Herne. Die Bombe, die am Dienstag in Wanne-Süd gesprengt werden musste, wird nicht die letzte gewesen sein. Es dürften noch mehr Blindgänger schlummern.

Der Knall war fast in ganz Wanne-Eickel zu hören, als der Blindgänger auf dem ehemaligen Heitkamp-Gelände in Wanne-Süd am Dienstagabend kontrolliert gesprengt wurde. Gegen 21.30 Uhr konnten die Menschen nach rund fünf Stunden endlich wieder in ihre Häuser und Wohnungen zurückkehren. Die Anwohnerinnen und Anwohner des Stadtteils werden sich darauf einstellen müssen, dass sie in Zukunft noch häufiger evakuiert werden.

Die Liste der Blindgängerfunde in Wanne-Süd wird immer länger und reicht Jahre zurück. So wurde 2014 - im Zuge des Baus des Rewe-Markts an der Dorstener Straße - eine 1,8 Tonne schwere Luftmine entdeckt. Rund 10.000 Menschen mussten seinerzeit ihre Häuser verlassen, Evakuierungsradius reichte wegen der Größe der Bombe weit nach Wanne-Süd hinein.

Der gesprengte Blindgänger hat einen großen Krater hinterlassen.
Der gesprengte Blindgänger hat einen großen Krater hinterlassen. © Stadt Herne

Im Verlauf der Jahre reiht sich Fund an Fund: 2017 auf dem heutigen Parkplatz des Technischen Rathauses; 2018 an der Steinstraße und im Zuge des Kreisverkehrbaus; 2019 in einer Kleingartenanlage an der Dorneburger Straße und unter dem Stadionnebenplatz; 2020 gab es gleich zwei Funde am Bobenfeld; 2022 mussten die Feuerwerker der Bezirksregierung Arnsberg zur Kastanienallee ausrücken; im November 2022 gab es den ersten Fund in der Mondpalast-Arena - im Mittelkreis. Im Verlauf dieses Jahres wurden dort weitere Bomben entschärft. Und am Dienstag eben die Sprengung auf dem Betriebsgelände des Unternehmens Eiffage.

Viele Blindgänger in Wanne-Süd wegen Güterbahnhof und Zechengelände

Die Häufigkeit und Regelmäßigkeit gerade in Wanne-Süd erklärt sich mit einem Blick auf den Stadtplan. Einerseits war im Zweiten Weltkrieg die Zeche Shamrock (heute die Brache General Blumenthal) das Ziel von Bombenangriffen, andererseits der große Güterbahnhof. Und da im Zuge von Bauarbeiten das Erdreich sondiert werden muss, kommen immer wieder die hochexplosiven Hinterlassenschaften des Weltkriegs ans Tageslicht - mit den bekannten Unannehmlichkeiten für die Anlieger: raus aus den Wohnungen und womöglich in einer Sammelstelle Stunden auf die erfolgreiche Entschärfung warten.

Dennis Przybylski, beim Fachbereich öffentliche Ordnung für Kampfmittelbeseitigung verantwortlich, bestätigt im Gespräch mit der Herner WAZ-Redaktion, dass Wanne-Eickel im Zweiten Weltkrieg stark von Bombenangriffen betroffen war. Ein Luftbild, das in seinem Büro hängt, zeigt die vielen Einschläge in Wanne-Süd. Przybylski arbeitet seit 2019 bei der Stadt, der Blindgänger vom Dienstag war für ihn Nummer 31.

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Ab 3. Juli weiterer Erkundung von Verdachtspunkten

Und er geht fest davon aus, dass noch eine Reihe folgen werden - gerade auch in Wanne-Süd. Denn: Am Dienstag sollten eigentlich insgesamt sechs Verdachtspunkte überprüft werden, doch auf Grund des Funds sei die Suche nicht komplett durchgeführt worden. Am 3. Juli sollen die Bohrungen und Sondierungen fortgesetzt werden. Przybylski: „Wir haben noch weitere Verdachtspunkte auf dem Gelände, die Wahrscheinlichkeit ist sehr groß, dass es weitere Evakuierungen geben wird.“ Die Suche auf dem Eiffage-Gelände gestalte sich schwierig, weil es dort eine sechs Meter hohe Aufschüttung mit kontaminiertem Boden gebe. Heißt: Unter erhöhten Sicherheitsvorkehrungen müsse erst durch diese sechs Meter und dann zusätzlich acht Meter in die Tiefe gebohrt werden.

Und dann ist da ja noch die Brache General Blumenthal. Die soll in den kommenden Jahren entwickelt werden. Dann dürften auf die Anlieger weitere Evakuierungen zukommen, nach Przybylskis Einschätzung schlummern dort noch mehr explosive Altlasten im Boden.