Herne. Als letzte Revierstadt kommen Stolpersteine, kleine Gedenktafeln aus Messing, auch nach Herne. Im Rat gab es viel Lob - für eine Partei.
Der Rat sagt Ja: Mit Herne bekommt auch die letzte Stadt im Ruhrgebiet „Stolpersteine“. Auf Vorschlag der Grünen entschied sich der Rat einstimmig für die Verlegung der kleinen, quadratischen Gedenktafeln aus Messing, die vor Wohnhäusern von Nazi-Opfern ins Pflaster eingesetzt werden.
„Es ist ein Projekt gegen das Vergessen“, sagte Grünen-Ratsfrau Tina Jelveh am Dienstag, 23. April, als sie im Rat für den Antrag ihrer Fraktion warb. Das Stolpersteine-Projekt, 1992 vom Künstler Gunter Demnig ins Leben gerufen, soll allen Nazi-Opfern ihren Namen zurückgeben, neben Juden auch Sinti und Roma, politisch oder religiös Verfolgte, Behinderte, Obdachlose, Prostituierte, Deserteure sowie Menschen, die aufgrund ihrer sexuellen Orientierung verfolgt wurden. Verlegt wurden inzwischen bereits über 100.000 solcher Steine in zahlreichen europäischen Ländern.
Die Stolpersteine, so Jelveh, seien „ein Beitrag zur Erinnerungskultur“ in Herne und machten „Gräueltaten im gesamten Stadtbild sichtbar“. Die Jüdische Gemeinde Bochum-Herne-Hattingen habe sich auf Anfrage der Fraktion für Stolpersteine ausgesprochen, berichtete sie. Die stellvertretende Grünen-Fraktionschefin warb dafür, auch bei diesem Projekt, wenn es angenommen werde, die Schulen mit ins Boot zu holen.
Herne: Viele Lob für den Antrag
Bei den Fraktionen und Gruppen rannten die Grünen offene Türen ein. Der Vorstoß sei „hervorragend“, sagte SPD-Fraktionschef Udo Sobieski. Herne sei bei der Aufarbeitung der Gräueltaten durch die Nazis zwar bereits „gut aufgestellt“, sagte er und verwies auf das ehemalige Polizeigefängnis, das zu einem Erinnerungsort ausgebaut werden soll. Die Stolpersteine seien aber eine „sinnvollen Ergänzung“ der Herner Erinnerungskultur. Ähnlich äußerste sich Christoph Bußmann, Fraktionsvorsitzender des Koalitionspartners CDU.
Auch interessant
Laut Thomas Bloch (FDP) ist es „allerhöchste Zeit“, dass die Steine auch nach Herne kommen. Das meinte auch Veronika Buszewski, Fraktionschefin der Linken. Erinnerungskultur, sagte sie, „muss immer wieder mit neuem Leben gefüllt werden“. Am Ende stimmten alle 58 Ratsvertreterinnen und -vertreter für den Grünen-Antrag.
+++ Nachrichten aus Herne - Lesen Sie auch: +++
- Müllabfuhr: Abfuhrtermine verschieben sich wegen Feiertag
- „Extreme Defizite“: Herne fehlen auch künftig OGS-Plätze
- Herner Schüler (18) wegen Vergewaltigung verurteilt
Auch die Stadt Herne begrüßte die Initiative der Grünen. Er stehe „voll dahinter“, sagte Hernes Kulturdezernent Andreas Merkendorf zuletzt zur WAZ. Stolpersteine passten gut in die heutige Zeit. Sie gäben dem Betrachter oder der Betrachterin Gelegenheit, um innezuhalten und nachzudenken. Damit hat sich auch im Rathaus eine Kehrtwende vollzogen. Der ehemalige Oberbürgermeister Horst Schiereck hatte Stolpersteine noch abgelehnt. Durch Stolpersteine werde auf den NS-Opfern buchstäblich herum getreten, lautet eine Hauptkritik von Gegnerinnen und Gegner dieses Projekts. Dieser Kritik schloss sich Schiereck an: „Man hat zwischen 1933 und 1945 das Leben der jüdischen Bevölkerung mit Füßen getreten“ - so begründete er vor zehn Jahren sein Nein.