Heinz-Werner Bitter, Geschäftsführer der ev. Krankenhausgemeinschaft Herne/Castrop-Rauxel geht nach 40 Jahren in den Ruhestand. Ein Rückblick.
In der evangelischen Krankenhausgruppe Herne/Castrop-Rauxel endet eine Ära: Heinz-Werner Bitter tritt nach 40 Jahren - davon 30 als Geschäftsführer - in den Ruhestand. Im Gespräch mit WAZ-Redakteur Tobias Bolsmann blickt der 66-Jährige zurück.
Herr Bitter, Sie sind seit dem 1. März formal in Ruhestand, sitzen aber nach wie vor an Ihrem Schreibtisch. Wie ist das zu erklären?
Bitter: Das hat nichts damit zu tun, dass ich meine Arbeit noch nicht fertig habe. Ich habe aber vereinbart, dass ich noch bis zum 30. Juni bleibe, um den Neubau der Apotheke an unserem Gesundheits-Campus in Castrop-Rauxel fertig zu stellen. Mein Nachfolger ist bei diesem Thema bislang nicht involviert gewesen.
Sie befinden sich also in einem sprichwörtlichen Unruhestand...
…das kann man so sagen, aber ich bereite mich auch schon auf die Zeit danach vor. Allerdings ich habe noch genügend Zeit, um zurückzublicken. Denn die 40 Jahre betrachte ich als meine Lebensleistung.
Haben Sie denn schon begonnen, Ihren Schreibtisch aufzuräumen?
Das ist eine echte Herausforderung. Da müssen jetzt eine Menge Vorgänge beseitigt werden, aber ich will jetzt auch nicht einen völlig leeren Schreibtisch hinterlassen. Mein Nachfolger, Matthias Adler, muss sich auch orientieren können. Wir haben leider keine gemeinsame Übergangszeit, weil er nicht frühzeitig aus seinem Vertrag herausgekommen ist. Aber wir stehen im Dialog, um die relevanten Themen abzustimmen und zu übergeben. Ich kann auch sagen, dass in den Altakten in den Schränken viele Erinnerungen stecken. Und die sind in der Rückschau durchweg positiv. Ich kann sagen, dass ich eine sehr erfolgreiche Zeit hatte.
Wie sind Sie zur evangelischen Krankenhausgemeinschaft gekommen?
Ich hatte immer zwei Funktionen: Ich bin Geschäftsführer und Vorstand der Evangelischen Krankenhausgemeinschaft und des Evangelischen Verbundes Ruhr. Daneben bin ich Geschäftsführer und Vorstands des Krankenhauszweckverbandes Westfalen. Angefangen habe ich am 1. Februar 1983 als Verbandsassistent und habe Verbandsarbeit gemacht. Überwiegend habe ich in den 40 Jahren Budgetverhandlungen geführt. So hat es sich ergeben, dass ich zum 1. Januar 1989 Verwaltungsdirektor des evangelischen Krankenhauses Herne geworden bin. Und zum 1. Juli 1993 Geschäftsführer. Erste Berührung mit dem Krankenhaus hatte ich übrigens schon im Zivildienst, den ich im EvK in Witten geleistet habe.
Was hat Sie in den vier Jahrzehnten geprägt? Und inwiefern haben Sie das Unternehmen geprägt?
Ich habe, so glaube ich, eine sehr gute Bindung zu den Mitarbeitenden. Wir haben eine fast familiäre Atmosphäre, wobei schon klar ist, wer am Ende die Entscheidungen trifft. Neben den vielen Verhandlungen, die ich geführt habe, haben wir viele gute Mitarbeitende gewinnen können. Wenn man gute Leistungsträger hat, ist das die Basis für den Erfolg. Ein anderer Punkt ist die bauliche Entwicklung. Wir haben im Laufe meiner 30 Jahre als Geschäftsführer über 400 Millionen Euro investiert. Die gute Bausubstanz kommt uns heute zugute. Maßgeblich war auch die Zusammenführung der Krankenhäuser in Herne und Eickel im Jahr 2006. Dort haben wir jetzt das drittgrößte Thoraxzentrum in Deutschland. Ganz wichtig ist auch die Notfallpraxis vor dem EvK in Herne. Zudem haben wir auch alle Stationen mehrfach saniert. Und nicht zu vergessen: der Bau der heute unverzichtbaren Parkhäuser an allen Standorten.
