Hattingen. Die Gaststätte Geldmann in Hattingen-Niederwenigern ist geschlossen. Das Haus steht zum Verkauf. Ob dort eine Kneipe bleibt, ist unklar.
Die Gaststätte Geldmann in Niederwenigern hat geschlossen. Das Haus in prominenter Lage gleich gegenüber dem Mauritiusdom steht zum Verkauf. Eigentümer Klaus Figge würde sich freuen, wenn ein Gastronom sich der Immobilie annehmen würde.
An der Eingangstür hängt noch die Speisekarte des Gaststätten-Pächters Frank Ley: Männer- und Damenschnitzel gab es hier für 13,50 Euro, Currywurst ebenso wie Scholle und Zanderfilet, für die Kleinen Spezialgerichte mit Namen wie Biene Maja. Doch die Küche bleibt nun kalt.
Aus für die Gaststätte Haus Geldmann in Niederwenigern
An der der Isenbergstraße zugewandten Hausseite hängt noch die 2013 eingeweihte, erste Geschichtstafel der Projektgruppe „Historische Wanderwege“ im Kultur-Förderkreis Niederwenigern, die sich mit der am 1. Mai 1890 eröffneten Gaststätte befasst und sie als „die älteste noch existierende Gaststätte im Ort“ bezeichnet. Damit ist es nun zunächst vorbei.
„Mir ist fristgerecht gekündigt worden“, sagt Ley – und bedauert, dass er die Türen nach sieben Jahren schließen musste. „Viele jüngere Fußballer kamen auch gern“, erklärt der 62-Jährige, der früher im inzwischen längst geschlossenen „Blauen Ochsen“ kochte.
Hauseigentümer zieht in den Norden
Verkaufen möchte Eigentümer Klaus Figge (61) von der Zahnarztpraxis Mundstolz nun, weil es ihn privat in den Norden, in die Nähe von Oldenburg zieht mit seiner Familie. Er werde dann auch weniger in der Zahnarztpraxis sein. „Ich musste außerdem den Gastraum renovieren. Das war dringend notwendig.“ Gerne würde er sehen, wenn sich ein Gastronom fände, der weitermacht. „Ich glaube schon, dass eine Kneipe gut laufen kann. Ich hätte auch selbst Ideen wie eine Musikkneipe“, erklärt Klaus Figge. Auch mit den ehemaligen Pächtern Kickermann stünde er noch in gutem Kontakt. Sie würden ebenfalls denken, dass eine Kneipe an dem Standort gut laufen könne.
Interessierte Gastronomen hätten sich auch bereits die Immobilie angesehen, „aber derzeit scheint es so zu sein, dass viele die Finanzierung nicht hinbekommen. Das ist wohl derzeit schwierig.“
Haus steht zum Verkauf – für 449.900 Euro
449.900 Euro soll das Wohn- und Geschäftshaus mit 257 Quadratmetern Gesamtfläche kosten – 165 entfallen auf den Gastraum, 92 auf die Wohnung im Obergeschoss mit Wohnzimmer, Küche, Bad und vier weiteren Räumen.
Ortsbürgermeister Theo Haske hofft, dass nach dem Verkauf wieder eine Gaststätte in dem Haus eröffnen kann. „Früher gab es hier 16 oder 17 Kneipen und Gaststätten. Jetzt gibt es noch das Esszimmer und den Alten Gasthof. Allein im Dombereich gab es mehrere: Linnemann, Wolf dort, wo jetzt die Bäckerei Peter ist, mit Eingang am Domplatz, dann das Domcafé Pieper, es gab eine Gaststätte gegenüber der Pizzeria, in der heute eine Zahnarztpraxis ist, die Kupferkanne, Zu den drei Linden, den Blauen Ochsen, die Waldklause und Waidmannsruh an der Ruhr“, nennt er spontan nur einige.
