Hattingen. . Von Inhabern geführte Bäckereien, Konditoreien und Metzgereien in Hattingen erhalten ihren Betrieb, indem sie sich ihre Nischen suchen.

Von Inhabern geführte Metzgereien und Bäckereien lassen sich in Hattingen je an einer Hand abzählen. „Als ich angefangen habe, war das anders. Und vor 30 Jahren noch mal anders“, sagt Fleischermeister Michael Müller.

Dabei geben im Ennepe-Ruhr-Kreis die meisten Metzger nicht aus wirtschaftlichen Gründen auf, sondern weil sie keinen Nachfolger finden, weiß Uwe Absch, Geschäftsführer der Fleischer-Innung Ruhr. Aber: Obgleich viele Betriebe schließen würden – wie kürzlich die Metzgerei Krüger, würde der Umsatz wachsen. Auszubildende seien Mangelware.

Inhaber müssen die Firma attraktiv machen

Müller meint: Inhaber müssen ihre Firma attraktiv machen für Mitarbeiter. „Für sie führen wir die Fünf- statt der Sechs-Tage-Woche ein. Ab Mai ist der Montag Ruhetag.“ Sei die Firma gut aufgestellt, finde sich ein Nachfolger.

Alfred Schulte-Stade erinnert sich daran, dass es einst „sieben, acht Metzger in Hattingen gab“. Seine Nachfolge ist geklärt, die Tochter ist schon jetzt dabei. „Ich bespreche alles mit ihr. Sagt sie, ich liege falsch, denke ich neu nach.“ Innovationsbereitschaft sei wichtig, so der biozertifizierte Landwirt mit eigenen Jagden.

Metzgerei bietet auf Vorbestellung Mittagstisch

Seit 1971 gibt es die Metzgerei Radtke in Blankenstein. Hier sei das Geschäft über die Jahre schwieriger geworden, sagt Eva Radtke. Um das Geschäft zu erhalten, gibt’s auf Vorbestellung Mittagsgerichte, Büfetts.

„Wir stehen unter Artenschutz“, so Richard Sodtke, Konditorei Sodtke. Sein Sohn arbeitet im Betrieb, „die Familie ist mit drin“. „Wir haben zwei Azubis. Die sind aber in der Berufsschulklasse für die Gegend insgesamt nur neun Azubis für den Bereich, wir waren damals 30.“ Bis zu 400 Stunden arbeitet er im Monat. „Früher mussten wir die Hungrigen satt machen, heute die Satten wieder hungrig.“ Fachpersonal sei ein Problem. „In den 1970er-Jahren brauchten Leute den Job. Heute können sie auswählen. Man muss motivieren.“

„Ich kann nicht billig, aber richtig gutes Brot backen.“

Das Rezept dieses Käsekuchens stammt von Frank Nielands Uropa aus dem Jahr 1900. Frank Nieland führt die Bäckerei und Konditorei Nieland in Hattingen.
Das Rezept dieses Käsekuchens stammt von Frank Nielands Uropa aus dem Jahr 1900. Frank Nieland führt die Bäckerei und Konditorei Nieland in Hattingen. © Nadia Al-Massalmeh

Acht Bäcker arbeiten in der Backstube von Frank Nieland, Inhaber der Bäckerei und Konditorei Nieland. „Früher stand mein Vater in der Backstube, meine Mutter vorne. So etwas geht heute nicht mehr.“ Nur durch Qualität könnten sich Handwerksbäckereien noch behaupten. „Ohne vollen Maschineneinsatz ist die Produktion teurer. Ich kann nicht billig, aber richtig gutes Brot backen.“

Ostern vor zwei Jahren schloss Dieter Terwey in Bredenscheid, suchte zwei Jahre erfolglos einen Nachfolger. „Am 1. Januar habe ich mein Handwerk abgemeldet. Der Laden ist weit vom Schuss, wirtschaftlich ist das schwierig.“

Leidenschaft, Qualität und Kundenpflege sind wichtig

Donnerstags, freitags, samstags steht Ingrid Thiele (70) morgens im Backshop der Bäckerei und Konditorei Thiele in Winz-Baak – aus Sympathie mit Stammkunden. „Öfter aufzumachen, lohnt sich nicht.“ Die Menschen würden zum Einkauf rausfahren. Das Unternehmen führt ihr Sohn Markus. „Aber das läuft nur, weil er dazu mit dem Frühstückswagen unterwegs ist und auch Kantinen beliefert.“

Nur mit Leidenschaft, durch Qualität, Kundenpflege könne man als Inhaber geführte Bäckerei bestehen, so Carla Christel Arenhövel, Wodantaler Landbäckerei. Über ihre Nachfolge macht sie sich keine Gedanken. „Bis dahin passiert noch so viel . . .“

>>> Info: Von Inhabern geführte Betriebe

Bäckereien/Konditoreien:

Wodantaler Landbäckerei, Nordstr. 16, Zentrale: In der Liethe 29, Filialen: Sprockhövel, Niedersprockhövel, Stiepel, Essen; Bäckerei & Konditorei Thiele, Dahlhauser Str. 62, Winz-Baak inklusive Frühstückswagen, Pausenflitzer; Bäckerei & Konditorei F. Nieland, Steinhagen 5, Filialen: Heggerstr. 40, in der Edeka-Filiale in Holthausen, Dorfstr. 23, Gelsenkirchen, Stand auf dem Wochenmarkt in Hattingen; Konditorei Sodtke, Bahnhofstr. 73.

Metzgereien:

Fleischerei Müller, Große Weilstr. 16, Produktion: Im Vogelsang 101, außerdem: Markt am Bahnhof in Bochum, Markt am Rathaus in Herne; Metzgerei Heinz-Günter Radtke, Hauptstr. 5, Blankenstein, Filiale: Thingstr. 30, Welper; Schultenhof, Gelinde 2, Hofverkauf, Königsteiner Str. 103.