Mülheim. Ein Ganter bewacht sein Nest am Mülheimer Leinpfad. Es gab eine Beschwerde bei der Stadt, die Warnschilder aufhängt. Passanten werden angezischt.

Beherrschen zwei Gänse den Leinpfad an der Ruhr in Höhe des Thyssenparks? Eine Beschwerde beim Mülheimer Ordnungsamt hat in der letzten Woche dazu geführt, dass dort schon von der Stadt Schilder aufgestellt wurden, die die Passanten vor den dort brütenden Gänsen warnen. Offenbar reagiert vor allem der Ganter aggressiv auf Spaziergänger.

Eine friedliches Zusammenstehen ist offenbar möglich, wenn sich Passanten dem Nest nicht nähern. Der Ganter passt am Leinpfad auf seine Familie auf.
Eine friedliches Zusammenstehen ist offenbar möglich, wenn sich Passanten dem Nest nicht nähern. Der Ganter passt am Leinpfad auf seine Familie auf. © FUNKE Foto Services | Oliver Müller

Ein Jogger habe sich letzte Woche über den Angriff zweier Gänse auf dem Leinpfad am Thyssenpark beklagt, bestätigte auf Anfrage Kerstin Kunadt, die stellvertretende Leiterin des Ordnungsamtes. Ein Mitarbeiter sei bereits vor Ort gewesen und habe auch das Gelege der Gänse gefunden, das nahe am Leinpfad liegt. Warnschilder „Vorsicht, brütende Gänse“ seien aufgestellt worden, um die Passanten zu warnen. Die Schilder waren am Montag offenbar entfernt worden, sollen laut Stadt aber schnell wieder dort aufgehängt werden. Dennoch: Die Gänse brüten jetzt, es gilt die Schonzeit. Gesperrt ist der Leinpfad an dieser Stelle noch nicht, aber das sei eine Option, so das Ordnungsamt.

Jogger wurde in Mülheim von zwei Gänsen am Leinpfad angegriffen

Einige Passanten laufen wohl auch schon freiwillig den Umweg durch den Thyssenpark, weil sie bereits unliebsame Bekanntschaft mit den Gänsen gemacht haben. Das berichtet der Mülheimer Dieter Strathaus, der im Umfeld täglich mit seinem Hund spazieren geht. Erst am Samstag habe er einen kleinen Jungen beobachtet, den eine Gans angegriffen habe. Der Junge hatte einen kleinen Hund dabei. Eine andere, ihm bekannte Hundebesitzern habe dort ebenfalls schlechte Erfahrungen gemacht – auch hier griff die Gans die Spaziergängerin an, sagt Strathaus. „Das geht gar nicht“, meint er. „Die Gans ist so aggressiv, da traut sich schon keiner mehr herzugehen.“ Der Stadtverwaltung waren am Montag keine weiteren Beschwerden bekannt geworden.

Angriff aus der Luft

Joggern und Spaziergängern kann es auch passieren, dass sie in der Brutzeit unvermittelt von einem Bussard angegriffen werden, erklärt Elke Brandt vom Nabu Ruhr.

Bussarde brüten in Bäumen und können sich dabei auch von „Fußgängern“ gestört fühlen, erklärt die Vogelexpertin, dann fliegen die Greifvögel auf die vermeintlichen Angreifer zu. „Die Bussarde verteidigen ihr Revier.“

Die angreifende Gans dürfte der Ganter sein, sagt Elke Brandt, die stellvertretende Vorsitzende des Nabu Ruhr. „Die Brutzeit ist eine Ausnahmezeit zum normalen Verhalten“, erklärt die ausgewiesene Mülheimer Vogelexpertin. Auch von Hunden fühlen sich Gänse angegriffen. Bei Gänsepaaren sitze die Gans auf den Eiern und der Ganter passe auf. „Wer dem Nest zu nahe kommt, der wird angegriffen.“ Wenn beide Vögel den Jogger angegriffen hätten, dann sei wohl das Gelege noch nicht komplett gewesen. „Je näher der Schlüpftermin für die Jungen rückt, umso länger sitzt die Gans auf dem Gelege.“ Junge Gänse sind Nestflüchter, sie folgen nach dem Schlüpfen sofort den Eltern. Deshalb mache es Sinn, wenn alle gleichzeitig aus ihrem Ei kommen.

Vogelexpertin rät: Die Tiere nicht beachten und zügig am Nest vorbeigehen

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Dass Ganter, die ihr Nest verteidigen, höchst beeindruckend sind, das hat Elke Brandt selbst schon bei einer Kartierungsaktion erlebt, als sie versehentlich einem Gelege zu nahe kam. „Der Ganter richtet sich auf, schlägt mit den Flügeln und schnattert laut“, sagt sie, „da kann man sich schon ziemlich erschrecken.“ Das gelte auch für Schwäne, die ebenfalls aggressiv reagierten, wenn man ihrer Brut zu nahe komme. Elke Brandts Tipp: Das Nest gar nicht beachten und zügig dran vorbeigehen. Und möglichst „teilnahmslos gucken“, rät sie, denn: „Das Fixieren gilt bei manchen Arten schon als indirekter Angriff.“ Wobei Gänse nicht sofort angreifen, sondern erst mal drohen, erklärt Elke Brandt: „Die machen ihren Hals ganz lang, fast waagerecht, und zischen“, erklärt sie. Diese Drohung sollte man ernst nehmen und sich zurückziehen.

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Gänse beginnen mit dem Brüten in diesen Tagen, im April/Mai schlüpfen dann die Küken. Es dauert rund drei Wochen, bis die Jungen aus den Eiern geschlüpft sind, erklärt Elke Brandt. Dann verlassen die Jungen mit den Eltern das Nest und kommen auch nicht mehr zurück, sagt sie. Spätestens also, wenn der Gänse-Nachwuchs am Leinpfad endlich geschlüpft ist, dürften sich die Gänse von dort auch wieder zurückziehen.