Hattingen. In Hattingen gibt es Car-Sharing und E-Scooter. Metropolrad-Leihräder sollen kommen. In den Alltag vieler passt das nicht. Bürger üben Kritik.

Mit Hochdruck arbeiten die Kommunen am Klimaschutzprogramm, auf das die Bundesregierung sie verpflichtet hat. Die Uhr tickt, der Maßnahmenkatalog ist umfangreich. „Weg mit dem Individualverkehr“ lautet die Devise. Auch Hattingen ist auf diesem Weg mit Car-Sharing, E-Scooter-Verleih und bald Leih-Fahrrädern. Bürger erklären, warum das Konzept für sie nicht nach Hattingen passt.

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In Hattingen gibt es bislang zwei Car-Sharing-Fahrzeuge, die man bei Bedarf nutzen kann. Sie stehen an der Bruchstraße 26. Hier gibt es auch eine Ladesäule für den Akkus des E-Autos. Um die Kapazitäten auszubauen, ist abgekündigt, dass der Betreiber „Stadtmobil“ vier weitere Leihfahrzeuge bereitstellen will. Dafür bekommt das Unternehmen kostenlos vier Parkplätze über einen Zeitraum von fünf Jahren zur Verfügung gestellt.

„In der Großstadt kann ich mir das gut vorstellen. Da hätte ich wahrscheinlich gar kein Auto“, vermutet die Hattingerin Siggi Lehnert, die bereits ein E-Auto in der Familie hat. Roller und E-Bike kommen für sie bei ihrem Alltagskonzept gar nicht in Frage: „Ich plane meinen Tag so, dass ich alle Aufgaben in einem Rutsch erledigen kann. Ich fahre zur Arbeit, koordiniere das mit Sport, den Terminen der Kinder und dem Einkaufen auf einem Weg. Ich bin viele Stunden am Stück unterwegs, optimiere die Wege. Das geht ja nicht mit einem Fahrzeug im Sharing-System“, erläutert sie.

Die E-Scooter der Firma Zeus rollen seit knapp anderthalb Jahren durch Hattingen.
Die E-Scooter der Firma Zeus rollen seit knapp anderthalb Jahren durch Hattingen. © Hattingen | Gero Helm

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Ein großer Kritikpunkt in Sachen E-Mobilität bei den Bürgerinnen und Bürgern ist die Technologie an sich. Sie stehen dem Hype um die Elektromobilität kritisch gegenüber. „Die Mitglieder der Initiative ‚Letzte Generation‘ sollten sich mal mit den Abbaubedingungen etwa von Kobalt beschäftigen. Da bauen nämlich Gleichaltrige das für die Akkus notwendige Kobalt ab. Das kommt aus dem Kongo“, sieht Ramon Meretzky auch die andere Seite der E-Mobilität. Menschenrechte seien dort kaum von Belang, und auch die Zerstörung der Ökosysteme und der Lebensgrundlage vieler Menschen durch den Abbau von Kobalt interessiere hier niemanden, glaubt er.

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Für den Hattinger Christoph Steffan ist keine der Alternativen in seinem beruflichen und privaten Alltag praktikabel: „Ich arbeite in Langenberg, muss täglich mit Anzug und Krawatte im Büro sein. Wie soll das bei Wind und Wetter mit dem Roller oder auf dem E-Bike gehen?“ hat er wenig Lust und noch weniger Zeit, den Weg zur Arbeit von 20 Minuten auf mehr als eine Stunde pro Strecke, zu verlängern. Auch privat braucht er für sein Lebenskonzept maximale Flexibilität und jederzeit die Möglichkeit, einen PKW benutzen zu können. Den E-Scooter sieht er eher als Fortbewegungsmittel für die Freizeit, das aber auf seine Lebenssituation nicht passt.

Das Verleihsystem von Metropolrad-Ruhr geht im Mai 2024 in Hattingen an den Start.
Das Verleihsystem von Metropolrad-Ruhr geht im Mai 2024 in Hattingen an den Start. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Car-Sharing in Hattingen

Im vergangenen Jahr wurden in Hattingen etwa 22.000 Kilometer durch über Car-Sharing geliehene Autos zurückgelegt. 700 Mal wurden Teilzeit-Autos von Hattingern gebucht.

In den Metropolen – etwa in Köln - läuft das System längst in täglicher Routine: Die Handy-App meldet, wo in der Nähe ein Fahrzeug steht. Mit wenigen Klicks auf dem Smartphone ist das Auto reserviert, ein weiterer Mausklick öffnet die Türen, die Fahrt mit drei Personen und einem Hund kostet gut fünf Euro. Die Fahrt mit der der S-Bahn hätte das Dreifache gekostet, die Wartezeit an der zugigen Haltestelle wäre obendrauf gekommen.

Linda Blaschick mag sich in beruflichen Terminen auch nicht auf Roller, Bike und geteiltes Auto verlassen. Sie arbeitet in Essen, lebt in Hattingen. „In Innenstädten und in den Großstädten mag das funktionieren. Hier am Ortsrand von Hattingen aber nicht. Ich muss maximal flexibel sein, kombiniere Beruf und Freizeit und brauche hier maximale Flexibilität“, erläutert sie.

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Auch die Kombination von Homeoffice und Präsenz in Kombination mit privaten Wegen verlange maximale Flexibilität. Die biete ein Sharing-Konzept nicht, resümiert Blaschik. Ihr Weg zu Arbeit betrage etwa eine halbe Stunde, mit den diskutierten Alternativen brauche sie ein Vielfaches dieser Zeit. „Undenkbar!“ ist ihre Einschätzung, wobei sie sich aber vorstellen kann: „Wenn ich eine Radtour machen würde, dann würde ich mir auch ein E-Bike leihen.“