Gladbeck. Die Umstellung auf Sommerzeit an der Gladbecker Rathausuhr läuft automatisch. Doch bis 2013 bedeutete sie viel Arbeit für Norbert Gudini.
Die Umstellung auf die Sommerzeit – eigentlich sollte das Verstellen der Uhren längst abgeschafft worden sein. Das zumindest hatte die EU angekündigt, nachdem die Bürger 2018 für eine Abschaffung der halbjährlichen Umstellung gestimmt hatten. Seither gilt: Still ruht der See, und in der Nacht von Samstag auf Sonntag ist es mal wieder soweit – die Uhren werden eine Stunde vorgestellt.
Das betrifft auch eine der bekanntesten Gladbecker Uhren – das Exemplar am Rathausturm. Diese Uhr stellt sich inzwischen automatisch um. Im Prinzip ist die Zeitanzeige am Willy-Brandt-Platz eine gigantische Funkuhr. Im Turm hängt ein kleiner Empfänger. Der verarbeitet die Signale, und ein Impuls setzt minütlich die beiden Elektromotoren in Gang, die die Zeiger antreiben. Wer im Turm auf Höhe der Ziffernblätter steht, bekommt davon allerdings nur ein helles Surren mit. Die Umstellung von Winter- auf Sommerzeit – dafür muss hier niemand mehr die Stufen im Turm erklimmen.
Erst 2013 wurde die Uhr im Gladbecker Rathaus auf Funktechnik umgestellt
Doch diese moderne Technik ist noch gar nicht so lange in Betrieb. Erst 2013 hat die Funkuhr das alte mechanische Uhrwerk ersetzt. Bis dahin musste die Rathausuhr tatsächlich in jedem Frühjahr und in jedem Herbst von Hand umgestellt werden. Das war die Aufgabe von Norbert Gubini. Offiziell wird die Uhr ja um zwei Uhr umgestellt, doch um diese Zeit hat sich Gubini dann doch nicht auf dem Glockenturm herumgetrieben. Eine Nachtschicht habe er aber schon meistens eingelegt, sagt der heutige Rentner.
In der Regel sei es so zwischen 22 und 23 Uhr gewesen, wenn er die Stufen hinaufgestiegen sei. Im Herbst habe er die Uhr dann angehalten und eine Stunde warten müssen. Im Frühjahr dagegen habe er manuell den Impuls auslösen müssen, die den Zeiger um eine Minute habe wandern lassen. Wer jetzt rechnet, der weiß, dass Gubini 60-mal mit dem Finger tippen musste, damit die Uhr dann auch die Sommerzeit angezeigt hat.
Das mechanische Uhrwerk steht nach wie vor im Turm des Gladbecker Rathauses
Das alte mechanische Uhrwerk ist zwar nicht mehr in Betrieb, abgebaut wurde es jedoch nicht. Es steht auf einer Ebene im Turm, umbaut von einem Holzhäuschen. Mit dem großen Fenster an der Frontseite erinnert es ein wenig an einen Weihnachtsmarktstand. Klar, das Uhrwerk hat keine Verbindung mehr zur Uhr, doch Gubini kann sich noch gut an die einzelnen Handgriffe erinnern.
Die Mutteruhr habe damals in der Telefonzentrale gehangen, von dort aus ging ein Impuls auf Magnetspulen im mechanischen Uhrwerk, und über Zahnräder bewegten sich außen am Rathausturm die Zeiger. Um die Uhr umzustellen, habe er eben diesen Impuls händisch ausgelöst. Doch zuvor habe er erst einmal den Glockenschlag ausschalten müssen.
Gladbecker war von der Uhr fasziniert
29 Jahre lang hat er diese Handgriffe regelmäßig durchführen müssen – lediglich in den letzten zehn Jahren seiner Tätigkeit im Rathaus sei das nicht mehr nötig gewesen. Dabei ist Norbert Gubini gar kein Uhrmacher. Er arbeitete in der IT, die Verantwortung für die Rathausuhr – die sei eher zufällig bei ihm gelandet. „Ich liebe Technik und die Uhr hat mich fasziniert“, sagt der gelernte Elektroinstallateur.
Vieles habe er sich in der Zeit im Rathaus dann selbst beigebracht. „Ich bin so einer, ich gucke mir das erst einmal an, dann noch mal und noch mal, und dann versuche ich es einfach.“ Es ging dann sogar so weit, dass Gubini für eine Restaurierung der Turmuhr die großen Zeiger an der Fassade abmontiert hat – selbstverständlich vom Gerüst aus.
Seit den 1980er-Jahren wurden die Gewichte per Motor aufgezogen
Aber zurück ins Innere, zu dem alten mechanischen Uhrwerk. Die erste Erleichterung sei in den 1980er-Jahren gekommen. Damals, so Gubini, sei der erste Motor montiert worden, der die großen Gewichte automatisch aufgezogen hat. Bis dahin gehörte es zu seinen Aufgaben, die Uhr zweimal am Tag quasi aufzuziehen – wie die Standuhr aus Großmutters Zeiten. Drei große Gewichte – je eines für die Sekunden, die Minuten und die Stunden – galt es dann hochzuziehen.
Im alten Uhrwerk sind die Seile und Winden noch gut zu erkennen. Selbst die Kurbel, die dazu aufgesteckt werden musste, lehnt noch in einer Ecke. Im Prinzip sei es morgens der erste und abends der letzte Arbeitsgang gewesen, erinnert sich Gubini. Der Einbau des Motors sei dann schon eine Erleichterung gewesen.
Umbau auf Funktechnik war am Ende kostengünstiger
2013 dann die komplette Umrüstung der Uhr. Das sei am Ende dann günstiger gewesen, als das alte mechanische Uhrwerk zu überholen, sagt Christoph Schade, Sachgebietsleiter der zentralen Dienste bei der Stadtverwaltung und zuständig für Gebäude. Zumal auch die Stahlseile, an denen die schweren Gewichte hingen, in die Jahre gekommen waren.
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Gubini hat die Umrüstung ein wenig bedauert: „Aber klar, die Zeit muss weitergehen“, so sein passender Trost. Und das gilt selbstverständlich auch jetzt in der Nacht von Samstag auf Sonntag, die Zeit wird weitergehen, gleiches geht für die Turmuhr, die dann am nächsten Morgen – der Funkuhr sei Dank – die korrekte Sommerzeit anzeigen wird. Und zwar so lange, bis sich auf EU-Ebene vielleicht doch noch etwas tut.