Mülheim. Corona: Die Sieben-Tage-Inzidenz in Mülheim war zuletzt auffällig. So sieht das Gesundheitsamt die Lage und den Schulbetrieb nach den Ferien.

Im deutschlandweiten Vergleich ist der Wert der Sieben-Tage-Inzidenz für Infektionen mit dem Coronavirus in den vergangenen Wochen in Mülheim derart hochgegangen, dass die Ruhrstadt laut Daten des Robert-Koch-Institutes bis auf Platz sechs des Rankings aller deutschen Städte und Kreise geklettert war. Eine Einordnung.

Im Mülheimer Diagnosezentrum am Saarner Kirmesplatz wird weiter nur anlassbezogen auf den Coronavirus getestet. 4570 Proben wurden bislang in Mülheim genommen. Die Stadt zählt 281 bekannte Corona-Fälle.
Im Mülheimer Diagnosezentrum am Saarner Kirmesplatz wird weiter nur anlassbezogen auf den Coronavirus getestet. 4570 Proben wurden bislang in Mülheim genommen. Die Stadt zählt 281 bekannte Corona-Fälle. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

In den vergangenen Wochen hat Mülheim diese Entwicklung genommen, weil es Tag für Tag mehrere neue Infektionen gab. Der Wert der Sieben-Tage-Inzidenz war dementsprechend angestiegen. Der Wert gibt die Corona-Fälle der vergangenen sieben Tage pro 100.000 Einwohner wieder. Der NRW-Landesregierung dient sie als Richtschnur, ob womöglich ein erneuter, dann lokal begrenzter Lockdown zu verhängen ist: Überschreitet die Inzidenz den Grenzwert von 50, kommt ein Lockdown infrage.

Mülheim zählte tagelang zu Top Ten der Kommunen mit der stärksten Ausbreitung

Bei 12,8 lag dieser Wert am Montag, als Mülheim wie in den Tagen zuvor zu den zehn deutschen Städten und Kreisen mit den höchsten Werten zählte. Die Rangliste führt seit dem Ausbruch in der Fleischfabrik Tönnies weiter der Kreis Gütersloh an. Am Dienstag lag der Wert dort bei 35,4. In Mülheim war er derweil auf 8,8 gesunken, so dass Mülheim aus den zehn am meisten betroffenen Kommunen rutschte, weiterhin aber bundesweit auf dem 18. Platz rangierte – gleichwohl noch hinter den NRW-Städten Düsseldorf (22,4), Duisburg (21,7), Dortmund (12,1) und Hamm (8,9).

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Während einige Leser beunruhigt sind ob der Zahlen, gab sich Frank Pisani, Abteilungsleiter für Infektionsschutz im Mülheimer Gesundheitsamt, am Dienstag weiter entspannt. Es sei keine Dynamik in Mülheim zu erkennen. „Die meisten Fälle sind Zufallsbefunde, Expositionen am Arbeitsplatz oder Ausbrüche in Großfamilien. Grund zur Besorgnis gibt es nicht, da es in Mülheim keinen Hot Spot gibt. Weiterhin gibt es auch keine Ausbrüche in Gemeinschaftseinrichtungen“, sagte er auf Anfrage dieser Redaktion. Die steigenden Zahlen beruhten auf den Lockerungen und dem „zunehmend laxen Umgang der Bürger mit den Hygieneregeln“.

Experte im Gesundheitsamt sieht nur geringe Gefahr für Lockdown

So beurteilt Pisani die Gefahr eines Lockdowns für Mülheim als „eher gering“, da es in Mülheim keine anfälligen Großindustrien mit etwa fleischverarbeitenden Betrieben gebe. „Selbst wenn wir an die Schwelle eines Lockdowns kommen, sollte zügiges Gegensteuern mit mildernden Maßnahmen, wie zum Beispiel Kontaktverboten, zu einer Abwendung eines Lockdowns führen“, ist er zuversichtlich.

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Gleichwohl waren nach der Öffnung der Schulen mehrere Mülheimer Grundschulklassen in Quarantäne geschickt worden, angefangen mit Viertklässlern der Martin-von-Tours-Schule. Betroffen waren auch die Grundschulen Brüder Grimm und Heinrichstraße sowie die Willy-Brandt-Gesamtschule. Eltern blicken mitunter in großer Sorge auf den Schulstart nach den Ferien.

Stadt rechnet nicht mit Ausbrüchen in Schulen und Kitas

Stadt meldet das 13. Todesopfer mit Corona-Infektion

Am Dienstag vermeldete die Stadt das 13. Todesopfer mit einer Corona-Infektion. Laut Angaben der Verwaltung handelte es sich dabei um eine Frau im Alter von über 80 Jahren und mit Vorerkrankungen.

Im Gegensatz etwa zur Nachbarstadt Duisburg verzichtet die Stadt Mülheim weiter auf Reihentestungen. „Wir testen vergleichbar viel zu anderen Städten“, sagt Frank Pisani vom Gesundheitsamt gleichwohl. Anlasslose Reihentestungen in anderen Städten hätten aber keine nennenswerte Anzahl an Infektionen aufdecken können. „Ich denke, dass wir aktuell mit den anlassbezogenen Testungen auf einem guten Weg sind.“

Aktuell befinden sich laut Pisani immer noch einige Schüler und Lehrer in Quarantäne. Es seien aber keine weiteren Infektionen innerhalb der Schulen nachgewiesen worden. Für Pisani ein interessanter Fakt, seien in den Grundschulen doch die Abstandsregeln vom Schulministerium Ministerium aufgeweicht worden. Dass es hier keine weiteren Infektionen gegeben habe, werde künftig „sicherlich unsere Entscheidungen über Quarantänemaßnahmen beeinflussen“, deutete er an, dass womöglich nicht immer gleich eine ganze Schulklasse in zweiwöchige Quarantäne geschickt wird, wenn ein Corona-Fall im Umfeld bekannt wird.

„Nach den Erfahrungen, die wir bisher in Schulen gewinnen konnten, gehe ich nicht von Ausbrüchen in Schulen und Kitas aus“, sagt Pisani. Er rechne mit vereinzelten positiv getesteten Schülern und „den damit einhergehenden Quarantänen“. Eine Infektion innerhalb von Schulen sei eher auszuschließen, da jede Schule über Hygienekonzepte verfüge, die Ausbrüche verhindern sollen. Er hoffe, dass die bisher gute Zusammenarbeit mit Schulen und auch Kitas nach den Sommerferien ihre Fortsetzung finde.

Tipp an Bürger: Abstandsregeln nicht aus den Augen zu verlieren

Den Bürgern rät Pisani, die Hygiene und die Abstandsregeln nicht aus den Augen zu verlieren. Wer jetzt in den Urlaub aufbreche, sollte vor Reiseantritt die Seiten des Auswärtigen Amtes studieren. Hilfreich sei auch ein Blick auf die Webseiten der ausländischen Vertretungen und des Robert-Koch-Institutes.