Herne. In Herne machen die Sinterwerke dicht. Mitarbeiter sind entsetzt, die IG Metall schäumt. Wie es weitergeht? Unklar. Die Chefetage schweigt.

  • Die Sinterwerke an der Forellstraße in Herne-Baukau schließen Ende 2024.
  • Der Automobilzulieferer beschäftigt noch rund 140 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
  • Geschäftsführung äußert sich nicht gegenüber der WAZ.

Die angeschlagenen Sinterwerke in Herne machen dicht. Bis zuletzt hatten die rund 140 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gehofft, dass ein Investor in das Baukauer Unternehmen einsteigt, das Teile unter anderem für die Automobilindustrie herstellt. Daraus wurde nichts. „Das ist ein harter Schlag für Herne“, kommentiert Hernes Wirtschaftsförderer Dirk Drenk die traurige Nachricht gegenüber der WAZ. Die Geschäftsführung schweigt: Eine Bitte der WAZ um Stellungnahme wurde nicht beantwortet.

Seit März hatte die Belegschaft gehofft und gebangt. Von einem Tag auf den anderen hatte der japanische Eigentümer „Sumitomo Electric Group“ damals mitgeteilt, dass der Herner Standort an der Forellstraße Ende 2024 dichtgemacht werde. Zu den Gründen gab die stets wortkarge Unternehmensführung nicht groß Stellung. Hintergrund sei wohl, dass sich Sumitomo aus dem europäischen Markt zurückziehen wolle, hieß es bei der IG Metall. Der Schock in der Belegschaft war jedenfalls groß, bald war sogar von einem „Nervenkrieg“, den das Unternehmen führe, die Rede. Die IG Metall kündigte Widerstand an, eine Mahnwache vor dem Werkstor wurde eingerichtet, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gaben sich kämpferisch.

Herne: Investor hatte sich für eine Übernahme interessiert

Nach Bekanntwerden der Schließungspläne gab sich die Belegschaft kämpferisch und hoffte auf eine Zukunft für das Herner Unternehmen.
Nach Bekanntwerden der Schließungspläne gab sich die Belegschaft kämpferisch und hoffte auf eine Zukunft für das Herner Unternehmen. © FUNKE Foto Services | André Hirtz

Scheinbar mit Erfolg: Im Sommer keimte Hoffnung auf. Ein Investor interessierte sich für das Unternehmen, das sich auf die Produktion von Sinterformteilen und magnetische Werkstoffe spezialisiert hat. Auf Einladung der Gewerkschaft und mit Unterstützung von Hernes Wirtschaftsförderer Dirk Drenk skizzierte das Unternehmens NBO seine Vorstellungen, wie es die Sinterwerke aus der Krise führen will. Ein Vorteil schien, dass einer der Verantwortlichen die Sinterwerke bestens kennt aus seiner früheren Zeit als Berater und als Prokurist an der Forellstraße. Die NBO-Chefs mahnten aber zum Tempo, weil viele Kunden der Sinterwerke, aber auch bereits Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vom sinkenden Schiff abgesprungen seien: „Je länger es dauert, desto geringer wird die Chance auf eine erfolgreiche Betriebsfortführung“, so einer der beiden Chefs.

„Ein harter Schlag für Herne“: Hernes Wirtschaftsförderer Dirk Drenk.
„Ein harter Schlag für Herne“: Hernes Wirtschaftsförderer Dirk Drenk. © FUNKE Foto Services | Christof Köpsel

Nun soll endgültig Schluss sein, bestätigt die IG Metall gegenüber der WAZ. Sumitomo habe mitgeteilt, dass das Unternehmen alle Gespräche mit NBO abgebrochen habe: „Damit steht fest, dass die Sinterwerke endgültig geschlossen werden“, so Gewerkschaftssekretär Torsten Lankau zur WAZ. Die fatalen Konsequenzen: „Alle werden ihren Job verlieren.“ Eine wirkliche Begründung für das Aus habe die Geschäftsführung der Gewerkschaft nicht mitgeteilt. Die Begründung sei „sehr, sehr fadenscheinig“ ausgefallen – und zeige, dass das Unternehmen von Anfang an kein Interesse an einer Zukunft des Werkes gehabt habe. „Der Frust ist riesig“, fasst er die Gefühle der Betroffenen und der Gewerkschafter zusammen.

+++ Nachrichten in Herne – Lesen Sie auch: +++

Und wie geht es nun weiter, gerade auch mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern? Das sei noch völlig unklar, sagt Hernes Wirtschaftsförderer Drenk. Wichtig sei, dass die Menschen, die spätestens Ende 2024 ihre Arbeit verlieren, breit unterstützt werden. Dann läuft auch der Standortsicherungstarifvertrag aus. Möglich sei eine Transfergesellschaft, denkbar seien aber auch andere Modelle, um die Belegschaft zu coachen und fit zu machen, für den Arbeitsmarkt. Nicht nur bei der Qualifizierung, auch bei der Jobsuche sei Unterstützung nötig. Wie das konkret laufen soll, müsse nun geprüft und umgesetzt werden, so Drenk zur WAZ.

>>> Von BTMT zu den Sinterwerken

In den vergangenen Jahren gab es bei den Sinterwerken eine ständige Abwärtsspirale. Der Baukauer Automobilzulieferer, damals noch unter dem Namen BT Magnet-Technologie (BTMT), strich 2009 rund 110 von damals 430 Stellen. In den Folgejahren wechselten mehrfach die Besitzer, Arbeitsplätze wurden abgebaut. So legte das Unternehmen 2013 die Magnete-Produktion still, 87 Stellen fielen weg.

2019 übernahm die Sumitomo-Gruppe (Japan) das Unternehmen, das mittlerweile Sinterwerke hieß. 2020 einigten sich Eigentümer, Betriebsrat und IG Metall auf den Wegfall von weiteren 58 Stellen, verbunden mit einem Sozialplan. Da hatte das Unternehmen bereits nur noch 200 Beschäftigte.