Herne. Beim Abriss von Industriehallen ist Asbest nicht ordnungsgemäß entsorgt worden. Welche Folgen das hat, um welches Herner Gelände es geht.
Bei den Abrissarbeiten der Gebäude von Herner Glas ist der krebserregende Baustoff Asbest zum Teil nicht ordnungsgemäß entsorgt worden. Die Bezirksregierung Arnsberg legte die Baustelle Am Trimbuschhof zwischenzeitlich still. Für die dort eingesetzten Mitarbeiter könnten gesundheitlichen Folgen nicht ausgeschlossen werden, für Anwohnerinnen und Anwohner hätten jedoch keine Gefahren bestanden, so die Behörde.
Der Vorfall wurde öffentlich durch eine Anfrage im Umweltausschuss. Bürgerinnen und Bürger hätten beobachtet, so Gerhard Kalus (Grüne), dass bei Herner Glas möglicherweise asbesthaltige Faserzementplatten ohne Schutzvorrichtungen demontiert und zur Entsorgung verladen worden seien. Dies habe die Sorge ausgelöst, dass sich asbesthaltiger Staub und Schmutz über Luftverwirbelungen und Wind in die umliegenden Gärten verbreitet habe.
Der Verwaltung sei der Vorgang bekannt und sie sei aufgrund einer Bürgerbeschwerde eingebunden gewesen, so die Antwort der Stadt im Ausschuss. Zusätzlich sei der Arbeitsschutz der Bezirksregierung regelmäßig vor Ort gewesen. Die weiteren Antworten der Stadt auf die politische Anfrage fielen zum Unmut der Grünen nichtssagend und ausweichend aus. Nicht viel auskunftsfreudiger zeigte sich anschließend die Bezirksregierung Arnsberg, die von der WAZ zu dem Vorfall befragt wurde. Erst auf nochmalige Anfragen der WAZ an die Bezirksregierung und an die Stadt sowie einen Antrag der Grünen auf Basis des Umweltinformationsgesetzes wurden Details bekannt.
Nach Angaben der Bezirksregierung seien bei den Überprüfungen Verstöße von den ausführenden Firmen festgestellt worden, weshalb die Baustelle „im Gefahrenbereich“ für insgesamt zweieinhalb Wochen stillgelegt worden sei. Gesundheitliche Gefahren bei den dort eingesetzten Beschäftigten könnten nicht ausgeschlossen werden. „Eine unmittelbare Gefahr der Wohnbevölkerung bestand aus hiesiger Sicht nicht, da eine erhöhte Asbestfaserkonzentration lediglich im näheren Umfeld der ausgebauten Materialien zu erwarten war“, erklärt Christoph Söbbeler, Sprecher der Bezirksregierung.
Nach der „Wiederherstellung des gesetzeskonformen Zustandes“ sei der Baustopp aufgehoben worden. Bei der weiteren „engmaschigen Überwachung“ seien keinen weiteren schwerwiegenden Mängel ermittelt worden. Inzwischen seien nahezu sämtliche asbesthaltige Schadstoffe zurückgebaut und „in zugelassenen Verpackungseinheiten“ auf dem Gebäude zwischengelagert worden. Der weitere Gebäuderückbau werde weiterhin regelmäßig kontrolliert, so Söbbeler.
Beim Rückbau sei es zudem zu einem Arbeitsunfall bekommen. Bei der Vorbereitung der Asbestsanierung sei ein Arbeiter durch eine Dachlichtkuppel gestürzt. Gegen die verantwortliche Firma sei daraufhin ein Bußgeld in Höhe von 2500 Euro verhängt worden. Aufgrund der Verstöße bei der Asbestsanierung würden weitere Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet.
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Die Stadt Herne teilt der WAZ mit, dass sie die Baustelle bis zum Abschluss der asbesthaltigen Platten begleitet habe. Außerdem seien alle notwendigen Nachweise für die Entsorgung der Abfälle vorgelegt worden. Wie die Bezirksregierung kommt die Stadt zu dem Schluss, dass aufgrund der Distanz der Baustelle zur Wohnbebauung für die Anwohnerinnen und Anwohner keine Gesundheitsgefahren bestanden hätten.
Die Grünen wollen sich damit noch nicht zufrieden geben. „Für uns sind nach wie vor Fragen offen“, so Gerhard Kalus. Für die nächste Sitzung des Umweltausschusses will er deshalb eine weitere Anfrage stellen und unter anderem wissen, wie die Stadt in Herne eine ordnungsgemäße Entsorgung von mit Asbest belasteten Materialien sicherstellt.
>>> Herner Glas: Insolvenz nach 45 Jahren
- Nach über 45 Jahren musste das weltweit tätige Unternehmen Herner Glas 2016 den Betrieb einstellen. 45 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Sodinger Firma für Leuchten und Industrieglas verloren durch die Insolvenz ihren Job.
- 2018 kaufte die Herner Wirtschaftsförderung (WFG) das rund 22.500 Quadratkilometer große Areal. 2020 meldete die städtische Tochter Vollzug für die Ansiedlung von zwei Firmen. Auf einem Teilgrundstück soll die Polygonvatro Abbruchservice GmbH ansässig werden. Außerdem plant das Herner Unternehmen Reckli die Erweiterung des bisherigen Firmenstandortes. Eine dritte Ansiedlung hat sich jüngst zerschlagen: Reifen Stiebling stoppte Pläne für ein Neubauprojekt.
- Das Areal Am Trimbuschhof sei bereits im Mai 2022 an die Trimbuschhof GbR verkauft worden, so ein WFG-Sprecher zur WAZ. Man stehe dem neuen Eigentümer bei der Vermarktung beratend zur Seite, „um Flächenbedarf der Herner Wirtschaft zur Kenntnis zu geben“.
- Die Auflage zum Abriss aller Gebäude sowie zur Entfernung und fachgerechten Entsorgung des Abrissmaterials sei damals beurkundet worden. Nach Kenntnis der WFG solle der Rückbau im 1. Quartal 2024 vollständig abgeschlossen sein.