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Wissen Sie ungefähr, wie viele Krankenhausreformen Sie in den 40 Jahren miterlebt haben?
Ich kann sagen, dass ich 13 Bundesgesundheitsministerinnen und -minister erlebt habe. Ich habe dabei festgestellt, dass kaum eine Ministerin oder Minister die eigene Reform in der praktischen Auswirkung erlebt hat. 2003 ist in den Krankenhäusern das sogenannte DRG-System eingeführt worden, 20 Jahre später soll es nun „überwunden“ und wieder abgeschafft werden. In diesem Fall hat man erkannt, dass dieses System nicht mehr geeignet ist, die Gesundheitsversorgung der heutigen Zeit abzubilden. Das war immer wieder der Fall. Die Kurzlebigkeit der Reformen war schon sehr anstrengend. Da ich in der Verbandsarbeit auch auf Landes- und Bundesebene vertreten war, hatte ich den Vorteil, dass ich teilweise sehr früh informiert war, was passieren wird und wir konnte frühzeitig darauf reagieren.
Wie sehen Sie die Herner EvK-Häuser für die anstehende Krankenhausplanung aufgestellt?
Sehr gut. Wir haben im EvK an beiden Standorten ein hoch qualifiziertes und repräsentatives medizinisches, pflegerisches und therapeutisches Angebot. Und wir haben in der Region eine Vielzahl von Menschen, die eine stationäre Krankenhausbehandlung benötigen. Vielleicht häufiger als an anderen Orten in NRW. Die neue Krankenhausplanung in NRW will hier neue Strukturen schaffen. Ich glaube nicht, dass es Patienten zuzumuten ist, mehr als 20 Kilometer zu einem anderen Krankenhaus zu fahren. Herne insgesamt, also auch die Elisabeth-Gruppe, hat eine hohe medizinische Attraktivität. Wir haben 20.000 Patienten pro Jahr, die aus anderen Städten zu Herner Krankenhäusern kommen, um sich behandeln zu lassen. Das ist ein gewaltiger Beweis der medizinischen Kompetenz der Herner Krankenhäuser. Ich hoffe, dass dies in der neuen Krankenhausplanung berücksichtigt wird.
Werden Sie ab 1. Juli diesen riesigen Lebensabschnitt komplett hinter sich lassen?
Ich bin bei Fragen zur Vergangenheit gerne ansprechbar, aber die Zukunft möchte ich nicht mehr gestalten. Ich kann bei Bedarf erklären, warum bestimmte Dinge so sind wie sie sind und den historischen Zusammenhang aufzeigen. Entscheidungen kann man besser fällen, wenn man die Historie dazu kennt. Allerdings werde ich nun mehr Zeit mit der Familie verbringen und häufiger verreisen. Außerdem bin ich mit karitativen Dingen beschäftigt und in Fördervereinen aktiv. Mit 66 ist der Punkt gekommen, an dem ich loslasse und mehr Zeit für mich selber haben darf.
>>> DIE EVK-GRUPPE
Die Ev. Krankenhausgemeinschaft Herne/Castrop-Rauxel gGmbH betreibt Krankenhäuser an vier Standorten. Gemeinsam verfügen sie über 1122 Betten, 29 Kliniken, drei Tageskliniken und zwei Kurzzeitbehandlungszentren. Hinzukommen sechs Tochterunternehmen für unterstützende Dienstleistungen. Als einer der größten Evangelischen Arbeitgeber im Ruhrgebiet beschäftigt die Ev. Krankenhausgemeinschaft 3345 Mitarbeitende. Der Jahresumsatz beträgt rund 268 Millionen Euro.