Herne. Die Erschütterungen durch die Haushaltssperre der Bundesregierung reichen bis nach Herne. Eine Baufirma spricht von einem herben Rückschlag.

Das Urteil des Verfassungsgerichts zum Klimatransformationsfonds mit der damit verbundenen Haushaltssperre, die Bundesfinanzminister Christian Lindner verhängt hat, erzeugt auch Erschütterungen beim Herner Bauunternehmen Heitkamp.

„Neue Ausschreibungen für Maßnahmen wie Brücken- und Straßenbau hat der Bund erstmal gestoppt“, sagt Heitkamp-Chef Jörg Kranz im Gespräch mit der Herner WAZ-Redaktion. Das trifft das Wanner Unternehmen empfindlich, denn über 90 Prozent seiner Aufträge kommen von Bund und Land. Der Bund müsse jedes Jahr rund 400 Brücken sanieren – für Heitkamp ein großes Potenzial für Aufträge. Kranz hatte sich gerade mit dem neuen Brücken-Schnellbausystem, das für seine Nachhaltigkeit in diesem Jahr mit dem Deutschen Brückenbaupreis ausgezeichnet worden ist, Hoffnungen auf vermehrte Aufträge gemacht.

Für Heitkamp-Chef Jörg Kranz ist die Haushaltssperre des Bundes ein herber Rückschlag.
Für Heitkamp-Chef Jörg Kranz ist die Haushaltssperre des Bundes ein herber Rückschlag. © FUNKE Foto Services | Andreas Buck

„Da jetzt alles gestoppt worden ist, haben wir die ersten Brückenbauer auf dem Hof, weil es nicht genug Arbeit gibt“, so Kranz, der mit einem Hauch von bitterer Ironie nachschiebt, dass es ja angesichts der Zahl der maroden Brücken genug Arbeit gebe für Brückenbauer. Und die Zahl der sanierungsbedürftigen Brücken in NRW sei vergleichbar mit der des Bundes. Kurzarbeit habe er aber bislang nicht angemeldet. Aber: „Wir suchen dringend Arbeit in dem Bereich, aber auch beim Straßenbau.“ Kurzarbeit wäre ein Worst-Case-Szenario. Intern würden längst Gespräche laufen, wie man mit der Situation umgeht. Heitkamp habe eine tolle und motivierte Mannschaft, jetzt gehe es darum, diese Arbeitsplätze zu sichern.

Haushaltssperre hat Erwartungen für 2024 deutlich schrumpfen lassen

Das Urteil des Verfassungsgerichts und die Haushaltsperre seien aus heiterem Himmel gekommen. In Zahlen lasse sich dieser herbe Rückschlag zwar nicht exakt bemessen, aber Kranz nennt folgende Zahlen: Im ablaufenden Jahr werde Heitkamp eine Bauleistung von etwa 150 Millionen Euro erreichen, das seien im Vergleich zu 2022 gute 15 Prozent mehr. Eigentlich habe man 2024 wieder in die Größenordnung von 2023 kommen wollen, „doch davon sind wir jetzt weit entfernt“, so Kranz. Wie es weitergeht? Ungewiss! Zumal nicht ausgeschlossen ist, dass das Verfassungsgerichtsurteil auch Auswirkungen auf den NRW-Landeshaushalt hat. Und gerade NRW habe bei seiner Infrastruktur einen riesigen Sanierungsstau.

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Immerhin hat Heitkamp mit dem Bau einer Trasse für eine Erdstromleitung einen Auftrag mit einem Volumen von rund 400 Millionen Euro an Land gezogen, das sorge natürlich für ein gewisses finanzielles „Grundrauschen“. Aber das sei reiner Erdkabel-Tiefbau und helfe nicht in den Bereichen Asphalt- und Brückenbau. Zumal das Projekt jetzt erst langsam anläuft. Und so ist Kranz’ Blick, was die Aussichten für 2024 betrifft, sehr verhalten.

Heitkamp hat das Areal des Circus Schnick-Schnack gekauft und plant Wohnungsbau

Dabei hat Heitkamp eine Ausbildungs-Offensive gestartet und zurzeit 74 Azubis im Team. „Denen wollen wir natürlich auch verlässliche Arbeitsplätze anbieten“, so Kranz. Seine Forderung: Die Politik müsse verlässlicher werden – und zwar schnell. „Ohne intakte Infrastruktur wird das mit dem Wirtschaftsstandort Deutschland nichts. Sonst haben wir Rahmede überall.“

Heitkamp hat das Grundstück gekauft, auf dem noch der Circus Schnick-Schnack ist. An dieser Stelle kann sich Jörg Kranz Wohnungsbau vorstellen.
Heitkamp hat das Grundstück gekauft, auf dem noch der Circus Schnick-Schnack ist. An dieser Stelle kann sich Jörg Kranz Wohnungsbau vorstellen. © Ralph Bodemer

Trotz der alles andere als einfachen Situation hat Heitkamp investiert – und die Fläche an der Eschstraße nahe der Herner Innenstadt gekauft, auf der rund 18 Jahre lang der Circus Schnick-Schnack beheimatet war. Auf dem rund 40.000 Quadratmeter großen Areal kann sich Kranz Geschosswohnungsbau vorstellen, vielleicht auch eine Kindertagesstätte, aber auch mit Grün. Das Grundstück sei städtebaulich interessant, weil im nahen Funkenbergquartier die Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung gebaut werde und in unmittelbarer Nachbarschaft die Deutsche Reihenhaus rund 100 Wohneinheiten plane. Die Planungen befänden sich noch im Frühstadium, die ersten Entwürfe würden zu gegebener Zeit Politik und Verwaltung vorgestellt. „Ich könnte mir vorstellen, dass das auf offene Ohren stoßen wird.“ Der Baubeginn könnte 2025 erfolgen, wenn das Genehmigungsverfahren gut läuft.