Mülheim. Im neuen ÖPNV-Netz sehen die Grünen Busse als Zubringer zur Straßenbahn. Dafür muss das Umsteigen klappen. Ein Ringbus soll Stadtteile verbinden.
Nachdem das radikale Sparnetz 23 für den Mülheimer Nahverkehr keine politische Mehrheit fand, entwickeln die Ratsfraktionen eigene Ideen. Die Grünen haben jetzt ihr ÖPNV-Konzept vorgestellt. Es behält alle Straßenbahn- und U-Bahn-Linien. Neu ist ein Ringbus, der viele Stadtteile verbindet. Die meisten Buslinien fahren nicht mehr direkt in die Stadtmitte, sondern enden an Verknüpfungspunkten mit der Straßenbahn. „Dazu brauchen Fahrgäste allerdings zwingend die Garantie der Ruhrbahn, dass die Anschlüsse funktionieren“, betonen Axel Hercher (verkehrspolitischer Sprecher) und Timo Spors. „Wir wollen auch zum Zehn- und 20-Minutentakt auf allen Linien zurückkehren“, ergänzt Franziska Krumweide-Steiner (stellvertretende Fraktionssprecherin).
Straßenbahn zum Saarner Dorfkern umlegen
Neben der neuen Ringbuslinie wollen die Grünen die Linie 102 hinter dem Heuweg nach links in die Saarner Straße abbiegen lassen und am Rand des Dorfkerns enden lassen. „Das wäre eine Neubaustrecke, wie auch die SPD schon vorgeschlagen hat, für neun Millionen Euro. Das spart aber pro Jahr 750.000 Euro, weil wir in Saarn mehrere Buslinien anbinden“, erläutert Tim Spors. „Die Fahrt mit der Straßenbahn über Broich durch den Tunnel in die Stadt dauert nicht länger als mit dem Bus über den Kassenberg“, sagt Axel Hercher. Die Straße werde nach der Lindgensbebauung ohnehin zum staugeplagten Nadelöhr.
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Die Schienenverbindungen stärken
Wichtig für die Grünen: „Wir wollen die Schienenverbindungen stärken. Sie müssen das Rückgrat des Mülheimer Nahverkehrsnetzes bleiben“, erklärt Franziska Krumweide-Steiner. Weil in den Nachbarstädten Essen und Oberhausen Bahnen und Busse im Zehn- oder 20-Minuten-Takt fahren, soll das Mülheimer Netz daran angepasst werden. Hier die Vorschläge der Grünen für „ein attraktives und kundenfreundliches Netz, mit dem auch mehr Einnahmen möglich sind“, wie Hercher sagt.
Zehn-Minutentakt in den Hauptverkehrszeiten
Bei den Bahnen: Die U18 behält ihren 10-Minuten-Takt. Die 102 fährt in der Hauptverkehrszeit (HVZ) Takt 10 und in der Nebenverkehrszeit (NVZ) Takt 20 (Reduzierung um 25 Prozent). Die 104 fährt in der NVZ im Takt 20 (Reduzierung um 25 Prozent) und in der HVZ zwischen Grenze Borbeck (oder ab Essen Abzweig Aktienstraße) und Kaiserplatz im Takt 10 (Ausweitung um 33 Prozent). Die 112 fährt in der NVZ im Takt 20 (Reduzierung um 25 Prozent) und in der HVZ zwischen Landwehr und Hauptfriedhof im Takt 10 (Ausweitung um 33 Prozent). Die 901 fährt in der NVZ im Takt 20 (Reduzierung um 25 Prozent) und in der HVZ zwischen Zoo/Uni und Hauptbahnhof im Takt 10 (Ausweitung um 33 Prozent).
Nur wenige Haltestellen fallen weg
Abends und an Wochenende würde ein Grundtakt von 30 Minuten (U18 alle 15) gelten. Unter Berücksichtigung des „Klimaschutzes und finanzieller Rahmenbedingungen muss abgewogen werden, in welchem Umfang während der Geschäftszeiten werktags auf Takt 10 und samstags auf Takt 15 verdichtet wird“, heißt es im Entwurf der Grünen.
Für eine Beschleunigung könnten auf der 102 die Haltestelle Talstraße (Richtung Innenstadt) und auf der 112 die Haltestelle Sandstraße (beide Richtungen) entfallen. Diese Stopps sind nicht barrierefrei. Bis auf die Linie 102 (bereits vorhanden) brauchen alle anderen Straßenbahnstrecken noch Vorrangschaltungen an Ampeln, um Fahrzeiten zu verkürzen.
Dazu fallen Parallellinien auf drei Achsen weg: Heidkamp - Mühlen, - Seilerstraße - Innenstadt; Lierberg - Broicher Mitte - Innenstadt und Saarner Kuppe - Alte Straße - Innenstadt. Dadurch wird das Angebot in der NVZ um 50 Prozent oder 67 Prozent (mit Straßenbahn nach Saarn) reduziert. In der HVZ muss streckenweise auf den Zubringerbuslinien im Takt 10 wie bisher gefahren werden.
Eine Forderung der Bezirksregierung wird erfüllt
Mit diesen Änderungen sehen die Grünen auch die Forderung der Bezirksregierung Düsseldorf erfüllt, Parallelbuslinien durch die Innenstadt abzuschaffen. Daher sollen die Linien 134 (aus Mintard) sowie 752 und 753 (aus Düsseldorf) zunächst am Broicher Friedhof enden. Nach der Verlegung der Straßenbahnlinie 102 in Saarner Dorf enden die Buslinien dort. Damit reduzieren die Grünen die Zahl der Buslinien durch die Innenstadt auf vier. Heute sind es acht.
