Herne. Der Ausbau der Stromnetze gewinnt an Tempo. Davon profitiert die Herner Firma Heitkamp. Sie hat den größten Auftrag ihrer Geschichte erhalten.
Vor wenigen Tagen hat Hans-Jürgen Brick, Chef des Übertragungsnetzbetreibers Amprion, im Interview mit der WAZ gesagt, dass der Ausbau der Stromnetze nun an Fahrt gewinnt. Davon profitiert auch das Herner Unternehmen Erd- und Straßenbau Heitkamp. Es hat den größten Auftrag der Firmengeschichte erhalten.
Heitkamp gehört zu einem Konsortium von Tiefbaufirmen, das den Bau der rund 300 Kilometer langen Erdkabeltrasse A-Nord realisiert, die Windstrom von Emden nach Osterath bei Düsseldorf transportiert. Der Vertrag ist vor wenigen Tagen unterzeichnet worden. Das Projektvolumen beträgt laut Amprion etwa 1,5 Milliarden Euro, der Anteil für Heitkamp liegt nach Firmenangaben bei etwa 400 Millionen Euro. Heitkamps Anteil am Firmenkonsortium beträgt 27 Prozent.
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Der Auftrag umfasst die Planung und Herstellung der Schutzrohranlagen für die Erdkabel. Amprion sei es wichtig, möglichst mit regionalen Unternehmen zusammenzuarbeiten, um lokale und nachhaltige Wertschöpfungsketten zu stärken. „Mit der Vergabe an erfahrene Firmen aus dem Mittelstand, von denen einige bereits bei anderen Erdkabelprojekten für uns tätig waren, wollen wir vor Ort Vertrauen schaffen und die regionale Wertschöpfung unterstützen“, so Amprion-Finanzchef Peter Rüth.
A-Nord-Trasse als „Hauptschlagader der Energiewende“
Amprion bezeichnet die A-Nord-Trasse als „Hauptschlagader der Energiewende“, da sie Strom aus dem windreichen Norden in die Verbrauchszentren im Westen und Süden Deutschlands transportiert. Sie sei auch deshalb elementar, weil der Strombedarf in den kommenden Jahren deutlich steigen werde. Die Planungen für die Trasse laufen bereits seit 2016, Amprion nennt nun als Ziel, die Trasse im Jahr 2027 in Betrieb zu nehmen. Nach den Worten von Heitkamp-Chef Jörg Kranz laufen die vorbereitenden Arbeiten bereits, die Ausführung in NRW könne im kommenden Jahr beginnen, allerdings werde Heitkamp seine Kapazitäten auch an anderen Bauabschnitten zur Verfügung stellen, um den Fertigstellungstermin einzuhalten.
Dass sich auch die Herner Heitkamp-Unternehmensgruppe am Bau beteiligt, liegt an der Tatsache, dass die Trasse hauptsächlich aus Erdkabeln bestehen wird. Skizzenhaft ausgedrückt, wird Heitkamp Gräben ausheben, in denen die leeren Rohre verlegt werden, durch die später die Stromkabel gezogen werden. Bei den Arbeiten müsse man sehr auf die Bodenbeschaffenheit achten, so Heitkamp-Chef Jörg Kranz. Ein Grund: Die Kabel würden heiß, dürften aber nicht zu viel Wärme an den Boden abgeben, weil viele der Flächen landwirtschaftlich genutzt würden.
Heitkamp positioniert sich als Anbieter von Lösungen für komplexe Aufgaben
Das Auftragsvolumen von rund 400 Millionen allein für Heitkamp bezeichnet Kranz als „maßgeblich“. In Zeiten der wirtschaftlichen Flaute könne er dazu beitragen, die Belegschaft zu halten. Der Bau der Trasse Nord-A sorge in den kommenden drei Jahren für eine gute Basis und Arbeitsplatzsicherheit. Kranz berichtet im Gespräch mit der Herner WAZ-Redaktion, dass die Auftragslage gerade bei den öffentlichen Auftraggebern „ruhiger“ geworden sei. Und Heitkamp arbeitet zu 90 Prozent für öffentliche Auftraggeber wie die Autobahn GmbH oder StraßenNRW. „Vielleicht sind wir ja ein Spiegel dafür, was auf die deutsche Wirtschaft zukommt.“
Die Heitkamp-Unternehmensgruppe mit Sitz an der Wilhelmstraße in Wanne positioniert sich seit einiger Zeit als Anbieter für schwer umzusetzende Speziallösungen. Bereits seit einigen Jahren saniert Heitkamp Start- und Landebahnen in sehr engen Zeitrahmen, im Frühjahr dieses Jahres bereitete sie die komplizierte Sprengung der maroden Rahmede-Talbrücke bei Lüdenscheid vor. In der kommenden Woche werde die Baustelle nach den Aufräumarbeiten übergeben - zwei Wochen vor Termin.
Viel Potenzial für die Zukunft sieht Firmenchef Jörg Kranz für das selbst entwickelte Brückenschnellbausystem. Das spart sowohl Zeit als auch durch seine besondere Bauweise einen großen Anteil an Beton - und damit Kohlendioxid. Heitkamp wurde für die Neuheit vor wenigen Wochen mit dem Deutschen Brückenbaupreis in der Sonderkategorie Nachhaltigkeit ausgezeichnet.
„Einfach kann jeder, wenn es komplex wird, wird es für uns interessant“, erläutert Kranz diese Strategie. Wenn Ingenieurskunst gefragt sei, sei Heitkamp richtig unterwegs. „Da, wo wir gut sind, wollen wir zu den besten gehören.“ Dazu zähle auch der Bau der Stromtrasse.