Mülheim. Noch ist der neue Mülheimer Nahverkehrsplan ein Entwurf. Welche Strecken geplant sind – und welche Knackpunkte die Politik diskutieren muss.

Die Frage, wie genau der neue Nahverkehr in Mülheim aussehen soll, wird die Kommunalpolitik in den kommenden Monaten in Beschlag nehmen. Klar ist vielen: Trotz knapper Kassen wird Sparen allein den ÖPNV nicht finanzierbar machen, er muss deshalb attraktiver werden. Ein erster Entwurf ist seit Juli im Umlauf, der einen völlig neuen Ansatz fährt. So sehen die Linien-Pläne aktuell im Detail aus.

Statt der heute häufigen Parallelverkehre von Bus- und Bahnlinien soll ein strukturiertes Netz aus ineinandergreifenden Bus- und Bahnverbindungen die Mülheimer von A nach B bringen. Wobei man vorwegnehmen kann: Ganz ohne Parallelverkehr kommt auch der neue Entwurf nicht aus.

Auch interessant

Die Straßenbahnen sollen die schnellen Zubringer werden

Fünf Straßenbahnlinien (inklusive U-Bahn) bleiben – dem bisherigen Entwurf zufolge – inklusive ihrer Haltestellen erhalten, sie führen im 15-Minuten-Takt über die Stadtmitte oder direkt zum Hauptbahnhof, der als zentraler, schneller Umsteigepunkt in die anderen Städte dient: Die 102 verbindet im Norden Dümpten mit dem Uhlenhorst im Südwesten. Von Nordosten kommt die 104 über die Aktienstraße und endet dann bereits in der Stadtmitte – denn der Kahlenbergast soll zumindest über die Straßenbahn nicht mehr bedient werden, sondern über eine „Erschließungsbuslinie E2“.

Den Mülheimer Westen verbindet die 901 mit der Mitte, den Osten die U18. Die 112 führt von Oberhausen über Styrum bis in den Süden zum Hauptfriedhof. Insgesamt aber ist der bevölkerungsreiche Süden – Speldorf, Saarn und Selbeck – weniger mit schnellen Bahnstrecken gesegnet.

Die Linie 104 (links) soll nach dem neuen Entwurf nur bis Stadtmitte fahren. Der Kahlenberg-Ast würde dann per Bus angedient.
Die Linie 104 (links) soll nach dem neuen Entwurf nur bis Stadtmitte fahren. Der Kahlenberg-Ast würde dann per Bus angedient. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Metrobusse M1 und M2 dienen als Bahn-Ersatz

In diese Lücke sollen zwei Metrobusse springen, die wie die Bahn im schnellen 15-Minuten-Takt fahren sollen und offenbar in Teilen die Strecke des 133 und 124ers ersetzen: Der M1 startet an der Saarner Kuppe und soll der aktuellen Buslinien-Strecke 133 von Süden aus folgen. Damit deckt er das Dorf Saarn (Alte Straße) und den Kassenberg ab, endet aber am Hauptbahnhof.

Auch interessant

Der M2 startet in Dümpten am Heidkamp und folgt bis Stadtmitte dem 133er. Danach verbindet er – wie die heutige Linie 124 – die Broicher Mitte, Broicher Waldweg, Lierberg, Brandenberg, Hubertushöhe und Speldorf Friedhof. Alternativ könnte er weiter zum Katzenbruch und bis zur Peterstraße geführt werden.

Der große Bogen: Die Verbindungslinien V1 und V2

Für den Zugang zu den Knotenpunkten der Bahnlinien und Metrobusse sollen lange, sogenannte Verbindungslinien sorgen, die im 30-Minuten-Takt verkehren. Die eine – V2 – kommt aus Selbeck und ersetzt von der Flurstraße aus entlang der Kölner Straße bis zur Markenstraße die Linien 131 sowie 752 und 753. Ab Markenstraße folgt sie dem 131er und deckt damit Oemberg und Lindenhof ab. Im weiteren Verlauf geht es über die Haltestellen Nachbarsweg und Schleswiger Straße, Heuweg (Anschluss 102), Broich Friedhof, Holzstraße und Endstation Broicher Mitte, wo sie erneut an die Straßenbahn 102 anknüpft.

Den ganz großen Bogen spannt die Verbindungslinie V1. Sie startet in Heißen Kirche und ersetzt in Richtung Dümpten über Stationen wie Geitlingstraße, Hänflingstraße, Freiherr-vom-Stein-Straße die Linien 129 und 136. An der Nordstraße knüpft sie an die Straßenbahn 104 an.

Auch interessant

Entlang der heutigen Linie 129 geht es über Schule Nordstraße, Sellerbeckstraße bis Gathestraße, wo ein Anschluss an die Straßenbahn 102 besteht. Der dritte Anschluss entlang der 129 ist am Sültenfuß gegeben, etwas später auch an die S-Bahn am Bahnhof Styrum. Danach allerdings macht die V1 einen Schlenker zur Medl, um anschließend über Schloß Styrum und Friesenstraße an die Streckenführung der heutigen Buslinie 122 anzubinden.

