Von privat für privat – das gilt beim Awo-Flohmarkt. Jäger und Sammler haben große Auswahl, Verkäufer freuen sich, wenn Sachen Verwendung finden.
Benedict ist mit seinen 13 Jahren schon ein alter Hase. Er war bei der ersten „Wiese“, wie die Arbeiterwohlfahrt (Awo) liebevoll ihren kleinen Flohmarkt in Rentfort nennt, vor sechs Jahren dabei und fehlte natürlich auch am Samstag nicht. Schuhe hat er zusammen mit seiner Mutter Anke Poschmann im Angebot, Lego-Sets und Besteck, Kleidung und einige Haushaltswaren – halt all das, was bei einem Flohmarkt so feilgeboten wird.
Es läuft wie geschnitten Brot auf der Freifläche zwischen den Wohnungen an der Berliner Straße. Schon eine Stunde nach Verkaufsbeginn hat Benedict 80 Euro eingenommen – Geld für den Urlaub, wie er berichtet. In diesem Jahr sind seine Biertische etwas reichhaltiger gefüllt. Eine Uroma war jüngst gestorben, und aus der Haushaltsauflösung kommt einiges zum Verkauf. Der junge Flohmarkthändler hat aber auch in seinem Kinderzimmer ausgemistet. Er könne sich gut von Sachen trennen, berichtet er.
Cola Dosen, entworfen von Bon Jovi, Udo Lindenberg oder Marius Müller-Westernhagen
Das können sie vermutlich alle, die am Samstag ihre Tische unter den blühenden Bäumen aufklappten und Kruscht und Krempel ausbreiteten. Clemens Koslowski hat Cola-Dosen im Angebot. Leere. „Sammlerstücke aus den 1990er-Jahren“, erzählt der Gladbecker. Künstler wie Bon Jovi, Udo Lindenberg oder Marius Müller-Westernhagen hatten seinerzeit Dosen entworfen, Coca-Cola brachte sie samt Erfrischungsgetränk auf den Markt.
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Es gab damals auch Bundesligadosen – unter anderem von Vereinen, die heute in der 3. Liga spielen oder dorthin abzusteigen drohen... Nein, reißenden Absatz finden die Dosen, die Clemens Koslowski über all die Jahre aufbewahrt hat und nun für 50 Cent das Stück verkauft, nicht. Aber damit hatte er auch nicht gerechnet.
Reichtümer lassen sich auf der „Wiese“ der Awo nicht verdienen. Auch der Veranstalter selbst, der eine Standgebühr von fünf Euro verlangt, macht allenfalls einen kleinen Gewinn. 15 Ehrenamtlichen kümmern sich um die Organisation, berichtet Andrea Klein-Ridder, die zusammen mit Heike Seidel das Team anführt.
Sie weisen den Verkäufern ihren Platz zu, sie achten darauf, dass sich keine gewerblichen Händler längs der Wege ausbreiten, sie haben ein Auge darauf, dass kein Schund angeboten wird, dass die Rettungswege frei bleiben und dass Würstchen, Kaffee und Kuchen nicht ausgehen. In diesem Jahr gebe es wegen der großen Baustelle auf der Berliner Straße und der Verlegung von Fernwärmeleitungen zu den Häusern gut zehn Stände weniger, berichtet Andrea Klein-Ridder.
Bewohner aus dem benachbarten Seniorenzentrum gehören zu den ersten Kunden
Zu den ersten Kunden gehören traditionell Bewohnerinnen und Bewohner aus dem benachbarten Elisabeth-Brune-Zentrum, die von den Pflegekräften begleitet werden. Viele hätten es nicht so dicke und könnten vielleicht ein Schnäppchen machen, hofft Norbert Dyhringer, Vorsitzender des Awo-Stadtverbandes Gladbeck. Und selbst wenn nichts gekauft wird – eine schöne Abwechslung zum Heimalltag ist der Flohmarkt allemal.
Wertvolle Raritäten, die sich dann bei „Bares für Rares“ wieder für viel Geld verkaufen lassen, finden sich auf der Rentforter Flohmarktwiese eher nicht. Aber gut erhaltene Kleidung, kaum gelesene Kinderbücher, wenig genutzte Spiele oder fast neuwertige Schuhe, das gibt’s in reichhaltiger Auswahl. Emilia, zehn Jahre jung, trennt sich auf dem Flohmarkt von ihren Puzzles. Sie versichert: Alle sind vollzählig. Auch zwei Monster-High-Puppen warten auf einen neuen Eigentümer.
Im Laufe des Tages sinken die Preise noch einmal
Annette Kemmer ist zum ersten Mal als Verkäuferin dabei. Zusammen mit Schwester und Schwägerin bietet sie insbesondere Kleidung an – für wirklich kleines Geld. Sie lässt auch mit sich handeln. Aber wer den Preis zu sehr drücken will, der kommt nicht zum Zuge. Und so bleibt die schwarze Lederhandtasche, für die eine Kundin partout nur einen Euro statt der verlangten 2,50 Euro zahlen will, zunächst auch bei Annette Kemmer. „Vielleicht“, sagt sie mit einem Augenzwinkern, „wird sie ja im Laufe des Nachmittags noch preiswerter.“
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Christine Wittek hat ihre Lederjacke, gut zehn Jahre alt und seinerzeit für 300 Euro erworben, für 15 Euro abgegeben. Vermutlich war der Preis zu niedrig, denn gleich drei Frauen zeigten Interesse an dem Kleidungsstück. Wegen des Geldes, sagt die Gladbeckerin, mache sie nicht beim Flohmarkt mit. Sie hofft, dass Sachen, die sie ausrangiert habe, noch einmal Verwendung finden. Bewohnerinnen aus der Nachbarschaft dürfen sie Kleidungsstücke sogar mit nach Hause nehmen und dort anprobieren. „So viel Vertrauen muss sein“, sagt die Verkäuferin.
Und dann gibt’s für das Schild „Ein echter Mann hört nie auf seine Frau“ sogar einen Käufer. Den klein geschriebenen Zusatz „zu verwöhnen“ hat er möglicherweise nicht gelesen...
Die nächste Awo-Flohmarktwiese ist für den 8. Juni vorgesehen – wieder von 12 bis 16 Uhr.