Herne. Die Rahmede-Talbrücke ist nach einer Bilderbuch-Sprengung Geschichte. Das Herner Unternehmen Heitkamp hatte daran entscheidenden Anteil.
Die Anspannung war groß bei Heitkamp am vergangenen Sonntag bis kurz vor 12 Uhr. Ein paar Minuten danach war dann die Erleichterung groß. Die Sprengung der Rahmede-Talbrücke verlief wie geplant - das Herner Bauunternehmen hatte bei den aufwendigen und komplizierten Vorbereitungen ganze Arbeit geleistet. Doch der Auftrag in Lüdenscheid ist noch nicht beendet.
Nein, ein Betonstück der längst berühmten Brücke habe er sich nicht gesichert, erzählt Heitkamp-Geschäftsführer Jörg Kranz im Gespräch mit der Herner WAZ-Redaktion. Diese Art des Trophäensammelns liegt ihm nicht. Auch ihm ist die Erleichterung anzumerken, dass alles so geklappt hat wie berechnet. Schließlich sei noch nie eine Brücke dieser Größe, noch dazu so nah an einer anderen Bebauung, gesprengt worden. „Da haben sich nicht viele dran getraut“, so Kranz. Heitkamp traute sich.
Bis zu zehn Ingenieure hätten sich seit dem vergangenen Oktober mit der Frage beschäftigt, wie man dieses 17.000 Tonnen schwere Monstrum zu Boden bringt, ohne im Umfeld größere Schäden zu verursachen. Um nur die großen Aufgaben zu nennen: Nach der Rodung der Bäume unter der Brücke musste quasi ein halber Berg versetzt werden, damit die Brücke ein gerades Fallbett bekommt und nach der Sprengung nicht den schrägen Hang herunter rutscht. Das nur wenige Meter entfernte Industrieunternehmen wurde mit einer Wand aus wassergefüllten Überseecontainern vor der Druckwelle und herumfliegenden Steinen geschützt. Das Bächlein Rahmede, das der Brücke ihren Namen gegeben hat, war zuvor bereits in Rohre verlegt worden. Kranz verrät, dass die letzten Arbeiten erst am Freitag vor der Sprengung abgeschlossen gewesen seien - Punktlandung.
Als sich nach der Sprengung der Staub gelegt hatte und sichtbar wurde, dass der Koloss dort lag, wo er liegen sollte, durfte Kranz die Glückwünsche von Bundesverkehrsminister Volker Wissing sowie Stephan Krenz und Elfriede Sauerwein-Braksiek (Autobahn GmbH) entgegennehmen. Die Auftraggeber seien begeistert gewesen.
Das Wanner Unternehmen wird noch einige Monate in Lüdenscheid beschäftigt sein. Denn es gilt, den Beton und den Stahl der Brücke wegzuräumen (mehr als 90 Prozent des Materials werden wiederverwendet). Außerdem müssen die rund 100.000 Tonnen Erde wieder weggekarrt werden, die angeschüttet worden waren, damit die Brücke „weich“ fällt. Die dringendste Aufgabe ist das Freiräumen einer Hauptverkehrsstraße, die unter der Brücke verläuft.
Heitkamp-Chef Jörg Kranz: Die Rahmede-Talbrücke ist eine sehr gute Referenz
Das Unternehmen werde sich aber nicht zwingend um weitere Aufträge die Vorbereitung von weiteren Brückensprengungen bemühen. „Die Brücken müssen schon eine gewisse Dramaturgie haben“, so Kranz. Das heißt: Sie müssten schon eine große Herausforderung darstellen, bei der Bewältigung von hohen Schwierigkeitsgraden sieht Kranz Heitkamps Daseinsberechtigung. In dieser Hinsicht sei die Rahmede-Talbrücke als Premiere eine sehr gute Referenz. Kranz: „Das, was wir machen, können nicht viele.“
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Beim Neubau der Rahmede-Brücke wird Heitkamp definitiv keine Rolle spielen. Die Wanner bauen zwar auch Brücken, allerdings ein paar Nummern kleiner, dafür aber mit einem innovativen System. Das kam unter anderem bereits dreimal in den Gebieten zum Einsatz, die 2021 von der Flut betroffen waren.
Die Anspannung mag sich zwar gelegt haben, doch Ruhe kehrt bei Heitkamp nicht wirklich ein. Die Vorbereitungen für den Bau einer Stromautobahn, die Windstrom aus Norddeutschland nach Nordrhein-Westfalen transportieren soll, gehen auf die Zielgerade. Es handelt sich mit einem Auftragsvolumen von rund 300 Millionen Euro um den größten Einzelauftrag der Unternehmensgeschichte. Rund 120 Millionen Euro hat das Volumen für den A43-Ausbau. Heitkamp ist für ein drei Kilometer langes Teilstück verantwortlich, das unter anderem die marode Emschertalbrücke einschließt.
>>> POSITIVE ERFAHRUNGEN MIT MONGOLISCHEN AZUBIS
Jörg Kranz hatte zur Brückensprengung in Lüdenscheid auch den mongolischen Botschafter eingeladen. Der Hintergrund: Heitkamp hat Anfang 2022 eine Kooperation mit dem mongolischen Straßenbauverband geschlossen, und im September vergangenen Jahres haben acht junge Mongolen ihre Ausbildung bei Heitkamp begonnen.
Die Erfahrungen seien extrem positiv, so Kranz, überall würden deren Fähigkeiten und die Einstellung gelobt. Bei Problemen, zum Beispiel der deutschen Sprache, helfen die deutschen Heitkamp-Azubis, so dass sich ein schönes Miteinander entwickelt habe. Und im kommenden Ausbildungsjahr starteten weitere Mongolen ihre Ausbildung bei Heitkamp. Die Auswahl vor Ort habe gerade stattgefunden.
Am Rande der Sprengung wurde auch Volker Wissing auf die enge Verbindung aufmerksam. Und das hat Folgen. Jörg Kranz wird den Bundesverkehrsminister bei seiner anstehenden Mongolei-Reise begleiten.