Herne. Gab es in der Überwachung der Asbestentsorgung bei Herner Glas Versäumnisse durch die Behörden? Was die Stadt sagt, warum die Politik Kritik übt.

Wegen Verstößen bei der Entsorgung hochgiftigen Asbests hatte die Bezirksregierung Arnsberg im Sommer 2023 die Abrissarbeiten auf dem früheren Areal von Herner Glas für mehrere Wochen stillgelegt. Gesundheitliche Folgen für die von der Abrissfirma eingesetzten Mitarbeiter seien nicht auszuschließen, für die Anwohnerinnen und Anwohner habe jedoch keine Gefahr bestanden, so die damalige Botschaft der Bezirksregierung und der Stadt. Im Herner Umweltausschuss ging es nun darum, ob den Behörden Fehler und Versäumnisse vorzuwerfen sind. Nicht alle Zweifel wurden ausgeräumt.

Zwei Kritikpunkte führte Gerhard Kalus (Grüne) an, der die Verstöße auf dem Gelände Am Trimbuschhof im November im Umweltausschuss nach Hinweisen aus der Bevölkerung öffentlich gemacht hatte. Zum einen: Bei einer derart großen Baustelle wie Herner Glas und aufgrund der Kenntnis über Asbestbelastungen hätten die Stadt und die Bezirksregierung als zuständige Behörden „engmaschiger“ kontrollieren müssen. Nur dank der Wachsamkeit von Anwohnerinnen und Anwohnern seien die Vergehen überhaupt entdeckt worden. Und: Kalus warf der Stadt vor, seine erste Anfrage im Umweltausschuss sehr allgemein und verharmlosend beantwortet zu haben. Das Wort „Asbest“ sei in den Antworten nicht einmal erwähnt worden.

Zur Erinnerung: Das Ausmaß der Verstöße und die zwischenzeitliche Stilllegung der Baustelle durch die Behörden war erst durch nachträgliche Anfragen der Grünen in Arnsberg sowie der WAZ bei Stadt und Bezirksregierung öffentlich bekannt geworden. Die für den Arbeitsschutz zuständige Aufsichtsbehörde der Bezirksregierung berichtete zudem, dass es beim Rückbau zu einem Arbeitsunfall gekommen sei: Ein Arbeiter war bei der Vorbereitung der Asbestsanierung durch eine Dachlichtkuppel gestürzt. Gegen die verantwortliche Firma wurde ein Bußgeld verhängt und ein Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet.

Gerhard Kalus, Mitglied der Grünen im Umweltausschuss, machte nach Hinweisen aus der Bevölkerung die Verstöße öffentlich.
Gerhard Kalus, Mitglied der Grünen im Umweltausschuss, machte nach Hinweisen aus der Bevölkerung die Verstöße öffentlich. © Grüne | Hartmut Bühler

Die Verwaltung wies nun im Umweltausschuss zurück, dass es ihrerseits Versäumnisse bei der Kontrolle der Groß-Baustelle gegeben haben. Bei der Überwachung bestehe eine klare Trennung der Aufgaben: Die Bezirksregierung sei für den Arbeitsschutz zuständig, die Stadt für die fachgerechte Entsorgung des hochgiftigen Materials, so Daniel Wirbals vom Fachbereich Umwelt und Stadtplanung.

Das Verfahren sei bei der Stadt wie üblich abgelaufen: Nach Erhalt der Abbruchanzeige habe man Kontakt zum Antragsteller für den Abbruch aufgenommen und ihn über die gesetzlichen Anforderungen informiert. Die Abbruchfirma habe anschließend alle notwendigen Zertifikate vorgelegt, auch das zur Entsorgung der bei Herner Glas verbauten Asbestplatten.

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„Dass Arbeiten auf Baustellen dann nicht sachgerecht durchgeführt werden, können wir nicht verhindern. So etwas wird immer mal wieder vorkommen“, so Wirbals. Der personelle Aufwand für engmaschigere Kontrollen sei einfach zu groß. Bei Verstößen sei es „ein guter Weg“, wenn Bürgerinnen und Bürger die Behörden informierten. Das habe bei Herner Glas ja auch funktioniert. Fachbereichsleiter Achim Wixforth betonte: „Die Behörden arbeiten gut Hand in Hand. Die Fehler passieren auf der anderen Seite, nicht bei uns.“

Alle Zweifel und Kritikpunkte konnte die Stadt bei den Grünen und auch bei Barbara Merten (CDU) nicht ausräumen. Die Antworten seien nicht zufriedenstellend, sagte die CDU-Stadtverordnete. In der Vergangenheit habe es auch an anderen Baustellen unsachgemäße Asbestentsorgungen gegeben, zum Beispiel an der Vödestraße. „Die Sensibilität müsste größer sein“, so Merten an die Adresse der Stadt.