Herne. Bei Circus Schnick-Schnack stehen große Veränderungen an: Der Verein wechselt in Herne nach 18 Jahren den Standort. Was konkret geplant ist.
Beim Circus Schnick-Schnack startet am Mittwoch, 7. Juni, die jährliche Zeltwoche. Die Premierenstimmung wird diesmal allerdings von Abschiedsgefühlen begleitet. Das Herner Projekt zieht im kommenden Jahr um – von seinem 2006 eröffneten Zeltdorf an der Eschstraße auf eine Fläche an der Grundschule Jürgens Hof in Horsthausen. Im Gepäck: ambitionierte Pläne für eine Ausweitung des schon jetzt anspruchsvollen Angebots.
„Das wird kein reiner Zirkusstandort, sondern ein Ort der Begegnung, den wir auch für Kulturschaffende öffnen wollen und an dem es Platz für neue Formate gibt“, kündigte Rainer Deutsch in der jüngsten Sitzung der Bezirksvertretung Sodingen an. Der langjährige Vorsitzende des 1997 von ihm, seiner Frau und weiteren Familien gegründeten Vereins – er ist inzwischen „nur noch“ als Aufsichtsratsmitglied aktiv – umriss mit Zahlen, Fakten und Visionen Gegenwart und Zukunft von Schnick-Schnack.
Der neue Standort soll bereits im Frühjahr 2024, also pünktlich zur nächsten Zeltwoche, in Betrieb genommen werden. Als „Riesenherausforderung“ bezeichnete Deutsch den nach der Kündigung durch den Eigentümer des Grundstücks Eschstraße unvermeidlichen Umzug. Rund 750.000 Euro werde der Verein auf dem 1400 Quadratmeter großen Areal am Jürgens Hof investieren. Die Finanzierung sei dank eines Netzwerks aus Fördergebern, Stiftungen und Spendern gesichert: „Wir haben über Jahre verlässliche Partnerschaften aufgebaut.“
Ein Extra-Lob erntete die Herner Verwaltung. Diese habe sie bei der Suche nach dem neuen Standort „super unterstützt“, sagte Deutsch. Für die Bauvoranfrage gab es bereits grünes Licht, nun folgt der Bauantrag. Sie erwarteten jedoch, dass auch die Stadt die Arbeit von Circus Schnick-Schnack in Zukunft regelmäßig finanziell unterstützt.
Einer der größten Orte für Zirkuspädagogik in Deutschland
Zurück zu den Plänen: Den Entwurf für die neue Zeltstadt habe man vor einer Woche in Hamburg mit einem Zeltbauer besprochen, berichtete Deutsch. Das Raumkonzept sehe unter anderem ein multifunktionales Veranstaltungszelt sowie Zelte für Gastronomie, Training und einen Eingangsbereich vor. Die neue Bühnen- und Lichttechnik komme bereits in der Zeltwoche 2023 zum Einsatz. Ergänzt werden sollen die Zelte durch Container für die Geschäftsstelle, Büros, die Schneiderei und eine Werkstatt für Requisiten.
Ihren hohen pädagogischen Anspruch verfolgten sie auch am neuen Standort, sagte Deutsch. Schnick-Schnack bzw. Herne sei in Deutschland einer der größten Orte für Zirkuspädagogik und gemeinsam mit Köln der größte in NRW. „Wir haben eine 1:4 oder 1:5 Betreuung, um jedes Kind an die Hand zu nehmen und es individuell zu fördern.“
Stichwort Nachbarschaft: Die Nachricht von der Ansiedlung des Circus am Jürgens Hof löste im Umfeld zunächst Bedenken aus, auf die die Stadt und Schnick-Schnack mit einem Infoabend für Bürgerinnen und Bürger reagierten. In der Bezirksvertretung äußerte Bezirksbürgermeister Mathias Grunert die Erwartung, dass der anstehende Bau eines Wewole-Parkhauses aktuelle und künftige Verkehrsprobleme löse. Sie strebten am Jürgens Hof ein Miteinander an und wollten Begegnungs-, Erlebnis- und Entfaltungsmöglichkeiten für Bürgerinnen und Bürger schaffen, betonte Deutsch. Auch an der Eschstraße seien anfangs Vorbehalte laut geworden, doch: „Trotz der dichten Bebauung gab es in all den Jahren nicht eine einzige Beschwerde. Wir hatten null Probleme.“
Positive Botschaften verkündete Rainer Deutsch auch für den Umgang mit dem Grün am neuen Standort. „Nahezu kein schützenswerter Baum“ müsse weichen, man habe um den Bestand herum geplant. Stadtgrün-Chef Heinz-Jürgen Kuhl konnte dies bestätigen und mischte unter sein Lob einen Seitenhieb auf andere Investoren: „Wenn jeder Bauherr bei Bauvoranfragen so flexibel wäre wie Schnick-Schnack, dann wäre es um unseren Baumbestand nicht so schlecht bestellt.“
Weitere Informationen: schnick-schnack.de
>>> Zirkus in Zahlen
1997 entstand Circus Schnick-Schnack durch einen Zusammenschluss von fünf Familien.
332 aktive Mitglieder gestalten derzeit in Herne das Projekt Schnick-Schnack.
2 Männer bilden zurzeit den geschäftsführenden Vorstand: Christian Stoll ist verantwortlich für den Bereich pädagogische Projekte, Vermietungen und Gaukler*innen, Rainer Deutschs Sohn Christopher für Kulturveranstaltungen, Sponsoring und Marketing. Leiterin der Geschäftsstelle ist Natascha Giebel.
5000 Zuschauerinnen und Zuschauer begrüßt der Verein jährlich bei der Zeltwoche, beim Winterzirkus und bei weiteren Programmen und Projekten.
12.000 Stunden Ehrenamt erbringen Mitglieder und Externe jährlich für den Zirkus.
900 Teilnehmerinnen und Teilnehmer nehmen derzeit an den vom Bund und Land geförderten Angeboten von Schnick-Schnack teil.
100 Mädchen und Jungen sind zurzeit auf der Warteliste für Projekte. (Quelle: Schnick-Schnack)