Gladbeck. Das Rathaus in Gladbeck hat eine über 100-jährige Geschichte. Doch nicht alles, was das Gebäude erzählt, ist auf dem ersten Blick sichtbar.
Adrett zeigt sich das Gladbecker Rathaus an diesem Tag. Hinter dem Glockenturm schaut langsam die Sonne hervor, die den weißen Putz des Gebäudes zum Strahlen bringt. Die Architektur des Rathauses hebt sich von den umliegenden Häusern ab. Selbst Nicht-Historikern sollte bei der Ansicht von außen klar werden, dass dieses Rathaus schon einige Jahre auf dem Buckel hat. Ein Schild an der Fassade weist auf die Baujahre hin – 1908 bis 1910.
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Im Gebäude scheint sich das alte Rathaus hier und da an seine lange Vergangenheit erinnern zu wollen. Sei es das prunkvolle und bunte Fenster mit dem Gladbecker Stadtwappen im Treppenhaus. Oder der alte, massive Holzschrank im großzügigen Warteraum. Das Rathaus erzählt trotz einiger Umbauten weiterhin Geschichten aus der Vergangenheit. Doch für einige dieser Geschichten braucht es einen Schlüssel, denn sie liegen versteckt vor der Öffentlichkeit und warten darauf, erzählt zu werden.
Hauseigene Druckerei im Gladbecker Rathaus
Einer, der diesen Schlüssel besitzt, ist Christoph Schade. Er ist Leiter der zentralen Dienste und als solcher auch für das Gebäude zuständig. Schade, der im niederrheinischen Alpen aufwuchs und seit 2005 im Rathaus arbeitet, kennt die Ecken, die sonst für die Öffentlichkeit nicht zugänglich sind.
Da wäre zum Beispiel die hauseigene Druckerei im Keller des Rathauses, in der ein kleines Team Aufträge der städtischen Verwaltung oder des Rats, von Schulen oder Kindergärten ausführt. Eine Mitarbeiterin ist hier gerade zugange. Die Druckerei ist überschaubar, aber üppig ausgestattet. Sogar Verleimungen von Mappen können hier vorgenommen werden, erzählt Schade. Doch das Besondere ist die Druckerei selbst. „Nur noch wenige Städte besitzen eine eigene Hausdruckerei im Gebäude“, sagt Schade. Für die Stadt Gladbeck lohne sich der Unterhalt zurzeit noch. „Momentan haben wir einen großen Bedarf“, so Schade, der aber zugibt: „Vielleicht ist die Hausdruckerei demnächst aber auch ein Auslaufmodell.“
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Im Keller ist ein Luftschutzbunker eingebaut
Nicht weit weg von der Druckerei muss Schade abermals seinen Schlüsselbund hervorholen. Hinter der verschlossenen Kellertür öffnet sich ein kleines Labyrinth aus Gängen und Räumen. Die Wände sind unverputzt, deutlich sind hier die einzelnen Steine aus Beton zu sehen. Über einigen Räumen ist angegeben, wie viele Personen hineinpassen. Alte Plakatreste kleben an den Wänden. Es ist kühl und dunkel, hier im alten Luftschutzbunker unter dem Gladbecker Rathaus.
Während des Zweiten Weltkriegs war Gladbeck Ziel alliierter Luftangriffe. Schon in den Vorkriegsjahren wurden im Stadtgebiet mehrere Bunker gebaut, ab 1939 schließlich auch im Rathaus. Zum Ende des Krieges sollen an die 1000 Personen hier Schutz gesucht haben. „Angeblich soll es einen Verbindungstunnel vom Rathaus zum Bunker unter dem Marktplatz gegeben haben“, sagt Schade. Bestätigt werden konnte dieser Mythos, der sich hartnäckig bei den Rathaus-Mitarbeitenden hält, aber bisher nicht.
Teile des Bunkers werden als Lagerraum genutzt
Heute erinnern nur noch ein paar wenige Überreste an die frühere Funktion des Luftschutzkellers. Von der einstigen Raumeinrichtung ist nichts mehr zu sehen. Stattdessen wird der vordere Teil des Bunkers als Lagerraum genutzt. Hier stehen etwa nicht benötigte Bürotische und mehrere Regale voll mit allem Möglichen. „Wir lagern hier zum Beispiel auch unsere ganzen Fahnen und Flaggen“, erzählt Stadtsprecher David Hennig, der die Tour durch das Rathaus begleitet.
