Mülheim. Seit des Shutdowns ist der Verkehr in Mülheim weniger geworden. Das Landesumweltamt erklärt, welche Auswirkungen das auf unser Stadtklima hat.

A40, Aktienstraße oder Tourainer Ring: Wo sich sonst die Autos stauen, haben Fahrer seit fast sechs Wochen freie Fahrt. Welche Auswirkungen hat das auf die Umwelt? Sinken die Schadstoffwerte, hat sich die Luftqualität seit den Corona-Einschränkungen in Mülheim verbessert?

Feinstaub- und Stickoxid-Werte sind vor allem zu Stoßzeiten gesunken

Diese Fragen sind nicht so einfach zu beantworten. Denn: "Um zu beurteilen, ob der verringerte Verkehr einen Einfluss auf die Luftqualität in Mülheim hat, fehlen uns die Langzeitwerte", erklärt Birgit Kaiser de Garcia, Sprecherin des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW, kurz Lanuv. Erst der Jahresmittelwert werde zeigen, ob die Einschränkungen signifikante Verbesserungen der Luftqualität gebracht haben. Dies hänge natürlich auch von der weiteren Dauer der Einschränkungen ab.

Aber: "Dort, wo wir in den vergangenen Jahren Grenzwertüberschreitungen gemessen haben, war fast ausschließlich der Kfz-Verkehr der maßgebliche Verursacher der Emissionen", sagt Birgit Kaiser de Garcia. Im Moment finde deutlich weniger Verkehr auf den Straßen statt, deshalb gebe es auch weniger verkehrsbedingte Emissionen - also vor allem Feinstaub und Stickstoffoxide. "Dort, wo wir sonst in den Hauptverkehrszeiten besonders hohe Belastungsspitzen im Tagesverlauf messen, fallen die Werte zurzeit niedriger aus."

Lanuv betreibt Dauermessstation in Styrum

Das Lanuv betreibt seit 1979 eine Dauermessstation in einem Styrumer Wohngebiet, in der Nähe befinden sich die A40, die B223 und ein Gewerbegebiet. Stündlich werden dort die Werte von Stickstoffmonoxid (NO), Stickstoffdioxid (NO2), Feinstaub (PM10) und Ozon (O3) in der Luft gemessen. Außerdem werden Windrichtung und -geschwindigkeit erfasst. Denn die Wetterlage beeinflusst die Luftqualität enorm: Ist es windig oder regnet es stark, fallen die Feinstaub-Messwerte entsprechend geringer aus als bei trockenem, windstillem Wetter. Hinzu kommen zudem Einträge von Feinstaub aus anderen Quellen, etwa der Landwirtschaft, die mit einbezogen werden müssen.

Erste Anhaltspunkte, die für eine Verbesserung der Luft sprechen, liefern die Messergebnisse des Lanuv, die auf deren Webseite abrufbar sind. Für Mülheim zeigen die Daten: In der Woche ab dem 18. März 2019 wurde ein Wochen-Durchschnittswert von 34,8 Mikrogramm Stickstoffdioxid pro Kubikmeter Luft gemessen, in den darauffolgenden Wochen liegen die durchschnittlichen Werte bei 28 beziehungsweise 24,9 und 22,7 Mikrogramm.

In der Woche des Shutdowns ab dem 16. März sind die Stickstoffdioxid-Werte in Mülheim insgesamt niedriger, nämlich im Durchschnitt bei 19,4 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft. In der darauffolgenden Woche ab dem 23. März sogar nur noch bei 14,9 Mikrogramm. Ab dem 30. März aber wieder bei 23,4 Mikrogramm, in den darauffolgenden zwei Wochen pendelt sich der Wert bei 21,6 Mikrogramm ein.

Stunden- und Tageswerte haben wenig Aussagekraft

Birgit de Garcia weist jedoch darauf hin, dass Wochen-, Tages- und Stundenwerte nur wenig Aussagekraft haben. "Auf die Belastung wirken auch immer mehrere Einflussfaktoren, wie Windverhältnisse, Luftfeuchtigkeit, Niederschläge." Deshalb sei es so schwierig, eine Prognose abzugeben.

Aber auch wenn der Zeitraum noch zu kurz ist, "eine Reduzierung von Emissionen durch weniger Verkehr und weniger Industrieprozesse hat grundsätzlich immer einen positiven Effekt auf die Luftqualität und auf die Menge der Treibhausgase", heißt es in einer Erklärung des Bundesumweltamtes zum Thema.

INFO:

- Weitere Messstationen des Lanuv gibt es in Mülheim an der Aktienstraße und an der Kölner Straße. Bei diesen handelt es sich um Passivsammler, kleine Röhrchen, die an viel befahrenen Straßen hängen und Schadstoffe aus der Luft aufnehmen und anreichern. Diese werden in regelmäßigen Abständen eingesammelt und im Labor analysiert. Aus diesen Daten wird jeden Monat ein Mittelwert für Stickstoffdioxid errechnet. Dieses Verfahren steht häufig in der Kritik, da die wenigen Werte für eine realistische Einschätzung der Luftqualität nicht ausreichten, sagen Kritiker.

- Für den Monat März 2020 hat das Lanuv bislang noch keine aktuellen Werte der Passivsammler veröffentlicht. Die letzten Daten im Zeitraum vom 4. Februar bis zum 5. März lagen bei 24 Mikrogramm Stickstoffdioxid pro Kubikmeter Luft an der Kölner Straße und 32 Mikrogramm/Kubikmeter an der Aktienstraße.