Mülheim. Die Ruhrbahn testet aktuell den leisen und schadstoffarmen Wasserstoffbus für Mülheim. Doch für die Klimabilanz muss auch die Stadt etwas tun.
Wer hätte gedacht, wie sehr so ein Bus quietscht? Doch im neuen Wasserstoff-Fahrzeug der Ruhrbahn ist es unüberhörbar – so erstaunlich leise ist der. Denn anstelle eines dröhnenden Dieselmotors vernimmt man während der Fahrt nur ein sanftes Schnurren des Elektroantriebs. Nur noch bis Freitag kurvt der „Caetano H2.CityGold“ auf Testfahrt entlang der Linie 133. Ab 2024 sollen aber sechs Wasserstoff-Busse die Mülheimer Flotte ergänzen.
Verkehr sorgt in Mülheim für die dritthöchste Belastung durch CO2
Nicht weniger als die „Zukunft des Nahverkehrs“ in Mülheim kündigt Ruhrbahngeschäftsführer Uwe Bonan am Mittwochmorgen auf dem Betriebshof an. Von hier aus werden die lärm- und vor allem schadstoffarmen Busse mit Brennstoffzellen losrollen. Bis 2033 sollen sämtliche Diesel-Fahrzeuge in Mülheim durch die neue Technologie ersetzt sein. Die Ausschreibung für die ersten Exemplare beginnt bereits in diesem Jahr.
Oberbürgermeister Marc Buchholz erhofft sich davon eine Verbesserung der Schadstoffbelastung des Stadtverkehrs, der, laut Klimabilanz der Stadt, mit 358.103,99 Tonnen (2018) auf Platz drei beim Ausstoß von von Kohlendioxid (CO2) steht. Aktuell liegt Mülheim – auch coronabedingt - zwar deutlich unterhalb der festgelegten Grenzwerte für NOx. Doch auf Dauer muss die Stadt Maßnahmen ergreifen, die den Ausstoß begrenzen. Für Buchholz gehört ein schadstoffarmer Nahverkehr dazu. Der Wasserstoffbus stößt während der Fahrt allenfalls Wasserdampf aus.
Wasserstoff: Lokal hui, aber global noch wenig klimafreundlich
Was lokal dem Mülheimer Klima nutzen wird, ist global gesehen jedoch eher Zukunftsmusik als Realität. Denn zurzeit wird der Energieträger selten „grün“, also aus erneuerbaren Energien hergestellt, sondern vornehmlich „grau“ oder „blau“. Und das heißt: aus Erdgas gewonnen, was mehr CO2 produziert, als Erdgas nur zu verbrennen. Nur wenn das CO2 in diesem Prozess aufgefangen und etwa in der Erde gelagert wird, beeinträchtigt es das Klima nicht.
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Blauer Wasserstoff gilt als „Übergangsverfahren“ vermutlich noch in den kommenden Jahrzehnten, bis das Herstellungsverfahren aus erneuerbaren Energien nicht mehr doppelt so teuer ist wie ,blaue’. Und noch seltener wird Wasserstoff vor Ort, also in Deutschland gewonnen, sondern importiert. Der Transport trübt ebenfalls die Öko-Bilanz des Wasserstoffs. Um die Zukunftstechnologie also völlig sauber zu machen, müsste die Stadt zeitnah Maßnahmen ergreifen, das heißt gar selbst oder mit Partnern in die Erzeugung lokalen grünen Wasserstoffs investieren.
Wasserstoff ist den Akku-E-Bussen in der Reichweite deutlich überlegen
Auch in Mülheim werden die Busse ab 2024 per mobilem Trailer betankt – eine Wasserstofftankstelle vor Ort lohne sich wirtschaftlich nur dann, wenn auch andere Mülheimer Unternehmen mit einstiegen, sagt Ruhrbahn-Chef Uwe Bonan. Zu beachten ist, dass Busse anders als etwa Pkw mit weniger Druck betankt werden. Neun Minuten dauert eine Auffüllung der vier Tanks mit insgesamt 37,5 Kilogramm Fassungsvermögen. Rund 400 Kilometer weit reicht die Ladung dann, und damit länger als bei Akku-betriebenen Bussen.
Ruhrbahn will 258 Busse umstellen
Groß sei der Markt der Bushersteller mit Wasserstoffbetriebenen Brennstoffzellen noch nicht, sagt Ruhrbahngeschäftsführer Uwe Bonan. Vor allem die deutschen Unternehmen hinkten hinterher.
Daher hat die Ruhrbahn bislang zwei Anbieter getestet: In Essen fuhr ein Bus der ursprünglich polnischen Firma Solaris, die 2018 von der spanischen CAF-Gruppe aufgekauft wurde. In Mülheim ist ein Fahrzeug der portugiesischen Firma Caetano Bus unterwegs, die Teil von Toyota Caetano Portugal und Mitsui & Co ist.
Ein Wasserstoffbus kostet aktuell etwa 650.000 Euro, ein Diesel rund 250.000 Euro. Die Ruhrbahn will in Essen und Mülheim insgesamt 258 Busse umstellen.
Eine Pkw-Wasserstofftankstelle wie es sie am Rhein-Ruhr-Zentrum bereits gibt, können die Busse folglich nicht nutzen. Und wann oder ob geeigneter Wasserstoff lokal produziert werden kann, ist noch völlig offen.
Kunden loben, wie leise der Bus fährt
25 Millionen Euro steckt die Ruhrbahn bis 2033 in Mülheimer Busse und auch in Mülheimer Infrastruktur. Hinzu kommen bis zu 90 Prozent Fördermittel von Bund und Land. Der weitaus überwiegende Teil fließt in die Fahrzeuge, der Rest in eine neue Energiezentrale, die Werkstatt sowie die Tankanlage.
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Bis Freitag können sich die Mülheimer noch von dem Fahrgefühl dank Wasserstoff überzeugen. Der „H2.CityGold“ folgt von 6.47 bis 10.43 Uhr vom Hauptbahnhof an der Linie 133. Wer mitfahren will, benötigt ein bereits gültiges Ticket, denn im Bus kann man keine Fahrkarten kaufen. Erste Rückmeldungen kann Ruhrbahn-Chef Bonan schon verkünden: „Die Kunden loben, wie leise der Bus fährt.“ Über das Quietschen hat sich noch niemand beschwert.