Die meisten Räume des Bunkers stehen allerdings leer. Eine Nutzung sei auch nicht weiter vorgesehen, so Schade. „Das wäre brandschutztechnisch schwierig.“ Da hilft auch der alte Notausgang nichts, der in den Innenhof des Rathauses führt. Die Tür ist schon seit langer Zeit verschlossen und von Außen mittlerweile mit allerlei Rummel blockiert. Kaum etwas erinnert hier daran, dass auf der anderen Seite der Tür eine Treppe zu einem Bunker führt. Schade zeigt auf einen Belüftungsschlitz neben der Tür. „Der gehört auch zum alten Bunker“, sagt er.
Im alten Tresor stapeln sich heute Akten
Als Nächstes geht es zum Rechnungsprüfungsamt, das im alten Rathaus sitzt. Hier versteckt sich eine weitere spannende Geschichte. In einer Ecke des Büroraums befindet sich ein alter Tresor, der mit einer mannshohen, etwa 25 Zentimeter dicken Tür gesichert ist. Der Tresorraum ist nur wenige Quadratmeter groß, dafür aber umso höher. Bis zur Decke stapeln sich Aktenordner.
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Seit über 80 Jahren gibt es schon den Tresorraum im Rathaus. Früher befand sich hier die Gemeindekasse, die einen abschließbaren und extra gesicherten Raum benötigte. Die Abnutzungsspuren am Drehrad sind noch gut zu erkennen. Seine frühere Funktion hat der Tresor aber schon lange verloren. „Das Rechnungsprüfungsamt nutzt ihn jetzt als Lagerraum“, sagt Schade.
An einigen Stellen zeigt sich die lange Geschichte des Rathauses
Der Weg zu der letzten Station des kleinen Rundgangs dauert etwas länger und führt durch das Treppenhaus, lange Gänge und viele Türen. Letztere wurden erst nachträglich eingebaut. „Früher gingen alle Flure ohne Türen direkt ineinander über“, erzählt Schade. Die Unterteilung in verschiedene Korridore durch den Einbau von Türen hätte brandschutztechnische Gründe gehabt. Doch obwohl Vieles im Laufe der Jahre renoviert und modernisiert wurde, ist der alte Flair des unter Denkmalschutz stehenden Rathauses noch immer spürbar. In dem mit bunten Glasfenstern verzierten Treppenhaus hängen Bilder aller ehemaligen Gladbecker Bürgermeister. Hier und da stehen alte, massive Schränke oder Stühle, die erahnen lassen, dass es sich bei diesem Gebäude nicht um einen schmucklosen Nachkriegsbau handelt.
Nun aber weiter, hinauf bis unter das Dach des Rathauses. Eine schmale Holztreppe führt hinter einer verschlossenen Tür zum Dachstuhl. Staubig ist es hier, ein kleiner hölzerner Steg führt einmal durch den Dachstuhl hindurch, an Planen und Dämmmaterial vorbei. Am Ende des Stegs wartet eine Wendeltreppe, die zur Turmuhr des Rathauses führt. In einem kleinen Schuppen steht hier die alte Mechanik der Uhr. Die alten Glasfenster stehen offen.
Alte Mechanik der Turmuhr war noch bis 2013 in Betrieb
Die Mechanik des Uhr wirkt aus der Zeit gefallen. Unzählige goldfarbene Zahnräder in verschiedenen Größen, zusammengehalten von einem schwarzen Gestell aus Metall. Kaum zu glauben, dass die beiden Turmuhren des Rathauses noch bis 2013 durch diese Mechanik angetrieben wurden. Selbst die Zeitumstellungen wurden bis dahin noch per Hand durchgeführt. Mittlerweile wurde die Uhr aber auf Funk umgestellt und moderne Elektromotoren treiben die Zeiger an. Die alten Zahnräder und Antriebsachsen blieben aber erhalten, „als Museumsstück“, sagt Schade. Und so kommt es, dass an einigen Ecken im Gladbecker Rathaus noch immer Spuren der Vergangenheit zu entdecken sind.
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