Mülheim. Schule, Corona, Winter: Bislang hat noch niemand Erfahrung mit dieser brisanten Kombination. Mülheim setzt auf klassisches Lüften. Ob das reicht?

Schüler und Lehrer haben sich für zwei Wochen in die Herbstferien verabschiedet - danach dürfte es kühler und ungemütlicher werden. Denn in Corona-Zeiten droht ein Winter der offenen Fenster, auf den sich niemand freut. Zwei Beispiele aus der Stadt, eine kleine Schule und eine große:

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An der Luisenschule werden die Räume nicht nur in den Pausen durchgepustet: „Wir haben uns dazu entschieden, dass wir alle 15 Minuten für fünf Minuten stoßlüften“, erklärt Schulleiterin Heike Quednau. Die Kinder der Klassen fünf bis sieben legen in der Mitte jeder Unterrichtsstunde eine Maskenpause im Schulgarten ein. Die Größeren können nach draußen gehen. In den Herbstferien will die Luisenschule entscheiden, ob das schulinterne Maskengebot weiter gelten soll. „Ich gehe zum jetzigen Zeitpunkt davon aus“, meint die Schulleiterin.

Grundschulsprecher: „Wohlfühltemperatur werden wir nicht erreichen“

Die Kinder der Schildbergschule werden alle 20 bis 30 Minuten mit frischer Luft konfrontiert, etwa fünf Minuten lang. Wie das im Winter funktionieren soll, weiß Schulleiter Andreas Illigen noch nicht, der zugleich als Sprecher der Mülheimer Grundschulen fungiert: „Es gibt keine verbindlichen Absprachen“, sagt er, „wir sind alle etwas ratlos, denn wir können ja nicht bei Minusgraden am offenen Fenster sitzen.“ Seine Prognose für den Winter lautet: „Wohlfühltemperatur werden wir nicht erreichen.“ Und das eisige Lüften, fürchtet er, werde den Unterrichtsablauf massiv beeinflussen.

Großeinkauf der kleinen Stadt Neukirchen-Vluyn

In den allermeisten Städten läuft der Schulbetrieb weiterhin ohne CO2-Messgeräte oder andere technische Vorkehrungen.

Eine Ausnahme bildet die kleine Kommune Neukirchen-Vluyn: Dort hat die Stadt jetzt mobile Luftreinigungsgeräte für alle Schulen und städtischen Kitas bestellt. Sie sollen in den Herbstferien damit ausgestattet werden, zu einem Gesamtpreis von rund 370.000 Euro.

Produziert werden die Geräte von der örtlichen Firma Trox. Sie verspricht, dass die Filter 99,95 Prozent der Aerosole abfangen.

„Hilfreich wären CO2-Ampeln für die Klassenräume“, meint Illigen. Tatsächlich gelten diese als nützlich mit Blick auf das Infektionsrisiko, denn eine erhöhte CO2-Konzentration in der Luft lässt auf entsprechend viele ausgeatmete Aerosole schließen. Forderungen, die Schulen mit CO2-Ampeln auszustatten, gab es aus diesem Grund auch von der Gewerkschaft GEW.

Auch der Corona-Krisenstab der Stadt hat sich mit dieser Idee schon beschäftigt. Nach Schätzungen von Frank Buchwald, Leiter des städtischen Immobilienservice, landet man allerdings bei einer satt sechsstelligen Investition: Pro Gerät müssten inklusive Montage 300 bis 400 Euro veranschlagt werden, und dies mal tausend für jeden Klassen- und Fachraum, für jedes Lehrerzimmer.

„Wie Kalorienzähler“: Stadt will kein Geld für CO2-Messgeräte ausgeben

Die Stadt hat es letztlich abgelehnt, 300.000 bis 400.000 Euro für CO2-Ampeln auszugeben. Der Abteilungsleiter für Infektionsschutz im Gesundheitsamt, Frank Pisani, nennt sie „ganz nett“, aber mehr auch nicht: „Diese Messgeräte sind wie Kalorienzähler: Man guckt einmal drauf, aber wenn man die Werte verinnerlicht hat, dann nicht mehr.“

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Überprüft wurden die Fenster in den Schulgebäuden: Alle sind gängig, alle lassen sich öffnen, und darauf kommt es an. Denn Mittel der Wahl bleibt weiterhin gründliches Lüften nach jeder Unterrichtsstunde, zehn Minuten lang: „Notfalls kann die Schulstunde verkürzt, die Pause etwas verlängert werden“, so Pisani. In einem Punkt aber will die Stadt ihre Infektionsschutz-Strategie überdenken: „Wir wollen die Ferienzeit nutzen, um zu besprechen, ob wir mit Quarantäne künftig anders umgehen.“ Dazu soll die bisherige Statistik ausgewertet und auf dieser Grundlage entschieden werden.

Strenge Quarantäne-Regeln werden in den Herbstferien überprüft

Bislang war das Mülheimer Gesundheitsamt vergleichsweise streng: Seit Anfang September die Maskenpflicht an den weiterführenden Schulen aufgehoben wurde, gelten alle Mitschüler in der Klasse oder im Kurs als direkte Kontaktpersonen. Wenn eine Corona-Infektion auftritt, müssen alle in Quarantäne und können diese nach frühestens fünf Tagen und einem negativen Test verlassen. Einige Eltern hatten die verschärften Quarantäne-Vorschriften kritisiert: Sie seien ungerecht gegenüber allen Kindern und Jugendlichen, die weiterhin freiwillig mit Maske im Unterricht sitzen.

Andere Städte, etwa Essen, haben Quarantänen im Bereich der weiterführenden Schulen bisher in der Regel nur für die unmittelbaren Sitznachbarn angeordnet. Die striktere Regelung in Mülheim sollte vorerst nur bis zu den Herbstferien gelten. Man darf also gespannt sein, für welchen Weg die Stadt sich entscheidet.