Mülheim. In Mülheims AfD ist Alexander von Wrese unangefochten die Führungsperson. Warum der Bundestagskandidat aber doch kaum Chancen auf Berlin hat.

Er führt den AfD-Kreisverband und die Ratsfraktion, er war 2020 OB-Kandidat und nun zum zweiten Mal nach 2017 AfD-Direktkandidat im Wahlkreis Mülheim-Essen I für den Bundestag: An Alexander von Wrese führt in Mülheims AfD offenbar kein Weg vorbei. Doch der 42 Jahre alte Rechtsanwalt, Vater von zwei Kindern, sieht sich außerhalb der Stadtgrenze mit hohen Hürden konfrontiert auf seinem Weg in die Bundeshauptstadt.

Von Wrese hat schon vor Jahren keinen Hehl daraus gemacht, dass er seine politische Zukunft eher auf bundes- denn auf lokalpolitischer Ebene sieht. Er hat sich an vorderster Front in der „Vereinigung von Juristen in der AfD“ engagiert, als Gastautor schrieb er auch für den rechtspopulistisch orientierten Deutschland Kurier. Er ist überörtlich aktiv, so bei einer von der AfD in Minden organisierten Kundgebung gegen die Coronaschutz-Politik von Bund und Land.

Bei Facebook versammelt Mülheims AfD-Politiker Tausende Follower hinter sich

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Bei Facebook versammelt von Wrese Tausende Follower hinter sich und damit eine „Fangemeinde“, die unter den Mülheimer Direktkandidaten zum Bundestag ohne Vergleich dasteht. Von Wreses Themen dort finden weite Verbreitung, aktuell der Bundestagswahlkampf in Mülheim. Gerne aber auch Posts zur Bundespolitik, zur „massenhaften Armutszuwanderung“, die es zu begrenzen gelte, oder zur Forderung, Bürgerinnen und Bürgern Bargeld als Ausdruck von „Freiheit und Selbstbestimmung“ zu belassen.

Und doch: Von Wrese musste seine bundespolitischen Ambitionen in diesem Jahr frühzeitig hintanstellen. Sein Name findet sich nicht wieder unter den 20 AfD-Kandidaten, die auf der Landesliste seiner Partei auf den Einzug in den Bundestag hoffen können. So müsste von Wrese am 26. September schon den Mülheim-Essener Wahlkreis gewinnen, um das Ticket nach Berlin zu ziehen. Außer Reichweite für ihn.

Von Wrese fand für Platz auf der NRW-Reserveliste keine Mehrheit

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Dass er nicht auf der Reserveliste seiner Partei steht erklärt von Wrese damit, dass die Partei nach wie vor ein „gäriger Haufen“ sei, der auch auf Parteitagen zu einer eigenen Dynamik neige. „Bei der Aufstellungsversammlung in Siegen hatten eben andere Strömungen in der Partei die Mehrheit. So etwas passiert. Ich sehe das eher sportlich.“

„Das wird an meinem bundespolitischen Engagement nichts ändern“, gibt sich von Wrese nun kämpferisch, am 26. September im Wahlkreis Mülheim-Essen I abermals ein Ergebnis einzufahren, das mehr Prozente zu bieten hat als der NRW-Schnitt.

Von Wrese: Reuls Kriminalitätsbekämpfung ist nicht mehr als „Schaufensterpolitik“

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Dabei sind von Wreses Schwerpunktthemen im Wesentlichen die, mit denen er schon 2017 um Stimmen geworben hat: innere Sicherheit, Begrenzung der Zuwanderung, mehr direkte Demokratie. Neu dazugekommen: die scharfe Kritik an der Coronaschutz-Politik des Staates.

