll er seine Mutter (68) aufs Brutalste attackiert und schließlich ermordet haben. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm heimtückisches Verhalten vor. Es sind verstörende Details, die Henning Bierhaus, Pressesprecher des Landgerichts Duisburg, auf Nachfrage berichtet.

Der Sohn, der mit seiner Mutter eine Wohnung an der Ulan-Becker-Straße teilte, soll diese am Morgen des 1. Dezembers unvermittelt von hinten angegriffen und „18 Mal auf Rücken und Hinterkopf eingestochen haben“, so Bierhaus, der am Donnerstag tieferen Einblick nahm in die staatsanwaltschaftliche Akte.

Mülheimer soll mit einem 30 Kilogramm schweren Tischgestell zugeschlagen haben

Schon bei dieser ersten Attacke sei die Frau schwerst verletzt worden und habe das Bewusstsein verloren. Das hielt den Sohn aber wohl nicht davon ab, weiter auf sie einzustechen und sie bestialisch zuzurichten. Dabei soll er auch mit einem 30 Kilogramm schweren Tischgestell aus Aluminium auf sie eingeschlagen haben.

Der Styrumer soll nach dem Gewaltexzess in kurzer Hose und blutverschmiert über die kleine Styrumer Straße gelaufen sein und sich einer Bekannten anvertraut haben – diese rief die Polizei. Den Beamten bot sich am Tatort ein Bild des Grauens, der Sohn wurde festgenommen.

Ankläger gehen davon aus, dass der Mann bei der Tat nicht schuldfähig war

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Die Anklagebehörde wertet sein Tun als Mord – doch zu einem klassischen Gerichtsverfahren wird es wohl nicht kommen. „Die Staatsanwaltschaft glaubt, dass ihm die Steuerungsfähigkeit fehlte“, erklärt Bierhaus. Sie habe deswegen nicht Anklage erhoben, sondern eine Antragsschrift für ein so genanntes Sicherungsverfahren verfasst. Ziel ist es, den 35-jährigen Mülheimer langfristig in einer Forensik – also einem psychiatrischen Gefängnis – unterzubringen. Dorthin kam er auch kurz nach seiner grausigen Tat.

Nach Überzeugung der Ankläger leidet der Mann an einer „schweren akuten paranoiden Schizophrenie“, so Gerichtssprecher Bierhaus. Eine solche akute Krankheitsphase könne „sehr, sehr tückisch“ sein; Betroffene hörten beispielsweise Stimmen, die sie glauben lassen, „dass sie in großer Gefahr sind und töten müssen“. Die psychisch Kranken würden von ihren Taten teilweise „völlig überwältigt“ – ob das im vorliegenden Fall auch so gewesen ist, müsse das Gerichtsverfahren zeigen. So es denn überhaupt zu einem kommt: Aktuell prüft das Schwurgericht Duisburg noch, ob der Fall überhaupt zugelassen wird. Falls ja, dürfte das Verfahren in wenigen Wochen beginnen.

„Er war so ein netter Junge, freundlich und hilfsbereit. Er hat immer alle gegrüßt.“

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Die Richter werden dann gewiss auch zu klären versuchen, was ein mögliches Motiv der rohen Gewalt gewesen sein könnte. Die Staatsanwaltschaft hat dazu laut Bierhaus bisher keine Angaben gemacht. Und womöglich gebe es auf diese Frage auch gar keine Antwort, das sei bei Menschen in einem solchen psychischen Ausnahmezustand nicht ungewöhnlich.

Dass der 35-Jährige auch ganz anders sein kann, hatte kurz nach der Tat übrigens eine fassungslose Nachbarin erzählt, die ihn seit der Kindheit kennt: „Er war so ein netter Junge, freundlich und hilfsbereit. Er hat immer alle gegrüßt.“ Doch in der letzten Zeit hätte es oft Probleme zwischen dem ledigen, arbeitslosen Sohn und seiner Mutter gegeben. Man habe sie laut streiten hören.