Herne. Eine 20-Jährige stirbt bei einem Brand in einem Kleingarten in Herne. Eine Mordkommission ermittelt. In der Anlage herrscht Schockstarre.

Peter Groemke lehnt sich auf seinen Rollator. Der 70-Jährige kann es noch gar nicht so richtig fassen, was hier passiert ist. Eigentlich ist es ruhig hier. Die Anlage heißt ja Erholung. Jetzt ist plötzlich alles anders. Bei einem Brand in der Kleingartenanlage an der Emscherstraße im Stadtteil Wanne wurden am Dienstag, 27. Juni, zwei Menschen schwerstverletzt worden. Eine 20-Jährige starb kurz darauf. Ihr 22-jähriger Freund kämpft um sein Leben. Nachbarn sind in Schockstarre.

Die Hintergründe bleiben aktuell noch rätselhaft. Die Polizei hat eine Mordkommission eingerichtet. Man könne weder einen Unfall noch ein Kapitaldelikt ausschließen.

  • Ein 22-Jähriger und eine 20-Jährige wurden lebensgefährlich verletzt, die 20-Jährige starb im Krankenhaus
  • Die Polizei hat eine Mordkommission eingerichtet
  • Der Kleingartenverein im Herner Stadtteil Wanne hat 114 Parzellen
  • Die Feuerwehr wurde zu einem Brand gerufen

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Der Eingang zur Parzelle Nr. 29. In der Laube spielte sich das Drama ab. Die 20-Jährige starb im Krankenhaus an ihren schweren Verletzungen.
Der Eingang zur Parzelle Nr. 29. In der Laube spielte sich das Drama ab. Die 20-Jährige starb im Krankenhaus an ihren schweren Verletzungen. © WAZ | Arne Poll

Eine Spur der Verwüstung in der Laube von Grundstück Nr. 29

Es sieht chaotisch aus am Mittwochmorgen in der Laube von Grundstück Nr. 29. Leere Flaschen liegen herum. Ein Bild ist von der Wand gerissen. Glas ist zerborsten. Überall sind kleinere Spuren von Feuer. Einen klassischen Brand scheint es hier nicht gegeben zu haben. Die Polizei hat die Hütte versiegelt.

„Das passt alles nicht. Der Garten ist hervorragend gepflegt. In der Hütte ist Chaos“, sagt Claudia Groemke (59). Die zweite Vorsitzende des Vereins zeigt sich schockiert nach dem Vorfall vom Dienstagabend. Der Alarm aus der Kleingartenanlage „Erholung“ war am Dienstagabend (27. Juni) gegen 20.30 Uhr bei der Feuerwehr eingegangen. „Bei Eintreffen machten sich zwei schwerverletzte Personen den Einsatzkräften bemerkbar, die umgehend rettungsdienstlich versorgt wurden“, sagt Einsatzleiter Benjamin Grunau. Die Verletzungen waren den ersten Erkenntnissen nach sehr schwer. Ein Rettungshubschrauber und ein Rettungswagen brachten die Verletzten in Spezialkliniken. Die Feuerwehr war mit etwa 35 Rettungskräften im Einsatz.

Nachbar Peter Groemke (70) bezeichnet den schwerverletzten 22-Jährigen als „feinen Kerl“.
Nachbar Peter Groemke (70) bezeichnet den schwerverletzten 22-Jährigen als „feinen Kerl“. © WAZ | Arne Poll

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Ermittler fragen: War es ein Unfall oder ein Kapitaldelikt

Die Schilderung der Feuerwehr von Dienstag klang nach einem Unfall. Die Polizei aber richtete eine Mordkommission ein, um die Hintergründe zu klären. Man müsse ausschließen oder bestätigen, ob es sich um ein versuchtes Tötungsdeliktes handelt.

Was hinter dem Verdacht steckt, wollte die Polizei bis dato noch nicht sagen. Sprecherin Mirella Turrek bestätigt den Fund von Flaschen mit Brandbeschleuniger, die sichergestellt wurden. Um was es sich dabei genau handele, sei noch nicht klar. Die Brandursache und die Umstände, die zu den Verletzungen führten, seien „derzeit noch unklar“. Mit neuen Erkenntnissen sei nicht schnell zu rechnen.

Polizeibeamte gehen am Dienstagabend durch die Kleingartenanlage Erholung.
Polizeibeamte gehen am Dienstagabend durch die Kleingartenanlage Erholung. © M. Weber/WTVnews | M. Weber

In der Nachbarschaft ist die Rede davon, dass es kurz vorher einen lautstarken Streit gegeben haben soll. Eine Nachbarin will gegen 20 Uhr eine Auseinandersetzung zwischen dem jungen Paar mitbekommen haben. Der Mann soll der Sohn der Eigentümer sein. Aber diesen Streit könne sie „zum jetzigen Zeitpunkt“ nicht bestätigen, sagt Mirella Turrek am Dienstag. Auch den gerüchteweise geäußerten Verdacht, dass der Mann die Frau bewusst angezündet haben soll, nennt Turrek alleine „Mutmaßungen und Gerede in der Kleingartenanlage“. Die Polizei dementiert ausdrücklich alles, was den 22-Jährigen selbst unter Verdacht stellt. Die Ermittlungen seien in alle Richtungen offen. Demnach könnte der Mann selbst Opfer sein.

Auch vor der Hütte sind Brandspuren zu sehen.
Auch vor der Hütte sind Brandspuren zu sehen. © WAZ | Arne Poll

Idylle am Gartenzaun – Kleingartenanlage Erholung mit 114 Parzellen

„Er war immer ein ganz feiner Kerl“, sagt Claudia Groemkes Mann Peter Groemke (70) über den jetzt Schwerverletzten. „Das war ein wunderschönes Grundstück.“ Wie es aber direkt an der Hütte aussehe, sei schockierend so wie das Ereignis selbst. „Unsere Anlage nennt sich doch Erholung.“ 114 Gärten zähle die gesamte Anlage. Die Wege sind als Erholungsflächen öffentlich. Der Verein verpachtet die Grundstücke.

„Unser schöner Garten“ steht auf einem Schild am Fenster. Im Garten steht ein Bohrhammer aus dem Bergbau direkt neben einem tönernen Schaf. Den Nachbarn bleibt der Schock. Fernsehteams laufen die Wege ab, Reporter suchen nach Hintergründen. Viele Anwohner hoffen, dass sich am Ende doch herausstellt, dass es nur ein Unfall war.

Die Ermittlungen dauern weiter an.

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Das Grundstück rund um die Laube ist hervorragend gepflegt.
Das Grundstück rund um die Laube ist hervorragend gepflegt. © WAZ | Arne Poll