Mülheim. . An der Mintarder Straße wurden Kanadagänse gejagt, Radler erschreckten sich. Mülheimer Jäger handeln in Absprache mit der Stadtverwaltung.

  • Seit dem 16. Juli und noch bis 31. Januar ist Jagdsaison für Gänse, deren Zahl die Stadt kleinhalten will
  • Die Stadt stimmt sich mit den Jägern ab, rund 140 Abschüsse von Kanadagänsen gibt es im Jahr
  • Die Mintarder Aue unterhalb vom Auberg ist ein klassisches Jagdgebiet

Ein Radausflug an einem Sommerabend endete für eine Frau aus Saarn und ihren Begleiter mit einem Schock. Sie berichtete dieser Zeitung, dass sie am Mittwoch der Vorwoche auf dem Radweg an der Mintarder Straße zwischen Staader Loch und Haus Kron Richtung Saarn fuhr, als dort mehrere Jäger in Höhe des Campingplatzes auf Kanadagänse schossen. „Plötzlich fiel auf der linken Seite ein Schuss, dann ging das Geballer direkt über unseren Köpfen los“, berichtet die Frau, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. „Wir waren total nah dran, ich fühlte mich bedroht.“ Das sei um 20, 20.30 Uhr geschehen, und der Radweg auf dem Damm sei belebt gewesen mit Radlern, Joggern, Fußgängern. „Wie kann das sein, wie wird das geregelt?“ fragt sie.

Seit dem 16. Juli und noch bis 31. Januar ist Jagdsaison für die Gänse, deren Zahl die Stadt kleinhalten will. Unter anderem, weil es immer wieder Beschwerden über Verkotung gibt, wenn sich die großen Vögel ausgerechnet Parkanlagen oder Fußballplätze zum Verweilen aussuchen. „Das Ganze war rechtens, ohne Einschränkung“, betont Stadtsprecher Volker Wiebels, die Mintarder Aue unterhalb vom Auberg sei klassisches Jagdgebiet. Die Vögel würden vom Himmel geschossen, für Menschen bestehe keine Gefahr für Leib und Leben. Die Stadt als Untere Jagdbehörde stimmt sich mit den Jägern ab, rund 140 Abschüsse von Kanadagänsen gebe es im Jahr im Stadtgebiet, worüber Jagdpächter Nachweise führen müssten. Das Jagdrecht übe der jeweilige Jagdpächter in Eigenverantwortung aus.

Eigenverantwortung wird ernst genommen

Die wird ernst genommen, versichert Anke Gleichmar, Sprecherin der Mülheimer Kreisjägerschaft, die betont, dass die Jagd polizeilich angemeldet war. Sie weiß, dass die Geräusche gewöhnungsbedürftig sind. „Manchmal ist das krass, weil es Leuten fremd geworden ist.“ Anders, als bei einer Drückjagd (etwa auf Rehe) wird bei der Jagd auf Gänse aber nicht ausgeschildert. „Man kann das nicht so hermetisch abriegeln“, sagt sie. „Es handelt sich dort um normales Jagdrevier und keinen befriedeten Bereich, wo andere Auflagen gelten.“ Jäger hätten nicht die Absicht, Leute zu erschrecken und seien so ausgebildet, dass kein Risiko eingegangen werde.

Die Radlerin aus Saarn hatte an jenem Abend beobachtet, dass eine abgeschossene Gans nur verletzt war und versuchte, sich in die Ruhr zu flüchten. Was geschieht mit dem Tier? Schrotbeschuss führe in der Regel zum Schocktod, erklärt die Jägerin. Wenn eine Gans aber den Abschuss überlebe, dann „wird sie gesucht, bis sie gefunden wird“, betont Anke Gleichmar. „Und wenn der Hund gerade beschäftigt ist, muss der Jäger eben selbst hinterher.“ Keine Gans müsse sich lang quälen.

Unterschiedliche Auffassung

Über die Notwendigkeit, Kanadagänse, die von Natur aus nicht an der Ruhr heimisch sind, zu bejagen, gibt es unterschiedliche Auffassungen. Während die Stadt auf Abschuss setzt, um eine unkontrollierte Vermehrung zu verhindern, sagen Vogelkundige wie Patrick Kretz von der nordrhein-westfälischen Ornithologengesellschaft: Wenn ein Maximum erreicht ist, verbreiten sich die Tiere im Stadtgebiet nicht weiter. Die Zahl bleibe gleich, auch wenn sie geschossen werden. „Die Gänse passen sich sofort an und versuchen, den Brutausfall im nächsten Jahr zu kompensieren.“

>> 420 Tiere im Jahr 2015

In Mülheim leben laut nordrhein-westfälischer Ornithologengesellschaft ca. 400 Gänse. 2015 wurden 420 Tiere gezählt und am 7.7.2017 genau 399.

2016 wurden nur 236 gezählt, auf dem Essener Baldeneysee gab es aber 160 Vögel mehr. Die Wiesen wurden wegen der Witterung erst spät gemäht, so mussten die Tiere woanders grasen.