Herne. Wie kommen Menschen zur Arbeit? Mit dem Auto, dem Bus oder dem Rad? In Herne ist es erstmals am Beispiel eines Gewerbegebiets untersucht worden.
Im Herner Gewerbegebiet Friedrich der Große zu den normalen Arbeitszeiten einen Parkplatz zu finden, mag zwar nicht wie ein Sechser im Lotto sein – aber durchaus wie vier Richtige. Da würde es Sinn machen, auf den ÖPNV oder das Rad umzusteigen. Die Stadt Herne will genau diesen Umstieg mit einem Modellprojekt unterstützen und hofft dabei auf Landesförderung.
In so einem Umstieg steckt reichlich Potenzial, er ist aber auch ein komplexes Unterfangen – das zeigte eine Bestandsanalyse: So offenbarte eine Ortsbegehung, dass zum Beispiel die Radparkplätze gerade im Sommer überfüllt sind und nicht genügend für E-Bikes ausgerüstet sind. Darüber hinaus wurden fast 200 Mitarbeiter von mehreren Unternehmen befragt. Und tatsächlich: Die Mehrzahl der Befragten (über 60 Prozent) wünscht sich Verbesserungen beim öffentlichen Nahverkehr und für den Radverkehr. Allerdings: Rund 20 Prozent sind mit dem aktuellen Zustand zufrieden. Und fast 13 Prozent wünschen sogar noch Verbesserungen für den Autoverkehr.
Die Mehrheit wünscht Verbesserungen für Rad und ÖPNV
Bei der Untersuchung des Ist-Zustands warfen die Experten auch einen Blick auf die Wohnorte von rund 2400 Beschäftigten im Gewerbegebiet (die Daten waren selbstverständlich anonymisiert). Das Ergebnis: Fast 70 Prozent wohnen innerhalb eines Radius von 15 Kilometern – eine Entfernung, die für die Fahrt mit dem ÖPNV oder mit dem (Elektro-)Rad spräche. Doch es gibt ein Problem: die Schichtzeiten bei den Unternehmen. Hier offenbart die Auswertung, dass Schichtende und Schichtbeginn zu guten Teilen am frühen Morgen liegen (3 und 4 Uhr) oder am späten Abend (22 Uhr). Und zu diesen Randzeiten existiert kein gutes ÖPNV-Angebot.
Aus diesen Ergebnissen ergeben sich folgende Empfehlungen: Verbesserung der Radparkplätze (u. a. mit Schaffung von Duschmöglichkeiten), möglicherweise eine Umwandlung von Autoparkplätzen. Außerdem wird die Einrichtung einer Fahrradstraße vom Herner Bahnhof bis Friedrich der Große empfohlen. Eine andere Maßnahme zeigt die Komplexität: Das Gewerbegebiet müsse eine geeignete ÖPNV-Anbindung erhalten. Das könne womöglich dadurch erreicht werden, dass die Unternehmen ihre Schichtzeiten untereinander abstimmen.
Stadt beteiligt sich am Wettbewerb „Ways2Work“ des Landes
Ein Unternehmen, das sich intensiv an der Untersuchung beteiligt hat, ist der Lebensmittellogistiker Dachser, der zurzeit seinen Standort umbaut und erweitert. Die nachhaltige Mobilität werde bereits im Unternehmen selbst mit dem Programm „Climate Protection“ vorangetrieben, so Niederlassungsleiter Christof Sommer. Dachser habe in Kooperation mit der HCR Firmentickets angeboten und biete seit einem halben Jahr Jobbikes an. Auch Ladesäulen würden in Kürze installiert.
Um nachhaltige Lösungen umzusetzen, beteiligt sich die Stadt Herne – gemeinsam mit den Partnern Wirtschaftsförderung, HCR, IHK und der Ingenieurgesellschaft Stolz – am Wettbewerb „Ways2Work“ des NRW-Umweltministeriums. Nach den Worten von Peter Sternemann, stellvertretender Leiter des Fachbereichs Tiefbau und Verkehr, ist die Bewerbung auf einem guten Weg, denn die Stadt habe mit ihrem Konzept bereits die zweite Runde erreicht. Wie hoch die Fördersumme sein werde und wie viele Städte in den Genuss kämen, stünde noch nicht fest. Unabhängig vom Ausgang sei es denkbar, das Konzept von Friedrich der Große auf andere Gewerbegebiete in der Stadt zu übertragen.
Hernes Oberbürgermeister Frank Dudda kündigte bei der Vorstellung der Ergebnisse an, dass Herne Mobilität als strategisches Ziel definieren wolle. Eine gute und nachhaltige Mobilität halte die Stadt attraktiv für Unternehmen und könne so ein Treiber für die Stadtentwicklung sein.