Mülheim. Der Stadtrat hat entschieden: Mülheims Bürger müssen mehr für Müllabfuhr, Abwasser und Straßenreinigung zahlen. Wie hoch die Belastungen sind.

Neben den zuletzt erheblich gestiegenen Energiekosten müssen sich Mülheims Bürger im kommenden Jahr auch mit steigenden Gebühren für Müll- und Abwasserbeseitigung, für Straßenreinigung und Winterdienst arrangieren. Dabei ist die Belastung durch Wohnnebenkosten in Mülheim ohnehin schon groß.

Am kräftigsten steigen die Müllgebühren. Die Stadt hatte im Vorfeld kalkuliert, dass die Bürger gut eine Million Euro mehr aufbringen müssen, um der Verpflichtung nachzukommen, dass ein Gebührenhaushalt kostendeckend zu planen ist. Als Begründung dafür, dass die Abfallgebühren im kommenden Jahr im Schnitt um 4,5 Prozent steigen werden, benannte die Stadtverwaltung vertragliche Verpflichtungen gegenüber der Mülheimer Entsorgungsgesellschaft MEG.

Mülheimer Entsorgungsgesellschaft fordert 1,1 Millionen Euro mehr

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Die MEG habe für die die kommenden zwei Jahre ein sogenanntes Preisanpassungsbegehren geltend gemacht und fast 1,1 Millionen Euro mehr verlangt für ihre jährliche Leistung. Die Forderung der MEG entspricht einer satten Erhöhung um 6,1 Prozent.

Schon für das laufende Jahr waren die Müllgebühren kräftig um durchschnittlich 4,9 Prozent angehoben worden. Insbesondere war der Grund, dass 850.000 Euro eingepreist worden waren für die politische Entscheidung, in der Stadt Mülldetektive einzusetzen. Zunächst auf Probe sollten die „Detektive“ helfen, die illegale Müllentsorgung im Stadtgebiet einzudämmen. Umgerechnet rund fünf Euro pro Bürger und Jahr waren hierfür kalkuliert.

Stadtrat hat mit Stimmen von CDU, Grünen und SPD entschieden: Mülldetektive bleiben

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In der aktuellen Gebührenkalkulation der MEG sind jene Mülldetektive mit 726.000 Euro pro Jahr eingepreist. Im Stadtrat waren am Donnerstag nur vereinzelt Stimmen laut geworden, die das Projekt der Mülldetektive nach nicht einmal einem Jahr wieder eindampfen wollten mit dem Nebeneffekt, dass die Gebühren weit weniger stark anzuheben gewesen wären.

Schon vor der Beschlussfassung zur Anhebung der Müllgebühren um 4,5 Prozent hatten die kleinen Fraktionen und Gruppen im Stadtrat deutlich gemacht, dass sie den kostspieligen Einsatz von Mülldetektiven zulasten der Gebührenzahler ablehnen. Sie bezweifeln, dass der erhebliche finanzielle Aufwand gerechtfertigt ist.

Chrobok (CDU): Mülldetektive sind keine zahnlosen Tiger

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Empört hielt Daniel Mühlenfeld (SPD) den Kritikern entgegen, dass Bußgelder grundsätzlich nicht dazu dienten, das dafür eingesetzte Personal zu finanzieren – das passiere an anderer Stelle auch nicht. Er halte es für „absurd“, aufgrund der fehlenden Finanzierung das Projekt zurückzuziehen. Vielmehr sei der Anspruch, das „nicht akzeptable Verhalten“ von Müllsündern zu verändern, setzte Mühlenfeld auf „pädagogische Effekte“.

Beifall gab es dafür aus der schwarz-grünen Koalition und der Verwaltung. Roland Chrobok (CDU) sah es als „widerlegt an“, dass die Detektive „zahnlose Tiger“ seien. „Es geht darum, Täter zu erwischen.“ Umweltdezernent Peter Vermeulen betonte, dass „das Ziel die Sauberkeit“ sei. Der Lerneffekt sei erkennbar: Viele Täter hätten sich entschuldigt und den Müll beseitigt. 40 Verfahren liefen aktuell beim Ordnungsamt. „Wir sind auf einem guten Weg.“

Beitz (FDP): Müllsünder lassen sich von Detektiven nicht beeindrucken

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Peter Beitz (FDP) zeigte sich „nicht beeindruckt“. Die Maßnahme sei zu teuer. Beitz bezweifelte zudem, dass diejenigen, die ihren Müll wild ablagern wollen, sich davon beeinflussen lassen. Aus Sicht der FDP reiche eine Bürger-Melde-App für Müllkippen völlig aus. Doch CDU, Grüne und SPD beschlossen die Abfallgebühren inklusive Mülldetektiven.

Ohne Debatte blieben hingegen die Erhöhungen bei den Abwassergebühren (2,7 Prozent fürs Schmutz-, 4,9 Prozent fürs Niederschlagswasser) und im Gebührenhaushalt für Straßenreinigung und Winterdienst (3,6 Prozent). Lediglich bei den Abwassergebühren gab es eine Gegenstimme (Bicici, WIR), ansonsten gingen die Gebührenerhöhungen bei wenigen Enthaltungen glatt durch.

Ranking von 100 Großstädten: Teurer als in Mülheim ist es nur in sechs Städten

Von Bürgern erntet die Politik für die Gebührensteigerung insbesondere bei der Müllentsorgung einige Kritik. Ohnehin sei man in Mülheim schon überdurchschnittlich belastet, heißt es. Tatsächlich hat der Eigentümerverband „Haus & Grund“ zuletzt ein Ranking 100 deutscher Großstädte veröffentlicht, in dem Mülheim auf dem wenig schmeichelhaften siebten Platz landet: Errechnet worden war die durchschnittliche Belastung mit Wohnnebenkosten in Form von Abwasser- und Müllgebühren sowie Grundsteuern.

Dem Vergleich zufolge zahlen Bürger in Regensburg aktuell am wenigsten für Müll, Abwasser und Grundsteuer (915 Euro), in Leverkusen am meisten (2046 Euro). Für Mülheim hatte das von „Haus & Grund“ beauftragte Institut der deutschen Wirtschaft eine durchschnittliche Belastung von jährlich 1692 Euro ermittelt. Im Umfeld waren die Belastungen nur in Moers, Witten und Lünen höher.

Eigentümerverband stellt hohe Kostensteigerungen insbesondere für Mülheim fest

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Kritisch hatte der Präsident von „Haus & Grund“, Kai Warnecke, im September insbesondere auch die Entwicklung in Mülheim gesehen. Im Vergleich zum Ranking 2018 sei für Mülheim eine außerordentliche Steigerung um 239 Euro festzustellen, nur Offenbach (434 Euro) habe mehr zugelangt, angeprangert war auch noch Gelsenkirchen mit der drittstärksten Steigerung (203 Euro). Im Wesentlichen dürfte die Steigerung in Mülheim allerdings nicht auf die nun erhöhten Gebühren zurückzuführen sein, sondern auf die satte Grundsteuer-Erhöhung um 39 Prozent im Jahr 2019. Im Ranking der höchsten Grundsteuern in den 100 deutschen Großstädten belegt Mülheim Rang drei, beim Abwasser Rang 17 und beim Abfall den recht guten Rang 65.

Trotzdem sagte Warnecke im September sicher auch mit Blick auf die Gesamtbelastung in Mülheim: „Die uns jedes Jahr von den teuren Kommunen präsentierten Ausreden sind sehr variabel und ideenreich, helfen aber niemandem weiter. ,Von den Besten lernen’ lautet der Auftrag, den die Kommunen aus diesem Ranking ableiten sollten.“