Herne. Herne hat eine Klimaampel entwickelt. Sie zeigt, ob geplante Gebäude die Folgen des Klimawandels abmildern. Wenn nicht, drohen Nachbesserungen.
Der Klimawandel trifft Herne in den kommenden Jahrzehnten immer stärker. Deshalb hat die Stadt nun eine Klimaampel für geplante Bauvorhaben entwickelt. Sie soll zeigen, ob Gebäude die Folgen des Klimawandels abmildern oder sogar noch verstärken.
Die neue Klimaampel, sagt Umweltexpertin Monika Steinrücke, sei einzigartig im Land. Ihr Büro K.Plan (Bochum) hat das Instrument gemeinsam mit der Stadtverwaltung entwickelt, nun soll es bei allen größeren Bauprojekten herangezogen werden. „Herne“, sagte Steinrücke der Politik, „könnte dabei eine Vorreiterrolle einnehmen“. Von grün über gelb bis rot: Anhand der Ampel könnten Betrachter ab sofort auf einen Blick sehen, wie klimaverträglich geplante Gebäude sind.
Zahl soll Klimaverträglichkeit eines geplanten Gebäudes zeigen
Um einem Bauvorhaben eine Farbe geben zu können, will die Verwaltung die „Herner Checklisten“ nutzen, die sie mit K.Plan entwickelt hat. Dabei vergibt sie für ein Bauprojekt Plus- oder Minuspunkte. Unterm Strich kommt bei der Endabrechnung dann eine einzige Zahl heraus, die die Klimaverträglichkeit zeigen soll.
Liegen geplante Gebäude in einer der Herner Hitzeinseln wie den Zentren von Herne und Wanne-Eickel? Wenn ja: Je nach Lage sind dann schon mal bis zu 20 Minuspunkte drin. Es können aber auch viele Pluspunkte gesammelt werden: Gibt es in geplanten Siedlungen Lücken für Frischluftzufuhr? Ist ein Springbrunnen geplant? Dachbegrünungen? Oder: Werden Schottergärten verboten, Flächenversiegelungen vermieden? Bei einem Ja gibt es in den Checklisten jeweils ein bis drei Pluspunkte. Am Ende werden alle Punkte aufaddiert. Bis -1 gibt’s in der Umweltampel ein grünes Siegel, bis -5 ein gelbes, ab -14 ein tief rotes.
Umweltdezernent spricht von einem „Qualitätssiegel“
Das Ganze, sagte K.Plan-Chefin Monika Steinrücke im letzten Umweltausschuss vor Ostern, als sie die Ampel vorstellte, „soll ein objektives Punktesystem sein“. Mit Hilfe der „Herner Checklisten“ könne die Verwaltung nun vor allem auch die negativen Begleiterscheinungen eines Bauvorhabens herausfiltern, Bauherrn könnten bei Bedarf gegensteuern und positive Effekte hinzufügen, um mehr Pluspunkte zu sammeln. Im Zweifel, so Steinrücke, könne die Politik, die über größere Bauvorhaben entscheide, ein Projekt nun kippen, weil es die falsche Farbe habe.
Bau- und Umweltdezernent Karlheinz Friedrichs sprach bei der Umweltampel von einem „Qualitätssiegel“, das Herne nun besitze. Wie bei einem Gütesiegel für Elektrogeräte — auch dabei gibt es Ampelfarben sowie die Einteilung von A+++ bis D — könnten die Menschen nun auf einem Blick sehen, wie klimaangepasst ein Projekt sei. Andere Städte, zeigt er sich sicher, „werden nachziehen“.
Siehe das Großprojekt „Wohnen am Westbach“: Die Wohnungsgenossenschaft Herne-Süd (WHS) reißt Am Westbach 19 Gebäude mit über 100 Wohnungen ab und will eine Siedlung mit acht modernen Häusern mit 117 Wohnungen und zwei Tiefgaragen bauen. Wie klimaangepasst ist das „Projekt“? Es ist das erste, das die Stadt mit ihrer neuen Checkliste testete. Am Ende kam eine Gesamtpunktzahl von 2 heraus – also alles „grün“, so die Stadt.
Krüger (Grüne) fordert mehr Verbindlichkeit durch ökologische Bauleitplanung
Pascal Krüger, Vorsitzender des Umweltausschusses, nennt die Checkliste „eine gute Arbeitshilfe, um Schwachstellen im Bereich Klimaanpassung zu finden“. Aber: „Außer der Information daraus hat es zunächst weiter keine Konsequenzen“, so der Ratsherr der Grünen zur WAZ. Andere Städte, darunter Augsburg und Bottrop, gingen da schon weiter und umfassten auch Klimaschutz oder Nachhaltigkeit insgesamt mit solchen Checklisten. Die Ergebnisse würden dabei nicht nur verwaltungsintern, sondern auch nach außen zum Beispiel in Ratsvorlagen gezeigt.
Krüger fordert: Aus der Umweltampel beziehungsweise den Herner Checklisten müsse „mehr Verbindlichkeit durch ökologische Bauleitplanung“ abgeleitet werden: „Dass wir mehr Grün und weniger Steinwüsten brauchen, ist nicht neu. Es ist aber ein Anfang, dass es bei Anwendung der Checkliste so systematisch untersucht wird.“
>> WEITERE INFORMATIONEN: Klimawandel trifft Herne stark
Dass sich auch Herne für den Klimawandel wappnen muss, hatte die Stadt zuletzt mit Hilfe von Experten herausgearbeitet, darunter mit dem Büro K.Plan. Ab 2050, so heißt es da, wird es in weiten Teilen von Herne im Sommer an Dutzenden Tagen über 40, ja 45 Grad heiß.
Hinzu komme immer mehr Starkregen, der ganze Straßenzüge überflute. In der „Handlungskarte Klimaanpassung“ der Verwaltung ist zu sehen, dass es im dicht besiedelten Herne viele Hitzeinseln gibt. Die Leidtragenden seien die Menschen, deshalb müsse gegengesteuert werden.