Mülheim. Mit großer Mehrheit sprach sich der Mülheimer Rat für die Aufnahme von Geflüchteten aus Afghanistan aus. Nur die AfD sah die Stadt „überfordert“.
Soll und muss Mülheim schon aus humanitären Gründen Menschen aus Afghanistan aufnehmen, die vor der Gewalt und Diskriminierung der Taliban flüchten? Ein Antrag der Grünen und CDU sorgte für kräftigen Puls am Donnerstag im Rat – vor allem bei der AfD.
Unterbringungen sind aktuell nur zu etwa drei Viertel belegt
Denn bereits auf die vor einigen Tagen gestellte Forderung des Integrationsrates, Mülheim solle bis zu 150 Menschen aufnehmen, sah die „Alternative für Deutschland“ die Stadt bereits „kulturell und finanziell“ überfordert. Nun aber hatte die Schwarz-Grüne Koalition ähnliches beantragt: Wie viele geflüchtete Afghanen Mülheim aufnehmen solle, ließ sie offen, bat aber die Stadt darzulegen, über welche Kapazitäten zur Aufnahme sie verfügt.
Eine Aufnahme sei theoretisch möglich, antwortete die Stadt. Denn die Auslastungsquote der Flüchtlingsunterbringungen betrage aktuell nur 66 Prozent. Selbst wenn die Gustavstraße wie bereits beschlossen wegfiele, seien die Unterbringungen noch immer nur zu rund 76 Prozent ausgelastet. Von 967 Plätzen seien 731 belegt – eine Differenz von rund 240.
In welcher Größenordnung der Stadt Geflüchtete aus Afghanistan zugewiesen werden könnten – etwa in Anlehnung an den Königsteiner Schlüssel, der die Zuweisung an Städte in der Vergangenheit regelte – konnte die Verwaltung nicht beantworten.
Frage der Kosten beantwortete die Verwaltung nicht, manche Aufwendungen seien aber unabhängig von der Zahl der aufgenommenen Flüchtlinge
Sie stellte aber klar, dass die zusätzliche Aufnahme den kommunalen Haushalt „ausweiten“, sprich belasten würde. Zum Beispiel stünden „den afghanischen Ortskräften der sofortige Zugang zu Leistungen und Eingliederungsmaßnahmen nach dem Sozialgesetzbuch SGB II“ zur Verfügung. Die Stadt hätte davon einen Anteil mitzutragen. Konkrete Summen konnte die Stadt allerdings nicht benennen.
Die Kosten bleiben also spekulativ, Kämmerer Frank Mendack gab zudem zu bedenken, dass bestimmte Aufwendungen für die Gebäude oder für das notwendige Personal ohnehin weiterlaufen – ob man nun zu 76 oder 100 Prozent ausgelastet sei. Dennoch protestierte die Mülheimer AfD, die Ausgaben seien eine „unzumutbare Belastung für Mülheimerinnen und Mülheim“, mit „vielen“ habe man „geredet“.
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SPD-Mann Daniel Mühlenfeld nannte AfD-Kritik einen „andauernden Appell an den inneren Schweinehund“
Sehr deutlich erwiderte der SPD-Stadtverordnete Daniel Mühlenfeld in Richtung der Blauen mit einem Zitat des ehemaligen Parteivorsitzenden Kurt Schumacher. Der hatte als junger SPD-Abgeordneter 1932 im deutschen Reichstag den Nazis „moralische und intellektuelle Verlausung“ vorgeworfen: „Die ganze nationalsozialistische Agitation ist ein andauernder Appell an den inneren Schweinehund“. Mühlenfeld schloss sich an das Zitat an und machte unumwunden deutlich, dass er die AfD ebenso in dieser Tradition sehe.
AfD-Fraktionsführer Alexander von Wrese wies dies zurück und forderte den OB auf, Mühlenfeld zu rügen. Doch dies ging offenbar im Hin und Her der Zwischenrufe unter.
Am Ende stimmte das Parlament mehrheitlich für den Koalitionsantrag. Wie es von Befürwortern des Oppositionskreises heißt allein deshalb, weil die Zuweisung von Geflüchteten ohnehin nicht in der Hand der Kommune liege, sondern auch im Falle Afghanistan durch den Königsteiner Schlüssel bestimmt werde.