Mülheim. Die Ständige Impfkommission empfiehlt in diesem Jahr erstmals einen höher dosierten Grippeimpfstoff für Ältere. Der Nachschub stockt in Mülheim.

Vor einem Jahr – ein Coronaimpfstoff war noch nicht auf dem Markt – wurde Mitte Oktober in Mülheim der Grippe-Impfstoff knapp. Mehr Menschen als sonst wollten sich damals wenigstens gegen die echte Grippe, die Influenza, impfen lassen. In diesem Jahr ist die Situation etwas entspannter, aber auch nur zum Teil. Lieferschwierigkeiten gibt es derzeit beim hoch dosierten Grippeimpfstoff, den Ärzte bevorzugt ihren älteren Patienten ab 60 Jahren geben sollen.

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Es sind derzeit zwei Grippeimpfstoffe auf dem Markt, erklärt der Mülheimer Apotheker Patrick Marx. Beide wirken gegen vier Grippevirus-Stämme, aber der eine Impfstoff ist weitaus höher dosiert und soll vor allem ältere Patienten ab 60 Jahre sowie Patienten mit einem schwächeren Immunsystem vor der Ansteckung mit Influenzaviren schützen. Hausarzt Dr. Stephan von Lackum impft seit September in seinen Praxen. Die Nachfrage sei zunächst verhalten gewesen, berichtet von Lackum, der auch Geschäftsführer der Kassenärztlichen Vereinigung, Kreisstelle Mülheim, ist. Doch nun ist die Nachfrage vor allem bei dem stärker dosierten Impfstoff hoch, „da gibt es jetzt schon Lieferprobleme.“

Mülheimer Apotheker: Nicht sicher, ob diese Woche hoch dosierter Impfstoff kommt

Apotheker Marx bestätigt das: Er weiß nicht sicher, ob in dieser Woche noch eine Lieferung des hoch dosierten Impfstoffs kommt, er rechnet aber spätestens in zwei bis drei Wochen mit einer neuen Lieferung. Bei dem weniger stark dosierten Vierfach-Impfstoff sieht er hingegen keine Lieferprobleme. „Laut Bund sollen ja insgesamt 27 Millionen Impfdosen verfügbar sein“, erinnert der Apotheker.

Empfohlen wird die Grippeschutzimpfung von der Ständigen Impfkommission (STIKO) unter anderem für alle Menschen über 60 Jahre, für Vorerkrankte, Schwangere, Bewohner von Alten- und Pflegeheimen sowie für alle, die etwa berufsbedingt viel Kontakt mit anderen Menschen haben, nennt von Lackum die allgemeine Empfehlung. Atemwegserkrankungen haben derzeit Konjunktur: Nach einem Jahr strenger Hygieneregeln gab es eine längere Erkältungs-Pause, das merkt auch Dr. von Lackum in seiner Praxis: „Das Immunsystem der Leute ist nicht mehr trainiert und aktualisiert sich jetzt.“

Arzt aus Mülheim: Erkältungskrankheiten nehmen aktuell deutlich zu

Erkältungskrankheiten nehmen deutlich zu, und das, so ist er sicher, gelte auch für die echte Grippe, die Influenza. „Die Viren sind ja da. Und warten geradezu darauf, wieder zuschlagen zu können.“ Viele seiner Patienten kämen routinemäßig zur Grippeschutzimpfung, „wir sprechen die Leute aber auch gezielt an.“

Dr. von Lackum erinnert an die aktuelle Empfehlung der STIKO, dass die Covid-19- und die Grippeschutzimpfung zum selben Termin gegeben werden können. Grundsätzlich rät von Lackum zu beiden Impfungen, um das Immunsystem zu stärken und vor einer Lungenentzündung zu schützen, eine mögliche schwere Folge einer Infektion.

Grippe-Impfstoff: Jedes Jahr eine neue „Mischung“

Die saisonale Grippe (Influenza) wird in diesem Winter laut Robert-Koch-Institut (RKI) von den Grippeviren A(H1N1)-, A(H3N2)-Viren und zwei Gruppen von Influenza-B-Viren verursacht.

Von diesen vier Gruppen zirkulieren weltweit verschiedene Varianten, erläutert das RKI auf seiner Homepage. Der saisonale Influenza-Impfstoff enthält Bestandteile der Virus-Varianten, die für die kommende Saison erwartet werden.

So genannte Referenzlaboratorien auf der ganzen Welt untersuchen dafür kontinuierlich die gerade zirkulierenden Influenzaviren und geben ihre Ergebnisse an die Weltgesundheitsorganisation (WHO) weiter.

Auf Grundlage dieser Daten legt die WHO die möglichst am besten schützende Zusammensetzung für den Grippe-Impfstoff jedes Jahr aufs Neue fest.

Dass die Erkältungswelle rollt, merkt auch Dr. Hannelore Turek in ihrer Innenstadtpraxis. „Virologen befürchten, dass die diesjährige Grippewelle heftiger ausfällt“, sagt sie. Sie impft seit Oktober täglich gegen die Grippe. Aber auch ihr fehlt schon der Hochdosis-Impfstoff. „Wir haben genug bestellt, aber nur ein Viertel davon bekommen“, berichtet sie. „Jetzt müssen wir zwei Wochen darauf warten.“

In Arzt-Praxen werden Patienten gezielt auf die Grippeschutzimpfung angesprochen

Auch in der Praxis von Frau Dr. Turek fragen die Patienten nach der Grippeschutzimpfung, es werden aber auch alle angesprochen. „Manche sagen dann: Ich lasse mich nicht impfen, das brauche ich auch nicht, die Grippe hatte ich ja noch nie“, berichtet die Hausärztin, die dann argumentiert, dass man sich ja auch impfen lassen würde, wenn man zuvor weder Covid-19 noch Tetanus hatte. „Einige lassen sich dann doch überzeugen“, schmunzelt sie.

Trotz der STIKO-Empfehlung lässt Dr. Hannelore Turek gern mindestens eine Woche verstreichen, bis es zur nächsten Impfung kommt: „Ich persönlich sehe es so, dass das Immunsystem nicht herausgefordert werden sollte“, sagt sie. Es gebe ja auch immer wieder Patienten, die nach einer Grippeschutzimpfung leichte grippale Symptome hätten.