Mülheim. Zeitgleich mit dem Wegfall der Impf-Priorisierung, können in Mülheim nun auch Betriebsärzte impfen. Das Impfzentrum spielt dabei eine Rolle.
Nicht nur die bisher gültige Priorisierung bei den Corona-Impfungen fällt am Montag – ab dem 7. Juni dürfen auch Betriebsärzte von Unternehmen die Belegschaften impfen. Das Mülheimer Impfzentrum auf dem ehemaligen Tengelmann-Areal will Betrieben, die keine eigenen Impfstraßen aufbauen, Kapazitäten bereitstellen. Noch allerdings sei die Nachfrage danach recht gering, heißt es bei der Stadt.
In den Startlöcher stehen dagegen bereits Dr. Bettina Beckmann und Dr. Karlheinz Jauß vom Zentrum für Arbeit und Gesundheit, der Nachfolgeeinrichtung des ehemaligen Mannesmann-Betriebsärzte-Zentrums. In der eigenständigen Betriebsärzte-Praxis mit Sitz an der Zinkhüttenstraße, die nur Patienten der angeschlossenen Betriebe offen steht, werden in den kommenden Wochen die Mitarbeiter von rund 20 Unternehmen gegen Corona geimpft, erläutert Dr. Bettina Beckmann. Dabei handelt es sich vor allem um Industriebetriebe, die in dem Gebiet rund um Zinkhüttenstraße und Wiesenstraße beheimatet sind, wie etwa Salzgitter Mannesmann Grobblech oder Mülheim Pipecoatings (MPC), ein Teil der Europipe Unternehmensgruppe. Aber auch die Beschäftigen der Friedrich-Wilhelms-Hütte mit Sitz an der Friedrich-Ebert-Straße gehören zu den Patienten des Zentrums für Arbeit und Gesundheit und können sich dort impfen lassen.
Betriebsärzte-Zentrum in Mülheim plant drei Monate lang gegen Corona zu impfen
Überschlägt Dr. Bettina Beckmann die Anzahl der Angestellten in den Betrieben, seufzt sie: „Das sind insgesamt sehr, sehr viele Mitarbeiter.“ Bis alle mit dem ersehnten Schutz vor Covid-19 versorgt sind, werde es daher dauern. „Wir planen dafür drei Monate ein, denn wir werden hier nur an zwei Tagen pro Woche impfen, zudem stehen die Sommerferien bevor und auch Betriebsstillstände“, skizziert Dr. Karlheinz Jauß.
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Was die Impfstoffmenge anbelangt, ist Dr. Jauß zurückhaltend: „Es sieht nicht so aus, als ob wir in dieser Woche die gesamte Menge bekommen werden, mit der wir gerechnet haben.“ Der Vorrat an Vakzin, der dann über die beauftragte Apotheke geliefert werde, werde paritätisch je nach Mitarbeiterzahl der einzelnen Unternehmen aufgeteilt. Die Reihenfolge, wonach die Belegschaft den ersehnten Piks zum Schutz vor Corona erhalte, lege jeder Betrieb selbst fest, so Dr. Jauß.
Wie die Mitarbeiter von Aldi Süd gegen Corona geimpft werden
Für die Aldi Süd Regionalgesellschaften sowie die Aldi Süd Dienstleistungs-Handelsgesellschaft können Betriebsärzte in Mülheim ein Impfangebot in Rücksprache mit der zuständigen Gesellschaft vor Ort organisieren, heißt es aus dem Firmensitz an der Burgstraße in Styrum. Das Impfangebot an die Mitarbeiter von Aldi Süd werde durch den jeweiligen Betriebsarzt ausgesprochen und sei freiwillig.
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Die Betriebsärzte bestellten den Impfstoff sowie das entsprechende Impfzubehör, heißt es aus dem Unternehmen. Konkreter Angaben, um zu beziffern, wie viele Mitarbeiter zu impfen seien und wie viele Betriebsärzte dabei im Einsatz sind, machte Aldi Süd nicht. Insgesamt beschäftigt Aldi Süd am Sitz in Mülheim knapp 3000 Menschen.
Siemens: „Wir haben so viel Impfstoff gekauft, wie wir abschöpfen konnten.“
Frühzeitig habe man eine Infrastruktur aufgebaut, um den Mitarbeitern die Corona-Schutzimpfung über die Betriebsärzte anbieten zu können, heißt es bei Siemens zum Mülheimer Standort mit seinen mehr als 4000 Mitarbeitern. Die Zuteilung der Impfstoffmenge geschehe erst eine Woche im Voraus, erklärte ein Unternehmenssprecher und zeigte das Prozedere auf: „Auf die in Aussicht gestellte Menge reagieren wir und geben Termin-Fenster für die Mitarbeiter frei.“ Wie groß die Bereitschaft der Belegschaft sei, wie viele Mitarbeiter sich am Mülheimer Siemens-Standort impfen lassen wollten, das habe man im Vorfeld nicht abgefragt, sondern „wir haben so viel Impfstoff gekauft, wie wir für den Anfang abschöpfen konnten.“
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Stadtverwaltung will Kapazitäten des Impfzentrums für ihre Mitarbeiter nutzen
Anders ist man bei der Stadtverwaltung als einer der großen Arbeitgeber in Mülheim vorgegangen. „Wir haben das Interesse der Kolleginnen und Kollegen im Vorfeld abgefragt“, schildert Stadtpressesprecher Volker Wiebels. Rund 600 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der insgesamt 3200 in der Stadtverwaltung wollen sich über die Betriebsarzt-Option impfen lassen. Dazu wolle die Verwaltung Kapazitäten im Impfzentrum nutzen, so Wiebels. Denkbar wären beispielsweise Impftermine montags zu den Zeiten, in denen bislang die priorisierten Gruppen geimpft worden seien, so der Stadtsprecher. Möglich sei auch, die Betriebszeiten zu verlängern.
Diese Möglichkeit stellt auch Dr. Stephan von Lackum, leitender Impfarzt im Impfzentrum in Aussicht und verdeutlicht zudem: „Dadurch, dass wir derzeit keine Erstimpfen vornehmen können, werden Zeitfenster frei, die extern besetzt werden kann“, so von Lackum. Einige Anfragen zur Zusammenarbeit zwischen Mülheimer Unternehmen und dem hiesigen Impfzentrum gibt es laut von Lackum – darunter „drei Großunternehmen mit mehreren tausend Mitarbeitern, alle aus dem Lebensmittelbereich.“ Betriebe, die noch Bedarf haben an Impfungen übers Impfenzentrum, sollen sich laut Stadtsprecher Wiebels mit der Feuerwehr als Verbindung setzen, die die Einsätze koordiniere.
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Dass das Mülheimer Impfzentrum eine Kooperation mit Betriebsärzten eingehen kann, hat das Land vergangene Woche per Erlass entschieden. Der entsprechende Erlass regele auch die Kostenübernahme durch das Land. Die Abstimmung sei notwendig gewesen, weil die Betriebsarzt-Impfungen eine Aktion des Bundes sind, das Land aber die Regie hat über die kommunalen Impfzentren. Der Erlass regelt zudem, dass für betriebliche Impfungen ausschließlich die Kapazitäten genutzt werden können, die nicht für den Regelbetrieb gebraucht werden. Der Regelbetrieb in den Impfzentren habe Vorrang. Der bestellte Impfstoff dürfe nicht an Personen verabreicht werden, die nicht im beauftragenden Betrieb beschäftigt sind, so der Erlass.