Münster. Verkaufsoffene Sonntage: Einzelhändler dürfen in NRW nicht an allen Sonntagen öffnen. Das Urteil stößt beim Einzelhandel auf Unverständnis.
- Verkaufsoffene Sonntage in NRW : Mit einem Eilbeschluss hat der OVG Münster die von der Landesregierung geplanten Sonntagsöffnungen der Geschäfte untersagt. Eigentlich hatte die Regierung diese Regelung mit dem Corona-Infektionsschutz begründet, um die Besucherströme im Weihnachtsgeschäft zu kontrollieren.
- Die Gewerkschaft Verdi hatte gegen die verkaufsoffenen Sonntage in NRW geklagt: Verdi befürchtet, dass die verkaufsoffenen Sonntage im Advent zu einem „Shopping-Event“ werden könnten. Vor allem die Beschäftigten wären dann einem erhöhten Corona-Infektionsrisiko ausgesetzt.
- Das OVG Münster folgte der Verdi-Klage am Dienstag in einem Eilbeschluss. Weil es derzeit an „anderen Möglichkeiten der Freizeitgestaltung“ mangele, könnten die verkaufsoffenen Sonntage in NRW trotz Corona „zusätzliche Kunden animieren“, heißt es in der Begründung des Gerichts.
Die Läden in Nordrhein-Westfalen müssen an den Vorweihnachtssonntagen und am Sonntag nach Neujahr geschlossen bleiben. Mit einem Eilbeschluss hat das Oberverwaltungsgericht Münster (OVG) am Dienstag die von der Landesregierung mit dem Corona-Infektionsschutz begründeten Sonntagsöffnungen untersagt. (Az.: 13 B 1712/20.NE)
Die Gewerkschaft Verdi in NRW hatte gegen das Landesregierung geklagt, das auf Basis der Corona-Schutzverordnung die bisherige Regelung zu verkaufsoffenen Sonntagen in NRW ausgeweitet wurde. Bis dato waren verkaufsoffene Sonntage an „Anlassveranstaltungen“ geknüpft, wie etwa große Feste oder Weihnachtsmärkte. Das Land hatte die Regelung ausgeweitet, um damit Besucherströme in den Innenstädten zu entzerren und das Infektionsrisiko zu verringern.
OVG: Einkaufsgeschehen in NRW mit verkaufsoffenen Sonntage zu entzerren, ist „legitim“, aber...
Zwar sei es für sich „legitim“, begründeten die Richter, „das Einkaufsgeschehen an den vier Adventssonntagen und am ersten Samstag im neuen Jahr zu entzerren“. Dies aber „rechtfertigt keine landesweite Sonntagsöffnung des Einzelhandels“, entschied der für das Infektionsschutzrecht zuständige 13. Senat beim OVG.
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Damit entsprach das Gericht der Argumentation der Gewerkschaft Verdi. Dort befürchtete man, dass die verkaufsoffenen Sonntag zu einem „Shopping-Event“ werden könnten und wollte vor allem die Beschäftigten im Einzelhandel vor dem Ansteckungsrisiko geschützt sehen.
Verkaufsoffene Sonntage in NRW als Corona-Ansteckungsrisiko
Zudem sah man bei Verdi die Gefahr, dass sich Einzelhändler gezwungen sahen, an allen der möglichen insgesamt fünf Sonntage innerhalb der sechs Wochen vor und nach Weihnachten zu öffnen, was für die Beschäftigten einer 7-Tage-Arbeitswoche gleich käme. Aus Verdi-Sicht sei das „völlig inakzeptabel“. Zumal das Weihnachtsgeschäft ohnehin großen Stress für die Beschäftigten bedeute. (Infos hier)
Das Gericht konzentrierte sich bei seiner Entscheidung aber auf den Infektionsschutz. Weil es derzeit an „anderen Möglichkeiten der Freizeitgestaltung“ mangele, könnte die Ladenöffnung am Sonntag „zusätzliche Kunden animieren“, sich in die Innenstädte zu begeben, begründete das Gericht: „Die hiermit verbundenen zusätzlichen Sozialkontakte nicht nur in den Innenstädten, sondern auch im öffentlichen Nahverkehr auf dem Weg dorthin stünden im Widerspruch zu dem ansonsten vom Verordnungsgeber verfolgten Konzept, aus Infektionsschutzgründen soziale Kontakte vor allem in der Freizeit weitgehend einzuschränken.“
Verkaufsoffene Sonntage in NRW gekippt: Verdi appelliert an Kunden, jetzt nicht am Samstag in die Städte drängen
Mit der Entscheidung könnte in diesem Jahr das Thema Sonntagsöffnung im Dezember sogar vielerorts komplett erledigt haben. Nach wie vor ist es dem Handel erlaubt, an zwei Adventssonntagen die Geschäfte zu öffnen. So steht es im Ladenöffnungsgesetz in NRW. Doch solche verkaufsoffenen Sonntag müssen mit einem „Anlass“ verknüpft sein - etwa mit einem Weihnachtsmarkt. Diese sind aber vielerorts in diesem Jahr abgesagt.
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„Die Rechtsprechung hat einen solchen Anlass bisher sehr eng definiert“, sagt Verdi-Fachbereichsleiterin Silke Zimmer am Dienstag auf Nachfrage: „Es muss ein Fest oder Ähnliches dem betreffenden Sonntag sein Gepräge geben, und nicht die Ladenöffnung als solche“, erklärt Zimmer. Bei Verdi sieht man nun die jeweiligen Räten in den Kommunen gefordert, entsprechende Pläne für lokale Sonntagsöffnungen genau zu überdenken, gerade mit Blick auf die aktuelle OVG-Entscheidung.
Verkaufsoffene Sonntage NRW: Einzelhandel „fassungslos“
Zudem appelliert Zimmer an die Verbraucher: „Kunden sollten angesichts der Corona-Pandemie nach Möglichkeit die Öffnungszeiten des Handels von Montag bis Freitag ausnutzen, damit sich die Menschen nicht an den Samstagen in den Innenstädten knubbeln“.
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Im Einzelhandel stößt die Entscheidung der Münsteraner Richter auf Unverständnis. „Wir sind maßlos enttäuscht und fassungslos“, sagte der Präsident des Handelsverbandes NRW, Michael Radau. Der Gewerkschaft Verdi warf er vor, die Existenzgrundlage ihrer Mitglieder zu zerstören.
Radau betonte, verkaufsoffene Sonntage im Advent hätten in mehrfacher Weise den gebeutelten Handel gestützt. Gerade Kunden mit Corona-Ängsten hatten dadurch die Möglichkeiten erhalten, dem absehbar hohen Besucheraufkommen an den Adventssamstagen zu entgehen. Außerdem hätte die Entzerrung nach seinen Worten dem Schutz der Beschäftigten gedient.
OVG-Beschluss zu Sonntagsöffnung juristisch nicht mehr anfechtbar
„Ich frage mich, ob das Oberverwaltungsgericht wirklich den Ernst der Lage erkennt. Ganze Innenstädte drohen wegzubrechen“, sagte der Verbandspräsident. Nun müsse ein anderer Weg gefunden werden, das Thema einer gelegentlichen Sonntagsöffnung im Einzelhandel rechtssicher zu gestalten.
Der weitere Rechtsweg in Sachen Sonntagsöffnung und Coronaschutz ist versperrt, teilte das OVG mit: „Der Beschluss ist unanfechtbar“.
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