Gastronomie mit Tradition
Die Gaststätte Geldmann hatte Tradition: Knobelklubs, Skatbrüder, Sparverein, Männergesangsverein, Blaskapelle, Geburtstags- und Kommunionfeiern, Feierabendbier, politische Diskussionen oder Kaffee nach einer Beerdigung – zu vielen Anlässen kamen Menschen hier zusammen.
Begonnen hat alles damit, dass Gastwirt und Postagent Heinrich Dornemann dem Holzhändler Wilhelm Ohm (genannt Geldmann) aus Altendorf 1890 die Gastwirtschaft verpachtete – für 900 Goldmark pro Jahr. Sechs Jahre später kaufte Geldmann das Lokal.
Im Saal war mal der katholische Kindergarten
Er und seine Frau Elisabeth hatten drei Kinder, mit deren Hilfe die Mutter das Lokal weiter betrieb, als ihr Mann mit 42 Jahren starb: So steht es in der Chronik zum 100-jährigen Bestehen.
Sohn Paul Geldmann, Zechenbeamter, übernahm das Lokal nach dem Tod seiner Mutter. Zunächst kam 1922 der Anbau. Paul Geldmann führte die Gaststätte ab 1933 mit großem Engagement. Nach dem Krieg kamen hier Kriegsflüchtlinge unter, er stellte 1948 bis 1953 den Saal der katholischen Kirchengemeinde für einen Kindergarten zur Verfügung.
Im Jahr 2007 sollte das Haus mal Wohnhaus werden
Als Geldmann im Alter von 90 Jahren starb, vererbte er die Gaststätte seinem Patenkind Anna Wurm und ihrem Mann. Das Ehepaar investierte in die Gaststätte, renovierte und vergrößerte sie. Ganz nach Geldmanns Wunsch, die Gaststätte solle der Familie erhalten bleiben. Lange lief dann alles gut.
Der Sommer 2007 war für die Gaststätte, die oft auch als Wahllokal herhielt, aber ein Einschnitt: Da gingen Irmgard und Jürgen Kickermann, die das Lokal 21 Jahre betrieben hatten, in den Ruhestand. Das Haus stand für 120.000 Euro zum Verkauf, sollte ein Wohnhaus werden, landete in der RTL-Serie „Unser neues Zuhause“ – die Hattinger Unternehmensberaterin Susanne Müser-Nasri erwarb es.
Viele Veranstaltungen
Doch flugs veräußerte sie das Haus wieder. Der ehemalige Architekt Horst Figge aus Niederwenigern übernahm und kernsanierte es, wollte die Gaststätte erhalten. „Meine Eltern wollten das für meinen Bruder, der aus dem Hotelfach kommt, erwerben“ – und hatten auch gemerkt, dass die Bürgerinnen und Bürger Kneipe und Saal vermissten. „Aber für meinen Bruder, der nur kurz dort übernahm, war der Thekenbetrieb nichts, er wollte lieber gehobene Küche anbieten“, sagt Klaus Figge.
Ab Mai 2008 schenkte somit Detlef Hannig hier aus. Schon im Herbst traf sich die Bürgerinitiative Hattingen/Essen gegen die DüBoDo in der Kneipe. Im Jahr 2010 waren hier die beiden Bochumer Fernsehpolizisten „Toto“ und „Harry“ für eine Veranstaltung zu Gast. Außerdem machte Willi Lippens aus einer Buchvorstellung in der Gaststätte ein Spektakel – und auch Dietmar Schott stellte das Buch „Ich danke Sie!“ vor.
Pech mit Pächtern
Aber Hannig blieb trotz eines Fünf-Jahres-Vertrages nur zweieinhalb in Niederwenigern. Der Nachfolger scheiterte an Konzessionsschwierigkeiten. Darum stand das Haus im Jahr 2011 wieder zum Verkauf – für 280.000 Euro. Aber dann entschied sich Zahnarzt Klaus Figge, das Haus von seinen Eltern zu übernehmen. Es blieb in der Familie, Figge verpachtete die Gaststätte – bis zum jetzigen Verkaufswunsch.