Herne. In Herne soll ein neues Wohngebiet entstehen. Die Stadt hat die Pläne nachgebessert: Alles soll grüner werden. Trotzdem gibt es harsche Kritik.

Nach jahrelangem Streit über eingeplantes Baugebiet an der Vödestraße in Herne-Süd hat die Stadt ihre Pläne abgespeckt. Die Politik begrüßte den neuen Bebauungsplan für jetzt 25 bis 30 neue Häuser. Weniger Versiegelung, mehr Grün, das könne sich sehen lassen, so der Tenor. Kritik kommt dagegen von der Bürgerinitiative Vödestraße: Sie fühlt sich übergangen.

Im vergangenen November war die Politik nicht amüsiert über die Pläne der Stadt – und stoppte sie kurzerhand. „Wohnen am Flottmannpark“ heißt das Projekt, das bislang den Bau von Ein- und Mehrfamilienhäusern mit bis zu 45 Wohneinheiten vorsah. Auf einem vorrangig als Garten- und Gewerbefläche genutzten Areal an der Vödestraße, so der Plan der Stadt, sollten frei stehende Einzel- und Doppelhäuser sowie Mehrfamilienhäuser entstehen. Dazu gehört auch ein so genanntes Umlegungsverfahren, bei dem Grundstücke neu zugeschnitten werden (siehe Kasten). Eine Bürgerinitiative hatte sich gegründet, um diese Pläne zu verhindern. Zu viel werde zubetoniert, zu wenig Grün geschützt, außerdem warnte sie vor mehr Lärm, Verkehr und Entwässerungsproblemen. Die Parteien konnten diese Kritik nachvollziehen und gaben dem Rathaus die „Hausaufgabe“ auf, ihre Pläne nachzubessern. Mehr Klimaschutz sei nötig.

Herne: Alle Häuser müssen jetzt Gründächer haben

An der Vödestraße in Herne soll das neue Baugebiet entstehen.
An der Vödestraße in Herne soll das neue Baugebiet entstehen. © Funke Foto-Services

Diese Hausaufgaben hat die Stadt inzwischen erledigt und präsentierte nun im Planungsausschuss ihren neuen Entwurf. Statt bis zu 45 Wohneinheiten sollen nur noch 35 bis 40 Wohneinheiten realisiert werden. Doppelhäuser sind gar nicht mehr geplant, nur noch Einfamilienhäuser. Hinzu kommen sollen im Norden am Flottmannpark drei Stadtvillen als kleinere Mehrfamilienhäuser mit jeweils fünf Wohneinheiten. Alle Gebäude in diesem Bereich sollen höchstens zwei Vollgeschosse haben und müssen nun komplett begrünte Flachdächer besitzen.

Damit, erklärt Daniel Wirbals, stellvertretender Leiter des städtischen Fachbereichs Umwelt und Stadtplanung, gegenüber der WAZ, sei die überbaute Fläche von 40 auf 30 Prozent gesunken. Neu sei außerdem, dass auf den Privatgrundstücken jetzt zusätzlich 32 Bäume mit einem Stammumfang von mindestens 25 Zentimetern gepflanzt werden müssten; hinzu kämen bis zu zehn an den Straßen. Beim „Klimacheck“, den die Stadt bei allen größeren Bauprojekten seit zwei Jahren durchführt, sei das Projekt damit von „neutral“ auf „gut“ hochgestuft werden können.

Der Ausschuss begrüßte die Pläne mehrheitlich. Dahinter stellte sich vor allem die Ratskoalition aus SPD und CDU. „Sehr positiv“ nannte Elisabeth Majchrzak-Frensel (SPD) den neuen Bebauungsplan, gebe es doch nun „nicht mehr eine so starke Bebauung“. Dem schloss sich Markus Mähler (CDU) an. Im Übrigen sei es wichtig, dass gebaut werden könne: „Wir brauchen ein stückweit Entwicklung.“ Kritik gab es aber auch. „Die Kritikpunkte sind nicht ausgeräumt“, sagte Rolf Ahrens (Grüne); lediglich „ein paar Sachen“ seien reduziert worden. Detlev Schaub (Linke) nannte die Pläne sogar unsinnig: „Herne braucht keine Einfamilienhäuser.“

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Klaus Müller-Pfannenstiel, ein Sprecher der Bürgerinitiative Vödestraße, reagiert verärgert. Es habe die Zusage von Politik und Verwaltung gegeben, dass die Bürgerinnen und Bürger eingebunden würden in die Überarbeitung der Pläne. „Das ist nicht erfolgt“, kritisiert er gegenüber der WAZ. Dieses Vorgehen zeige einmal mehr, dass die Stadt Herne nicht an einer offenen Beteiligung mit den Menschen interessiert sei: „Das ist eine Beteiligungskultur, die schreit zum Himmel.“ Damit Bürgerinteressen mehr Gehör im Rathaus finden, wollen sich nun fünf Bürgerinitiativen zusammenschließen, wie die WAZ kürzlich berichtete. Ähnlich äußert sich Frank Teubert, ebenfalls Sprecher der Initiative, und Betroffener. Ihm seien die neuen Pläne nicht bekannt. Obwohl die Stadt versprochen habe, dass die Anwohnerinnen und Anwohner mitwirken dürfen, sei das nicht geschehen. Ein Umlegung, kündigt er an, lehne er ab. Wenn nötig, werde er klagen.

Und wie geht es nun weiter? Der Bebauungsplan wird zunächst in mehreren politischen Gremien diskutiert, das letzte Wort hat dann der Haupt- und Personalausschuss. Gibt auch dieser grünes Licht, dann werden die Pläne öffentlich ausgelegt. Die Bürgerinitiative will nun zunächst über die neuen Pläne beraten und sie dann kommentieren, sagt Müller-Pfannenstiel. Durchaus möglich, dass der Streit in eine neue Runde geht – und sich womöglich über weitere Jahre hinzieht.

>>> Das Umlegungsverfahren

Ein Teil der Neubaufläche befindet sich an der Vödestraße auf mehreren privaten Flächen beziehungsweise in Gärten. In einem so genannten Umlegungsverfahren müssten die Grundstücke umverteilt werden, damit eine Bebauung überhaupt möglich wird.

Mit der Umlegung, wirbt die Stadt, steige auch der Wert der Grundstücke, hieß es. In diesem Punkt gab es einmal mehr Kritik von Rolf Ahrens (Grüne). Er sprach davon, dass sich Eigentümerinnen und Eigentümer „enteignet“ fühlten. Das wies die Stadt zurück.