Bochum/Herne. Der Betrugsprozess gegen einen Palliativarzt (59) aus Herne endet wegen Beweisschwierigkeiten ohne Urteil – aber nicht ohne Bedingungen.
Keine Verurteilung, aber zwei Zahlungsauflagen: Der Prozess gegen einen Palliativarzt (59) aus Herne ist vorzeitig und ohne Strafe zu Ende gegangen. Das Bochumer Landgericht hat das Verfahren um eine mutmaßliche Abrechnungsbetrugs-Serie vorläufig eingestellt. Im Gegenzug wurden dem Mediziner eine Geldauflage und Schadenswiedergutmachung aufgegeben.
Wie Gerichtssprecherin Kaja Kovacs bestätigte, soll der Arzt nach einem Beschluss der 10. Strafkammer eine Geldauflage in Höhe von 15.000 Euro an den Kinderhospizdienst Ruhrgebiet e.V. zahlen, außerdem einen Schaden in Höhe von 9710 Euro gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) wiedergutmachen. Erst danach wird das Verfahren endgültig eingestellt.
Dokumentationen in Pflegeheimen lückenhaft
Die Richter stützten die – von der Staatsanwaltschaft und dem Arzt mitgetragene – Verfahrenseinstellung maßgeblich auf erhebliche Beweisschwierigkeiten mit Blick auf Anzahl und Dauer der zahlreichen in der Anklage aufgeführten Hausbesuche und Behandlungen. Im Verlauf der Beweisaufnahme habe sich herausgestellt, dass Dokumentationen in den betroffenen Pflegeheimen, in denen der Herner Arzt sterbenskranke Patientinnen und Patienten besucht und behandelt hat, lückenhaft gewesen seien, hieß es. Unzweifelhaft zu beanstanden seien letztlich allein diejenigen Fälle gewesen, in denen trotz Urlaubsabwesenheit beziehungsweise nach Todeseintritt einer Patientin oder eines Patienten Leistungsabrechnungen durch den Arzt erfolgt seien. Insoweit sei der KVWL durch zu Unrecht erfolgte Auszahlungen an den Herner Hausarzt ein Schaden in Höhe von 9710 Euro entstanden.
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Die Staatsanwaltschaft hatte dem Palliativmediziner ursprünglich 30 Fälle des gewerbsmäßigen Betrugs zwischen April 2015 und April 2020 mit einem Abrechnungsschaden in Höhe von 112.000 Euro vorgeworfen. In seiner Eigenschaft als qualifizierter Arzt für den palliativ-medizinischen Konsiliardienst Herne/Castrop-Rauxel sollte der 59-Jährige Leistungen gegenüber der KVWL abgerechnet haben, denen tatsächlich gar keine Leistungen zugrunde lagen. In der Anklage war angedeutet worden, dass allein die Fülle der abgerechneten Hausbesuche und Vollversorgungen von Palliativpatienten in Pflegeheimen jedes Zeitmanagement eines ordentlichen Hausarztpraxisbetriebs gesprengt hätte. Der Herner Arzt hatte hierzu jedoch auf eine außergewöhnlich (junge) Altersstruktur in seiner Patientenschaft verwiesen: „Da blieb mehr Zeit, um mich um die palliative Versorgung zu kümmern.“ Sein Verteidiger hatte darauf verwiesen, dass es insgesamt allenfalls mal zu einem Flüchtigkeitsfehler („Fehler bei einer Notiz“) gekommen sein könnte.