Mülheim. „Stahl ist Zukunft“, so hat die Mülheimer SPD eine Onlinekonferenz betitelt. Dort präsentierte sich auch der neue Landeschef Thomas Kutschaty.
Gemeinsam mit ihrer Landespartei möchte die Mülheimer SPD in den kommenden Jahren für die Akzeptanz der Schwerindustrie kämpfen. Dazu müsse beispielsweise die Stahlproduktion aber deutlich umweltfreundlicher werden. Bei den aktuellen Problemen setzen die Sozialdemokraten auf staatliche Unterstützung.
Konferenz der SPD Mülheim im Zeichen der Umwälzungen bei Thyssenkrupp
„Stahl ist Zukunft“, lautete die Überschrift einer Onlinekonferenz, die freilich auch im Zeichen der jüngsten Entwicklung beim benachbarten Thyssenkrupp-Konzern stand. Geladen war der erst vor wenigen Tagen zum neuen Landeschef gewählte Thomas Kutschaty, der noch einmal die Sichtweise seiner Fraktion unterstrich. „Wir haben eine staatliche Beteiligung gefordert, denn die hohen Kosten wird Thyssenkrupp nicht alleine stemmen können“, so Kutschaty. SPD und IG Metall favorisieren eine Ausgliederung aus dem Mutterkonzern.
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Der neue Landeschef hob die Bedeutung des Industriezweiges hervor. „Wenn wir weiter wichtige Produktionsketten aufrechterhalten wollen, brauchen wir Stahl als Material. Anders als Kohle ist Stahl keine Industrie, die man abschaffen oder einfach auslaufen lassen kann“, so der 52-Jährige. Allerdings werde die aktuelle Produktionsweise in Nordrhein-Westfalen in Zukunft nicht mehr funktionieren. „Wollen wir schneller in Richtung Klimaneutralität kommen, dann werden wir auch die Stahlproduktion verändern müssen“, betonte der Essener.
Vision: Wasserstoff-Pipelines durch das Ruhrgebiet ziehen
Das Zauberwort in dem Zusammenhang: Wasserstoff. „Ich habe mittlerweile wöchentlich zwei Wasserstoffkonferenzen“, berichtete Kutschaty. Dass sich darüber noch einmal eine Zukunft der Branche ergeben kann, bezeichnete Duisburgs Wirtschaftsförderer Rasmus Beck als „Fügung des Schicksals.“ Er führte aus: „Wir haben uns lange gefragt, was die neue Überschrift des Ruhrgebiets sein kann, wenn Kohle und Stahl einmal nicht mehr sind. Wir müssen das Bewusstsein schaffen, dass ökologische Transformation nicht nur bei den Häuslebauern oder in der Automobilwirtschaft eine Rolle spielt.“
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Es müsse ein Anliegen sein, über den Ausbau von Pipelines den Wasserstoff ins Ruhrgebiet zu bekommen. „Das wird aber nicht ohne Konflikte ablaufen, denn die Pipelines werden auch durch unsere Städte und Quartiere verlaufen“, stellte Beck klar.
An diesem Thema schieden sich unter den Sozialdemokraten die Geister. „Die Netze sind bereit dafür, sagen uns die Betreiber. Wir brauchen keine neuen zu bauen“, sagt der Bundestagsabgeordnete Arno Klare. „Es sind die nötigen Instrumente und das Geld da, wir müssen es jetzt wollen.“
Flächendebatte ist gerade in Mülheim ein emotionales Thema
Ratsherr Daniel Mühlenfeld sah das anders. Er ist „nicht optimistisch, dass wir in der Lage sind, ein flächendeckendes Pipeline-Netz für den Wasserstofftransport herzustellen“. Er vermutet, dass eher lokale Projekte vorangetrieben werden, „so dass es sinnvoller wäre, größere Verbundlösungen zu wählen“.
Klare: „Kämpfen bis zum Umfallen“
„Wir müssen für das Stahlwerk in Duisburg kämpfen bis zum Umfallen, damit es da stehen bleibt“, betonte der Mülheimer Bundestagsabgeordnete Arno Klare am Donnerstag.
Durch den notwendigen Wandel könne eine Sicherheit von Arbeitsplätzen geschaffen werden.
Allerdings sieht Klare auch die Schwierigkeit, dass Deutschland dieses Problem nicht alleine stemmen könne.
„Wir werden das, was wir zu regeln haben, nur auf europäischer Ebene hinbekommen“, so der 69-Jährige. „Leider hat das Thema in manchen Ländern keinen Stellenwert.“
Ähnlich äußerte sich Gewerkschafter Dieter Hillebrand. „Wir brauchen auch eine Debatte um Flächen, und gerade Mülheim war ein Beispiel, dass bei dem Thema die Emotionen schnell hochgehen“, so der Essener DGB-Chef. Neben einer politischen brauche es auch eine gesellschaftliche Akzeptanz. „Industrie ist nicht nur grau und schmuddelig, sondern bringt auch viele Innovationen“, stellte Hillebrand klar.
Auch SPD-Landeschef Kutschaty äußerte die Befürchtung, nicht mehr in allen Schichten der Bevölkerung eine Akzeptanz für industrielle Arbeitsplätze zu haben. „Es gilt eben nicht mehr als hip und modern, in einem Stahlwerk zu arbeiten“, brachte es Sven Deege, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen (AfA) auf den Punkt. Diese Lobbyarbeit wollen die Sozialdemokraten in den kommenden Jahren betreiben. „Noch haben wir die Chance, uns von anderen stahlproduzierenden Ländern abzusetzen“, betonte Thomas Kutschaty. Bei dem Thema werde er der Landesregierung „auf den Füßen stehen bleiben“.