Herne. Die Belegschaft wurde kalt erwischt: Ein Herner Traditionsunternehmen soll geschlossen werden. Die IG Metall kündigt Widerstand an.
Die Leidensgeschichte der Sinterwerke setzt sich fort: Der Herner Standort an der Forellstraße in Baukau soll Ende 2024 dicht gemacht werden. Das hat der japanische Eigentümer „Sumitomo Electric Group“ in der vergangene Woche den Beschäftigten mitgeteilt. Etwa 150 Arbeitsplätze stehen damit auf dem Spiel „Die Entscheidung kam aus heiterem Himmel und hat uns völlig kalt erwischt“, sagt IG Metall-Sekretär Torsten Lankau. Die Gewerkschaft werde gegen die drohende Schließung kämpfen.
Zeichen deuteten in eine positive Richtung
Hintergrund der Entscheidung sei wohl, so Lankau, dass sich Sumitomo aus dem europäischen Markt zurückziehen wolle. Dennoch sei sie völlig unverständlich, denn die Zeichen hätten in der jüngeren Vergangenheit in eine ganz andere Richtung gedeutet. Es habe eine ganze Reihe von guten Ansätzen für neue Produkte gegeben, es habe Investitionspläne gegeben, neue Mitarbeiter seien eingestellt worden, Leiharbeiter fest angestellt, befristete Verträge in unbefristete umgewandelt worden. Besucht man die Internetpräsenz der Sinterwerke, finden sich Stellenangebote, allerdings ist nicht klar, ob die Seite noch aktualisiert wird.
Darüber hinaus hätten die Sinterwerke einen Technologievorsprung, so dass in Herne Produkte hergestellt werden könnten, die es in dieser Form woanders nicht gebe. Das Unternehmen stellt Teile für den Automobilbereich, aber auch andere Branchen her. Beim Sintern wird das Werkteil aus einem Pulver in Form gepresst.
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Nach den Vorstellungen von Sumitomo sollen die vorhandenen Kundenaufträge bis Ende 2024 - dann läuft auch der Standortsicherungstarifvertrag aus - abgearbeitet werden, doch in dieser Hinsicht meldet Lankau leise Zweifel an. In Zeiten des Fachkräftemangels könnten sich die Mitarbeiter nach neuen Stellen umschauen.
„Bis jetzt ist alles sehr undurchsichtig“
Die IG Metall wolle jedenfalls nichts unversucht lassen, den Standort doch zu erhalten. Lankau: „Warum soll eine Schließung denn alternativlos sein?“ Man werde Einsicht in die unternehmerischen Vorgänge nehmen, um Alternativen zu erarbeiten. Eine könne ein Verkauf sein. Die Restrukturierung sei auf einem guten Weg, es sei möglich ein wirtschaftlich erfolgreiches Geschäftsmodell zu realisieren. In den kommenden Wochen und Monaten werde es darum gehen, Licht ins Dunkel der Entscheidung zu bringen. „Bis jetzt ist alles noch sehr undurchsichtig.“
Jahrelange Ungewissheit durch Stellenabbau und Eigentümerwechsel
Mit der Schließungsankündigung setzt sich die jahrelange Ungewissheit für die Mitarbeiter fort. Schon im Jahr 2009 wurden 110 von damals 450 Stellen gestrichen. In den Folgejahren wechselte das Unternehmen, das früher unter BTMT firmierte, mehrfach den Besitzer. Und immer war der Besitzerwechsel mit dem Abbau von Arbeitsplätzen verbunden. Das änderte sich auch mit der Übernahme durch die Sumitomo-Gruppe nicht. Im Jahr 2020 einigten sich Eigentümer, Betriebsrat und IG Metall auf den Wegfall von 58 Stellen, verbunden mit einem Sozialplan.