Herne. Ein negativer Herne-Vergleich in einem „Spiegel“-Beitrag hat einen Herner Schützenverein entsetzt. Nun bezieht das Nachrichtenmagazin Stellung.
Mit einem Herne-Vergleich hat eine Journalistin in einem „Spiegel“-Beitrag Herner Schützenvereine verärgert. Der Schützenverein St. Hubertus Sodingen-Börnig 1926 lud die Journalistin daraufhin nach Herne ein, um sich selbst ein Bild zu machen. Reaktion von ihr bislang: keine. Dafür sprach Spiegel-Journalist Markus Feldenkirchen mit der WAZ.
Zum Hintergrund: Ärger ausgelöst hat das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ mit seinem der Podcast „Spitzengespräch“. Dabei geht es um die Krise in der Fußball-Nationalmannschaft der Herren. Titel des Podcasts: „Wenn der DFB wie ein Schützenverein aus Herne geführt wird, ist das schwierig“. Dieser Satz stößt beim Schützenverein St. Hubertus Sodingen-Börnig 1926 sauer auf.
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Wie geht es mit der Nationalmannschaft weiter? Wer wird Bundestrainer und Nachfolger von Hansi Flick? Darum geht es in dem 45-minütigen Podcast des Hamburger Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“, der am Donnerstag, 14. September, veröffentlicht wurde. Die Sportjournalisten Lena Cassel und Béla Réthy diskutieren dabei unter der Moderation von Markus Feldenkirchen (Der Spiegel) über die Zukunft des deutschen Männer-Fußballs. Dabei kritisierte Cassel die Führungsriege des Deutschen Fußball-Bunds (DFB) und sagt an einer Stelle: „Wenn er geführt wird wie ein Schützenverein aus Herne, dann wird’s einfach schwierig.“
Herne: „War das nur eine blöde Floskel am Rande?“
In Herne gibt es gut ein Dutzend Schützenvereine, einer der aktivsten ist der Schützenverein St. Hubertus Sodingen-Börnig 1926, der bald 100 Jahre alt wird. Jan Weiring, der 1. Vorsitzende, zeigt sich entsetzt und verwundert über den Vergleich von Lena Cassel (28). Sicherlich gebe es das Vorurteil, dass Schützenvereine angestaubt und altbacken seien, sagt er zur WAZ. Für seinen Verein gelte das aber keineswegs, stellt er klar. St. Hubertus Sodingen, 80 Mitglieder stark, sei modern und jung aufgestellt. Deshalb ärgert sich der 33-Jährige über die Äußerung der Sportjournalistin. Und fragt: „War das nur eine blöde Floskel am Rande?“ Oder hat sie das am Ende ernst gemeint?
Das will Weiring die Berliner Sportjournalistin gerne selbst fragen. Er hat eine Stellungnahme zu dem Podcast geschrieben und diese auch auf Facebook veröffentlicht. Darin heißt es: „Gerne möchten wir Sie einladen, sich im Rahmen Ihrer Begeisterung für Sport ein Bild unserer Sportart und unseres Vereinslebens zu machen.“ Cassel möge, bitte schön, Kontakt zum Verein aufnehmen: „Nutzen Sie doch die Gelegenheit zu einem offenen Erfahrungsaustausch. Eine E-Mail-Adresse ist angegeben. Bislang, sagte Weiring, habe sich die Journalistin nicht gemeldet; das sei schade. Er will aber die Hoffnung nicht aufgeben, dass noch eine Reaktion folge. Wer sich dagegen gemeldet habe, seien andere Schützenvereine. Sie hätten positiv auf seine Kritik reagiert. Auch auf Anfrage der WAZ gab es keine Reaktion von Laura Cassell.
Auf Anfrage der WAZ hat sich aber „Spiegel“-Journalist Markus Feldenkirchen bei der WAZ gemeldet. Hier lesen Sie, was er sagt.
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In seiner Stellungnahme hatte der Vereinschef auch erklärt, dass St. Hubertus nicht dem Klischee, das Cassel bediene, entspreche: „Unser geschlechtlich gemischter Vorstand mit einem Altersdurchschnitt unter 40 Jahren spricht an dieser Stelle wohl für eine eindeutige Trendwende hin zu einem jungen und dynamischen Verein. Ebenfalls versuchen wir, mit vielen innovativen und technischen Neuerungen den Trends der heutigen Zeit gerecht zu werden, was durch unsere stark anwachsende Jugendabteilung unter Beweis gestellt wird.“ Und weiter heißt es: „Neben dem traditionellen Schützenwesen bieten wir Jung und Alt die Möglichkeit, mit modernem Material den Schießsport auszuüben.“ Diese so genannte Randsportart habe im Übrigen bei diversen Olympischen Spielen regelmäßig für einen Medaillen-Regen gesorgt.
Hernes Oberbürgermeister Frank Dudda teilt offensichtlich die Kritik der Herner Schützen. Mit nur einem Wort kommentiert er auf Facebook die Stellungnahme des Vorsitzenden: „Exakt“.
Schon in der Vergangenheit hat das Nachrichtenmagazin in Herne Ärger ausgelöst – auch beim Oberbürgermeister. So hatte der „Spiegel“ 2019 zum Jahrestag des Mauerfalls vor 30 Jahren ein Extraheft veröffentlicht. Unter der Überschrift „Der Osten im Westen“ war auch Herne Bestandteil der Reportage. Viel vom Aufbruch in der Stadt hätten die Gesprächspartner dem Autor vermittelt, sagten diese anschließend verärgert, in dem Bericht sei davon aber kaum bis nichts gelandet. Im Gegenteil: Herne sei einmal mehr als graue Maus beschrieben worden. OB Dudda drückte es diplomatisch aus: „Da war das Klischee wohl stärker als die Realität.“