Erweiterungen der V1 zur Ringbuslinie sind in der Diskussion

Im weiteren Bogen über Stadion, Schleuse Raffelberg, Theater an der Ruhr knüpft sie an die 901 an der Haltestelle Raffelberg an, folgt anschließend weiter der 122. Spätere Anknüpfungen an den neuen Metrobus M2 gibt es an der Haltestelle Lierberg sowie an die 102 an Broich Friedhof, wo sie enden könnte.

Ein weiterer Entwurf sieht allerdings vor, die V1 im Süden weiterzuführen sogar über die Saarner Kuppe, Klostermarkt, Mendener Brücke, Müller Menden und über den Steinknappen bis Haltestelle Tilsiter Straße, wo wieder eine Anbindung an die Straßenbahn 112 möglich wäre. Etwas verschlungen ginge es von dort durch Holthausen über die Haltestellen Walkmühle, Fischenbeck, Fünter Weg wieder an den Startpunkt Heißen Kirche zurück, so dass am Ende eine geschlossene Ringbusstrecke entstünde.

Auch interessant

Die Feinarbeit in den Stadtquartieren erledigen sieben Erschließungslinien

Für alles dazwischen sollen nach bisherigem Stand sieben Erschließungslinien zuständig sein, die ebenfalls im 30- oder auch 60-Minuten-Takt unterwegs sind. Sie fallen in der Länge mitunter sehr unterschiedlich aus.

So führt etwa die E3 im Norden von Wehrstraße über Heiermannstraße, Barbarakirche, Katharinenstraße, Dümpten Friedhof (Anschluss 102), Damaschkeweg bis zum Heidkamp mit Anschluss an den geplanten Metrobus M2.

Die E1 – ebenfalls in Dümpten – hingegen führt von der Gustav-Heinemann-Schule über Denkmannsfeld, Boverstraße entlang der Linie 131 bis Hauptbahnhof. Das allein sind 16 Haltepunkte in einem kleinen Gebiet. Von dort aus aber erschließt sie über den Rathausmarkt noch den Hafen, sprich den Hafenbahnhof, Saalestraße, Siemens bis Nordhafen – folgt also weiteren neun Haltepunkten der heutigen Linie 135. Dabei gibt es Überschneidungen mit der Erschließungslinie E8.

Neue Verbindungen zwischen Saarn und Hafen sowie Flughafen und Stadtmitte geplant

Diese wiederum verbindet Saarn (Alte Straße) mit besagtem Hafen über Lindenhof, Waldschlößchen (Anschluss 102), Uhlenhorst, Wohnstift Uhlenhorst, Broicher Waldweg, Hansastraße (Anschluss 901), Südhafen mit einem rechten Schlenker zur Saalestraße. Mit der E8 richtet die Stadt also eine bisher völlig neue Wegeverbindung zwischen Haltestellen ein.

Im Süden dagegen deckt die Erschließungslinie E2 mit 14 Haltepunkten eine vergleichsweise lange Strecke von Flughafen bis Stadtmitte und Hauptbahnhof ab – folgt also weitgehend der heutigen Linie 130 und Straßenbahn 104 mit einem Schlenker über den Kahlenberg, denn die 104 soll ja künftig in Stadtmitte enden.

Eine Neuerung wird auch die Linie E6 darstellen. Sie soll nicht nur Mintard mit Saarn und – über den Anschluss an den Metrobus M1 – der Mülheimer Innenstadt verknüpfen, sondern auch mit Essen-Kettwig. Darüber hinaus könnte die E6 von Saarn weiter über die Mendener Brücke nach Holthausen und Heißen geführt werden – anstelle eines erweiterten Ringbusses V1.

Auch interessant

Städteübergreifende Linien, Taktungen, Pünktlichkeit, Parallelverkehre – diese Punkte sind noch offen

Die wenigen Beispiele zeigen: So ganz trennscharf hat man die eigentlich klar gestaffelten Kategorien aus Metrobussen, Verbindungs- und Erschließungslinien wohl noch nicht gezogen. Und Parallelverkehre sind zwar weitgehend, aber nicht völlig vermieden.

Ferner ist zu lösen, wie die bestehenden städteübergreifenden Linien in dieses Netz einbezogen werden können. Gespräche mit Essen, Oberhausen und Ratingen werden dazu geführt. Zum Teil müssten die gemeinsamen Linien an der Mülheimer Stadtgrenze enden und vom Mülheimer Bus- und Bahnverkehr aufgenommen werden.

Das führt zu den nächsten Knackpunkten eines attraktiven Nahverkehrs: Pünktlichkeit und Taktung. Der vorgeschlagene Entwurf macht das Umsteigen notwendiger denn je. Damit müssen nicht nur die Verbindungen schnell sein, sondern auch die Wartezeiten untereinander gut abgestimmt – und nicht zuletzt: die Busse pünktlich. Dies aber setzt viele kurze und damit überschaubare Strecken voraus, die im Entwurf noch nicht konsequent durchgehalten werden.

Und: Der geplante 15-Minuten-Takt für Bahnen und Metrobusse liegt bereits quer zu den Anschlüssen der Nachbarkommunen. Hier ist die weitere Abstimmung notwendig und auch bereits von Fraktionen angemerkt worden.

Es gibt also Optimierungsbedarf, den die Fraktionen in den nächsten Monaten debattieren werden. Wie lange bleibt Zeit? Bis Ende des Jahres soll es möglichst eine Einigung geben.