Mülheim. Mülheimer Ärzte wie Uwe Brock bemängeln die Planung bei der Lieferung von Grippe-Impfstoff. Apotheker Patrick Marx sagt, dass es ausreichen wird.
Versorgungsengpässe beim Grippeimpfstoff gebe es nicht, so Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am Mittwoch. Das war genau ein Tag, nachdem die Praxis der Hausärzte im Ruhrquartier einem Patienten die letzte vorhandene Impfdosis verabreicht hatte.
Nachschub ist gerade nicht in Sicht, Mülheimer Apotheken erwarten aber in der kommenden Woche die nächsten Impfstoff-Lieferungen. Klar ist: Mehr Menschen als sonst wollen sich derzeit impfen lassen. Hausarzt Uwe Brock bemängelt eine schlechte Planung bei der Impfstoff-Lieferung. Und sieht die derzeitige Situation ein bisschen wie eine Generalprobe für eine spätere Impfung gegen Covid-19.
Mülheimer Hausarzt hat schon doppelt so oft gegen Grippe geimpft wie im Vorjahr
Brock, der mit vier Kolleginnen und Kollegen pro Quartal rund 3500 Patienten versorgt, berichtet, dass er bisher schon 1000 Patienten geimpft hat, allein im September 2020 seien es mit 600 Impfungen doppelt so viele wie im September des Vorjahres gewesen. Die Nachfrage sei groß, und es werde ja auch von der Politik empfohlen, so Brock, nicht nur für Über-60-Jährige und Chroniker. Damit, wenn die Corona-Infektionen zu mehr Patienten in den Krankenhäusern führen, wenigstens die Zahl der Grippekranken niedrig bleibt.
Wegen Covid-19 hat die Praxis Hausärzte im Ruhrquartier in diesem Jahr extra zwei „Impf-Samstage“ angeboten, damit gesunde Patienten, die sich impfen lassen möchten, das ohne Angst vor einer Ansteckung auch außerhalb der normalen Sprechzeiten tun können. Über 230 Patienten hätten das gemacht. Wenn sonst der Arzt alle Jahre wieder für den Grippeschutz werben muss, „so kommen die Leute jetzt von sich aus“, sagt Hausarzt Brock. Rund 30 Prozent mehr als sonst seien das, schätzt Brock. Seine Praxis jedenfalls hat schon 500 Impfdosen nachbestellt, man wisse aber nicht, wie viele Impfstoff-Chargen wann überhaupt noch nachkämen.
Mülheimer Apotheker sieht die Situation gelassen: Der Impfstoff werde reichen
Der Mülheimer Apotheker Patrick Marx erwartet für seine vier Apotheken Anfang der Woche eine größere Lieferung Grippe-Impfstoff. Aber auch diese über 5000 Dosen seien schon überwiegend von den Arztpraxen vorbestellt. Der erfahrene Pharmazeut sieht die Situation aber gelassen. „Im November kommen noch einmal 5000 Dosen“, sagt er.
„Es wird reichen“, ist er überzeugt, und gibt damit Gesundheitsministern Spahn Recht. Es sei schon immer so gewesen, dass das Paul-Ehrlich-Institut die Impfstoff-Chargen peu-a-peu freigäbe. Hat Marx im vergangenen Jahr rund 6000 Grippeschutz-Impfdosen bestellt, so dürften es in diesem Jahr fast 20.000 werden, so schätzt er.
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Hausarzt Uwe Brock muss hingegen derzeit den Mangel verwalten. „Wir sagen den Leuten: Rufen Sie in sieben bis zehn Tagen noch einmal an.“ Ein Privatpatient, der sich den Grippe-Impfstoff auf Rezept vorher selbst abholen muss, sei schon in der Vorwoche erst in der sechsten Apotheke erfolgreich gewesen, so Brock. Zwischendurch würden sich die Mülheimer Praxen auch gegenseitig mit Grippeimpfstoff aushelfen. „Aber das geht ja immer nur mit kleinen Mengen.“
Lieferengpässe: Hausarzt bemängelt die schlechte Planbarkeit für die Praxen
„Das Problem ist, dass das so ja gar nicht für die Praxen planbar ist“, sagt Brock, der auch der Mülheimer Kreisstelle der Ärztekammer vorsitzt. „Wir müssen daraus lernen“, fordert der Ärztefunktionär, „denn irgendwann kommt ja auch die Corona-Impfung. Und dann kann es so nicht ablaufen.“
Dann müsse man nicht nur vorher genau wissenschaftlich klären, welche Leute zuerst zu impfen seien, damit das keine Emotionen gebe. „Viele werden sich gegen Corona impfen lassen wollen, weil sie nur so ihre Ängste vor einer Ansteckung lindern können.“ Außerdem müsse unbedingt vorher klar sein in welchem Zeitraum wie viele Impfdosen überhaupt zur Verfügung stehen, fordert er.