Mülheim. In Nachbarstädten geht das Sonntagsshopping wieder los, in Mülheim wagt sich 2022 nur Saarn. Warum die City-Händler und das RRZ nicht wollen.
Die meisten Coronabeschränkungen im Handel sind gefallen, damit kehrt auch das Sonntagsshopping zurück. In der großen Nachbarstadt Essen etwa wurde am vergangenen Wochenende „Essen Original“ gefeiert und zugleich „Kupferdreh Karibisch“. Duisburger Einkaufsfans können sich bis zum Jahresende durch eine lange Liste von Events arbeiten. In Mülheim dagegen wird es 2022 maximal eine Sonntagsöffnung geben, und die spielt sich nicht in der Innenstadt ab.
Saarn prescht vor: Die dortige Werbegemeinschaft hat einen verkaufsoffenen Sonntag für den 7. August 2022 beantragt, anlässlich des neunten Saarner Oldtimer-Cups. Die zuständige Bezirksvertretung 3 hat schon ihr Okay gegeben, am 23. Juni entscheidet der Stadtrat, ob an jenem Sonntag im Dorf Saarn geshoppt werden kann.
Kein verkaufsoffener Sonntag 2022 in der Mülheimer Innenstadt
In der Mülheimer City wird es 2022 keinen offenen Sonntag geben. Hier waren in den Jahren vor der Pandemie zumindest zwei Termine gesetzt: der Muttertag, in Verbindung mit dem Stadtfest „Mülheim mittendrin“, und der erste Advent, zum Auftakt der Stadtweihnacht. Diesmal nicht. Die stellvertretende Ordnungsamtsleiterin Christa Bargatzky bestätigt, dass Anträge der Innenstadthändler ausgeblieben sind. Die Gründe kenne sie nicht.
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Der Vorstand der Werbegemeinschaft Innenstadt (WGI), Frank Prümer, kennt sie. Er sagt: „Es gibt im Moment keine einheitliche Mehrheit dafür, weder unter den Einzelhändlern noch im Forum. Sie haben verkaufsoffene Sonntage überwiegend auch nicht als Erfolg wahrgenommen.“ Die Gründe für die Zurückhaltung sind aber vielfältig. So habe man zum Jahresbeginn, als es gemeinsam mit der MST in die Veranstaltungsplanung ging, noch nicht gewusst, wie sich Corona entwickelt. „,Mülheim mittendrin’ haben wir sicherheitshalber auf einen Samstag gelegt“, ergänzt Prümer, auf den 7. Mai, und tatsächlich füllte das Fest die Mülheimer City wie schon lange nicht mehr.
Sonntagsöffnung ohne das Forum auch „nicht sinnvoll“
Speziell bei den Mietern im Forum nimmt der WGI-Vorstand in den vergangenen Jahren eher Skepsis wahr, was Veranstaltungen und Sonntagsöffnungen angeht. Aktuell ist das Center auch massiv leergezogen, mitten im Umbau, und einen verkaufsoffenen Sonntag in der Mülheimer Innenstadt ohne das Forum zu machen, sei „nicht sinnvoll“, so Prümer.
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Vor allem aber sei es die nach wie vor „megakomplizierte Rechtslage“, die die Planung offener Sonntage für die Geschäftsleute zum hohen finanziellen Risiko werden lasse. Zu oft habe die Gewerkschaft Verdi bereits genehmigte Öffnungen kurzfristig „weggeklagt“. Genau aus diesem Grund plane auch das Rhein-Ruhr-Zentrum, wo Prümer ebenfalls ein Modegeschäft führt und dem Werberat angehört, derzeit keine Sonntagsöffnungen mehr.
Grundsätzlich hat NRW die Regelungen für verkaufsoffene Sonntage 2018 etwas gelockert. So sind laut Ladenöffnungsgesetz (LÖG) wieder insgesamt 16 statt elf Sonntagsöffnungen pro Kommune und Jahr erlaubt. Um sie zu genehmigen, genügt ein „öffentliches Interesse“. Neben Festen oder Märkten kann dies theoretisch auch „der Erhalt eines vielfältigen stationären Einzelhandelsangebots“ oder die „Belebung der Innenstadt“ sein. Doch auch nach Entschärfung des Gesetzes haben Gerichte geplante Sonntagsöffnungen gekippt.
Klagen der Gewerkschaft Verdi immer wieder erfolgreich
In Mülheim gab es zuletzt im November 2020 Diskussionen, schon mitten in der Corona-Pandemie. Mit Hilfe einer Ausnahmeverordnung des Landes wollten einige Händler an den Adventssonntagen öffnen, doch die Gewerkschaft Verdi zog dagegen erfolgreich vor das Oberverwaltungsgericht. Der örtliche Einzelhandelsverband hatte sich darüber „fassungslos“ gezeigt, das Mülheimer Forum und die Innenstadthändler hatten sich – auch angesichts der erwarteten Untersagung – schon vorher gegen eine Öffnung im Weihnachtsgeschäft entschieden.
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Was passieren muss, damit die Mülheimer Einzelhändler wieder Lust auf offene Sonntage bekommen? „Tja“, sagt Frank Prümer, „das ist ganz schwierig.“ Man müsse abwarten, wie sich das Forum nach dem Umbau aufgestellt hat, ob und wie sich der stationäre Handel von der Coronakrise erholt. „Wir sind nicht gegen offene Sonntage. Aber es ist zu kompliziert.“
Möbelhaus-Chef Bernskötter: „Es hat sich immer gelohnt“
Aus diesem Grund gibt es auch in den Mülheimer Stadtteilen, abgesehen von Saarn, länger keine Sonntagsöffnungen mehr. Das große Heißener Möbelhaus Bernskötter hat sich in früheren Jahren regelmäßig an verkaufsoffenen Sonntagen beteiligt: „Wir würden es weiterhin gerne machen. Es hat sich immer gelohnt“, sagt Seniorchef Franz-Peter Bernskötter. Doch nach aktueller Gesetzgebung sei die Sonntagsöffnung für sein Haus nicht mehr möglich, „es wird blockiert, nicht mehr genehmigt“.
Es war einmal: Sonntagsöffnungen in den Stadtteilen
Bis vor etwa sieben Jahren hat es auch noch in den Mülheimer Stadtteilen Dümpten, Speldorf und Styrum verkaufsoffene Sonntage gegeben, gekoppelt etwa an ein „Maifest“ oder „Herbstfest“.
Auch in Heißen öffneten aus besonderen Anlässen die Geschäfte an Sonntagen, meist gemeinsam mit den Shops im Rhein-Ruhr-Zentrum.
Nach der juristischen Niederlage gegen die Gewerkschaft Verdi im Advent 2018 hat das RRZ keine Sonntagsöffnungen mehr beantragt.
Vor fünf Jahren hatte das Familienunternehmen sogar eigene offene Sonntage beantragt, doch keine Genehmigung dafür erhalten. Das Ordnungsamt wollte keine Klage riskieren, die man nicht bestehen könne. „Wir haben aber am kommenden Sonntag in Dormagen offen“, berichtet Franz-Peter Bernskötter. Die „Polsterarena“ des Familienunternehmens liegt dort zwar in einem Gewerbegebiet, doch das Schützenfest im Stadtteil Horrem strahlt hinreichend aus.