Der Reihe nach: Von Wrese stellt die innere Sicherheit und Kriminalitätsbekämpfung ganz vorne an in seiner Wahlkampfprogrammatik. Er fordert eine bessere Ausstattung der Polizei, will dazu auch Länderkompetenzen zum Bund ziehen. Polizeikräfte seien einheitlich und besser zu besolden, sollten Gefährdungszulagen bekommen. Die Personalausstattung sei zu erhöhen, um bei Bürgern das subjektive Sicherheitsgefühl zu stärken. Laut von Wreses Einschätzung zeigt die Polizei immer noch zu wenig Präsenz in Kriminalitäts-Hotspots, die Aktivitäten von NRW-Innenminister Reul seien in dieser Hinsicht nicht mehr als „Schaufensterpolitik“.

AfD-Mann sieht trotz gesunkener Zahlen weiter „Massenzuwanderung“, die überfordere

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Trotz deutlich gesunkener Zahlen sieht der AfD-Kandidat weiterhin eine „Massenzuwanderung“, die die „Integrationsfähigkeit der deutschen Gesellschaft über das Maß strapaziert“. Die Zuwanderung sei dringend auf ein Maß zurückzuführen, das nur „wirklich politisch Verfolgten“ und Kriegsflüchtlingen eine Zuflucht in Deutschland ermögliche. Das aber auch nur auf Zeit.

Dass Mülheims AfD-Ratsfraktion zuletzt gar abgelehnt hatte, von den Taliban akut bedrohte afghanische Ortskräfte in Mülheim aufzunehmen, erklärt von Wrese damit, dass die Bundesregierung seiner Meinung nach nicht klargezogen habe, wo hier in der Personenzahl eine Grenze wäre. Trotz der Gefahren vor Ort plädierte von Wrese auch zuletzt bei der Podiumsdiskussion dieser Redaktion und der großen Mülheimer Kirchen dafür, den Ortskräften mit nicht näher bestimmten Maßnahmen „vor Ort zu helfen“.

Von Wrese fordert Volksabstimmungen, etwa zur Corona-Politik: 2G oder 3G?

Wie sich von Wrese zum AfD-Flügel positioniert

Eine grundsätzliche Positionierung zum rechtsextremen Flügel der AfD um Björn Höcke vermeidet Bundestagskandidat Alexander von Wrese im Gespräch mit dieser Redaktion. Es stehe bei der Bundestagswahl nicht Björn Höcke aus Thüringen zur Wahl, sondern andere Köpfe der Partei.

Von Wrese sieht den Einfluss von Björn Höcke auf die Bundestagswahl als „relativ gering“ an. „Es geht um bundespolitische Grundsatzfragen bei dieser Wahl, keine landespolitischen Besonderheiten.“

Für sich reklamiert von Wrese eine „klare Abgrenzung zu dem, was nicht dem bürgerlich Konservativem entspricht“. Damit sehe er sich „inhaltlich auf Mehrheitslinie in der Partei“.

Drittes Schwerpunktthema für den AfD-Mann im Bundestagswahlkampf: die Corona-Politik. Von Wrese beklagt unverhältnismäßige Maßnahmen des deutschen Staates im Kampf gegen die Pandemie, „einen enormen Verlust von Freiheit“ und die Einschränkung von Grundrechten der Bürger. Einem „Impfzwang durch die Hintertür“, der etwa durch die 2G-Regel zu befürchten sei, lehne er ebenso ab wie einen weiteren Lockdown.

Von Wrese fordert, die wissenschaftliche Beratung der Regierungen in Deutschland nicht nur auf das Robert-Koch-Institut und wenige Wissenschaftler zu konzentrieren, sondern den Virologen-Stab um Fachleute zu ergänzen, die den Maßnahmen (etwa der Maskenpflicht oder den Impfungen) auch kritisch gegenüberstünden.

Da ist der AfD-Politiker gleich bei einer seiner weiteren Forderungen: Er will „Volksabstimmungen bei zentralen Fragen“ ermöglicht sehen. Dazu eigneten sich Fragen zur Zuwanderung oder der EU eher als zur Corona-Politik.