Gladbeck. Angeklagter soll in Gladbeck einen Feuerwehrmann angegriffen haben. Richter widerspricht Staatsanwaltschaft und Verteidigung.

Das kommt bei Gericht selten vor: Staatsanwaltschaft und Verteidigung plädieren auf Freispruch, der Richter kommt zu einem anderen Ergebnis. Wegen eines tätlichen Angriffs auf einen freiwilligen Feuerwehrmann im Einsatz ist ein 46-Jähriger vor dem Amtsgericht Gladbeck zu einer dreimonatigen Haftstrafe mit dreijähriger Bewährungszeit verurteilt worden. Weil sich der Vorfall im Straßenverkehr ereignete, sprach der Richter zudem ein einmonatiges Fahrverbot aus. Der Familienvater muss außerdem 500 Euro an den Stadtfeuerwehrverband zahlen.

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Am 23. Dezember vergangenen Jahres waren drei Mitglieder der freiwilligen Feuerwehr damit beschäftigt, auf der Horster Straße eine Ölspur abzustreuen. Hinter ihrem Einsatzfahrzeug staute sich immer wieder der Verkehr. Zwischenzeitlich ließ der Einsatzleiter (21) einige Autos überholen, dann stoppte er den Verkehr wieder. In der Nähe des Kreisverkehrs in Brauck kam es zu einer Auseinandersetzung zwischen ihm und dem 46-Jährigen, weil der nicht mehr vorbei fahren durfte. Richter Torsten Dostal sah er als erwiesen an, dass der Angeklagte dem Feuerwehrmann bei einer verbalen Auseinandersetzung einen Kopfstoß versetzt hatte.

Angeklagter Gladbecker hatte Widerspruch gegen Strafbefehl eingelegt

Eigentlich sollte der Vorfall mit einem Strafbefehl beendet werden, aber der Angeklagte legte Widerspruch ein. In der Verhandlung machte er wortreich deutlich, warum: „Ich will freigesprochen werden, weil ich nichts getan habe.“ Er sei als Zweiter mit Schrittgeschwindigkeit hinter dem Streufahrzeug gefahren, hinter ihm ein Müllwagen. Der Feuerwehrmann habe eine Armbewegung gemacht und damit zum Überholen aufgefordert. Erst sei das ZBG-Fahrzeug vorbeigefahren, dann der Wagen vor ihm. „Als ich dann auch überholen wollte, ist der Feuerwehrmann auf mein Auto zugesprungen und hat mich mit einem Besen gestoppt.“

Ich habe diese Situation als Angriff wahrgenommen
Der Feuerwehrmann - auf Nachfrage der Verteidigerin

Er sei ausgestiegen, um sein Verhalten zu erklären, der Feuerwehrmann habe sofort geschrien: „Es geht mir auf den Sack, dass Leute wie du uns überholen. Wenn ich sage, dass du warten sollst, dann wartest du.“ Er habe den jungen Mann gebeten, ihn nicht zu duzen, sagte der Angeklagte weiter. Der sei immer näher gekommen und habe sich vor ihm aufgebaut. „Ich bin auch auf ihn zugegangen, bis wir ganz dicht beieinander standen.“ Berührt habe er ihn aber nicht. Ein anderer Feuerwehrmann habe sie auseinander geschoben, er sei wieder ins Auto gestiegen und hinter dem Streufahrzeug bis zum türkischen Supermarkt gefahren, um einzukaufen. „Einige Zeit später stand die Polizei vor unserer Haustür.“

Angeklagter soll Feuerwehrmann einen Kopfstoß verpasst haben

Anders die Darstellung des Feuerwehrmannes: Der Angeklagte habe sein eindeutiges Stoppzeichen missachten wollen und zum Überholen angesetzt. Als er deshalb auf dessen Auto zugegangen sei, um die Weiterfahrt mithilfe eines Besens zu verhindern, sei der Fahrer schreiend ausgestiegen und ihm aggressiv immer näher gekommen und habe ihm schließlich einen Kopfstoß verpasst. Auf Nachfrage der Verteidigerin sagte der 21-Jährige: „Ich habe diese Situation als Angriff wahrgenommen.“

Staatsanwältin und Verteidigerin sahen nach diesen konträren Schilderungen die Vorwürfe als nicht erwiesen an. Anders Amtsrichter Dostal. Der Angeklagte sei mit seinem Verhalten über das Ziel hinausgeschossen, sagte er in der Urteilsbegründung. Feuerwehrleute und andere Einsatzkräfte, die sich für andere Menschen einsetzen und Leben retten, verdienten Anerkennung und Respekt. Sein Urteil habe deshalb auch generalpräventive Gründe.

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