Um das ÖPNV-Netz attraktiver zu machen, wünschen sich die Grünen eine Verlängerung der U18 bis zur Hochschule Ruhr West – aber bis vor den Campus mit „Endstelle auf der Brache vor der Eisenbahnüberführung“, sagt Axel Hercher. Im gekippten Netz 23 soll die U18 vor der Feuerwehrausfahrt an der Königstraße enden. Die U18 sollte nur in der
Stadtmitte halten, nicht am Schloss Broich und der Königstraße. Baukosten laut Gutachten des Landes: 6 Millionen Euro. Betriebskosten für zwei Zusatzkurse: 6 Millionen Euro pro Jahr. „Wir brauchen diesen attraktiven Anschluss für die Hochschule“, begründet Tim Spors. Weitaus günstige wäre eine Taktverdichtung auf der Straßenbahnlinie 901 zu haben, argumentieren die Grünen. Das müsse mit der DVG verhandelt werden.
Stilllegung des Kahlenbergastes finanziell ungeklärt
Für den Neubau der Straßenbahnstrecke vom Heuweg über die Saarner Straße zum Saarner Dorfrand sehen Gutachter Kosten von rund 9 Millionen Euro. Dem stehen 700.000 Euro jährliche Einsparungen für kürzere Buslinien gegenüber.
Die Stilllegung des Kahlenbergastes ist in finanzieller Hinsicht noch ungeklärt“, sagen die Grünen. Ein klares Bekenntnis der Partei für diese Strecke fehlt. Rund 20 Millionen stehen auf der Rückforderungsrechnung der Bezirksregierung und des Verkehrsverbundes Rhein-Ruhr (VRR).
Neue Strecken für Busverbindungen
Verlängerung SB 90 von OB-Ruhrpark zum Bahnhof Styrum (Wunsch aus Oberhausen).
Hafenshuttle SB 10 von Hauptbahnhof über Tourainer Ring und Nordbrücke für Berufspendler (HVZ) statt Taktverdichtung der heutigen 135 (nach Bedarf Takt 10 oder 20)
Ringlinie: Heißen Kirche (Anschluss U 18) – Freiherr-vom-Stein-Straße – Nordstraße (104) – Heidkamp – Dümpten Friedhof (102) – Heifeskamp – Zehntweg (102) – Schützenstraße – Sültenfuß (112) – Bahnhof Styrum (S-Bahn) – Raffelberg (901) – Saarner Straße – Böllerts Höfe – Broich Friedhof (102) – Saarn (später 102) – Menden – Holthausen (104/112) – Heißen Kirche.
120 Saarner Kuppe – Uhlenhorst – Schneisberg – Oemberg – Saarn – Kassenberg – Innenstadt (ohne Tram Saarn Takt 20, mit Tram Saarn Takt 30). Diese Buslinie soll modifiziert werden, wenn die Straßenbahn das Saarner Dorf erreicht und in weiteren Ausbausufen zur Saarner Kuppe fährt“, sagen die Grünen.
122 von Oberhausen kommend über Banhnhof Styrum (Anschluss S-Bahn) bis Friesenstraße (Takt 20)
124 Oberhausen-Wehrstraße – Heifeskamp – Gathestraße (Anschluss 102) – Mühlenstraße (102) – Seiler Staße – Bahnhof West (112, S 3) – Hauskampstraße – Bahnhof Styrum (Takt 20). Die Linie 976 kann entfallen.
125 Broich Friedhof (Anschluss 102) – Holzstraße – Broicher Mitte (102) – Kirchstraße – Brandenberg – Speldorf Süd – Blötter Weg – Hansastraße (901) – Hafen – Bergstraße – Innenstadt (Takt 20)
130 Hauptfriedhof (Anschluss 104/112) – Flughafen – Erbach - Kleiststraße – Eichbaum (U 18) – Heißen Kirche (U 18) im Takt 20
131 Innenstadt – Dichterviertel – Nordstraße (104) – Boverstraße – Mühlenstraße (102) – Pilgerstraße (MEG; Takt 30)
Ring 139 Heißen Kirche (U18) – Frohnhauser Weg – Blumendeller Straße – Essen Breilsort – RRZ (U 18) – Heimaterde – Kleiststraße – Heißen Kirche (Takt 30)
151 Kettwig Bahnhof (Anschluss S 6) – Ickten – Menden – Steinknappen – Tilsiter Straße (104/112) – Holthauser Höhe – Rumbachtal – Innenstadt (Takt 60)
Taxibus (TB) 11 Heißen Kirche (U 18) – Honigsbergerstraße - Kattowitzer Straße (Takt 60)
Im Nachtnetz halten die Grünen folgende Änderungen für sinnvoll:
NE 2 Stadtmitte – Broich – Speldorf – Styrum und den gleichen Weg zurück
NE 12 fährt als Bus und kann wie gewünscht in Oberhausen verlängert werden
Zusätzlich fährt der NE 4 zwischen Rotkreuzzentrum und Friedrich-Ebert-Straße über die Haltestelle Sandstraße.
Sieben Millionen seien mit ihrem Netz nicht jährlich zu sparen. Aber mit Umstrukturierungen bei der Ruhrbahn nach Pensionierung von Kollegen sei das längerfristig erreichbar – wenn dazu der Wille bestehe.