Hattingen. Die Tafel in Hattingen hat ernste Probleme. Die ehrenamtlichen Helfer bekommen den Ärger derer ab, die von der Stadt falsch informiert werden.

Die Mitarbeiter der Tafel in Hattingen gehen auf dem Zahnfleisch. Und die arbeiten ehrenamtlich. Die so wichtige Einrichtung in Hattingen ist in ihrer Existenz bedroht. Auch, weil zusätzliche Helfer fehlen. Die bestehenden erdulden unterdessen vieles. Vor allem von der Stadt fühlen sie sich aber im Stich gelassen.

„Es ist unmöglich, was wir uns hier alles anhören mussten“, sagt Georg Fink. Er ist seit vielen Jahren bei der Tafel engagiert, arbeitet im Vorstand. Ehrenamtlich. Das heißt, Fink bekommt kein Geld dafür, dass er seine Freizeit mit viel Herzblut denen widmet, die dringend auf Hilfe angewiesen sind. Als Dank muss er sich auch privat Pöbeleien gefallen lassen, erzählt er. Warum er nicht endlich arbeite, müsse er sich anhören, wenn er in einem Café sitzt. „Ja, das sind Ausnahmen. Aber die brennen sich ein“, betont der Tafelvorstand. Auch deshalb möchte er sein Gesicht gar nicht mehr gern in der Zeitung sehen.

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Und wie ihm, geht es anderen Helfern. Seit knapp zwei Jahren herrscht Aufnahmestopp bei der Hattinger Tafel. Zum einen reichen die Lebensmittel nicht für alle, die nach Hilfe suchen. Denn vor allem seit Kriegsbeginn in der Ukraine sind viele Flüchtlinge gekommen, die auch zur Tafel gehen. Sie kommen obendrauf auf die vielen Hattinger Bedürftigen.

Es ist unmöglich, was wir uns hier alles anhören mussten. Ja, das sind Ausnahmen. Aber die brennen sich ein.“
Georg Fink - ehrenamtlicher Vorstand der Hattinger Tafel

Zum anderen fehlt es der Tafel inzwischen an Helfern. Fahrer werden dringend benötigt, um die weniger gewordenen Spenden überhaupt abholen zu können. An der Ausgabestelle an der August-Bebel-Straße werden Ehrenamtliche gebraucht, die die Lebensmittel sortieren und zur Abgabe vorbereiten. Ohne sie kann eine Ausgabe nicht gestemmt werden - selbst wenn die Kisten einmal gut gefüllt sind.

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Die Ehrenamtlichen, die noch da sind, sind zunehmend frustriert - und enttäuscht von der Stadt. Die schicke immer wieder neue Geflüchtete zur Tafel, „obwohl die wissen, dass wir Aufnahmestopp haben“, ärgert sich Fink. Das Ergebnis: An der Ausgabestelle stehen die verärgerten Menschen, die sich auf die Aussage der Stadt verlassen haben. „Wir hören nur: ‚aber die Stadt hat doch gesagt, ich soll hierher kommen‘“, berichtet Fink. Auf Verständnis können die Helfer nicht immer hoffen, wenn sie die Menschen wegschicken müssen.

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Obst und Gemüse muss sortiert werden, um die Ausgabe an der Tafel in Hattingen zu stemmen. Doch Helfer fehlen. Für die Tafel Hattingen wird das existenzbedrohend.
Obst und Gemüse muss sortiert werden, um die Ausgabe an der Tafel in Hattingen zu stemmen. Doch Helfer fehlen. Für die Tafel Hattingen wird das existenzbedrohend. © Funke Foto Services | Walter Fischer

Auch würde Geflüchteten das System und der Hintergrund der Tafel seiner Überzeugung nach nicht richtig erklärt. „Plötzlich kommen Leute, die meinen, hier ein Schnäppchen machen zu können. Die glauben, wir sind ein Supermarkt.“

Ausgabezeiten der Tafel

Die Tafel in Hattingen befindet sich an der August-Bebel-Straße 21. Die Lebensmittelausgabe ist dort jeweils montags, mittwochs und freitags von 11.30 bis 12.30 Uhr. Im vergangenen Jahr hatte die Tafel ihre drei Außenstellen zeitweise schließen müssen, weil Lebensmittel nicht reichten. In diesem Jahr will man die Außenstellen bevorzugen. Dafür muss die Hauptstelle teilweise geschlossen bleiben.

Die Außenstellen befinden sich im Rauendahl an der Kirche Heilig Geist, Denkmalstraße 24 (dienstags 11 bis 12 Uhr), in Welper im Paul-Gerhardt-Haus, Marxstraße 23 (mittwochs 11 bis 12 Uhr) und in der Grundschule Haßlinghausen, Geschwister-Scholl-Straße 6 (freitags 11 bis 12 Uhr). Auch für die Belieferung der Außenstellen werden dringens Fahrer und Helfer gebraucht.

70 bis 80 Prozent der Menschen, die die Hattinger Tafel aufsuchen, haben es aber wirklich nötig. Und ihnen wollen Fink und sein Team helfen so gut sie können. Doch das wird auch durch fehlende Bereitschaft, die Tafel regelmäßig zu unterstützen, immer schwieriger. Nach der Corona-Pandemie seien viele Ehrenamtliche weggebrochen und neue kommen kaum nach.

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Die Anreize, die für mögliche und so dringend benötigte Unterstützer möglich wären, blieben aber aus, bedauert auch Tafel-Geschäftsführer Jürgen Sotzek. Seit langem rede man mit der Stadt, um Helfern freies Parken während ihres Ehrenamts zu ermöglichen. Die in Aussicht gestellten Parkplätze gebe es bis heute nicht. „Alle sollen für die soziale Gesellschaft arbeiten, aber es gibt kein Entgegenkommen“, ist er enttäuscht.

Dieser Text erschien zuerst am 5. Mai 2024.

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