Gladbeck. Gladbecker Ehepaar – die Frau hat MS – kritisiert die Parkplatzsituation für Behinderte am Ärztezentrum Butendorf. Mediziner widerspricht.
Jeden Werktag am Morgen und am Nachmittag das gleiche Bild: Autofahrer drehen auf dem Parkplatz am Medizincampus, dem Ärztezentrum in Butendorf, Runde um Runde auf der Suche nach einem freien Stellplatz. Besondere Probleme bereitet das schwerbehinderten Menschen wie Carmen Wuttke, deren Mann Jürgen sie regelmäßig zum Neurologen und zur urologischen Praxis fährt.
Ehepaar: Am Butendorfer Ärztezentrum gibt es nur zwei für Schwerbehinderte reservierte Stellplätze
Auf der gesamten Parkfläche gebe es nur zwei für Schwerbehinderte reservierte Stellplätze – mindestens doppelt so viele müssten es sein, findet das Ehepaar. Carmen Wuttke leidet an Multipler Sklerose. Die 70-Jährige kann an „guten“ Tagen maximal 50 Meter mit dem Rollator gehen. Sie hat einen Schwerbehindertenausweis mit dem Merkmal aG (außergewöhnliche Gehbehinderung), aber der hilft ihr auf diesem Parkplatz wenig, denn die Sonderparkplätze sind fast immer besetzt.
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„Die normalen Stellplätze sind in der Regel zu schmal, meine Frau kann dort kaum aussteigen, und der Rollator passt nicht zwischen zwei Autos“, sagt Jürgen Wuttke. „Ich muss nicht selten anhalten, wo es eigentlich verboten ist, meiner Frau beim Aussteigen helfen, und sie wartet dann, bis ich einen Parkplatz weiter entfernt vom Zugang zu den Ärztehäusern gefunden habe.“
Die blauen Schilder mit dem weißen Rollstuhl sollen vor einigen Wochen entfernt worden sein
Das Ehepaar ärgert sich auch darüber, dass die Behindertenparkplätze kaum kenntlich gemacht sind. Die blauen Schilder mit dem weißen Rollstuhl seien vor einigen Wochen entfernt worden, geblieben sind nur kleine weiße Piktogramme auf dem Boden. „Und jetzt gehört auch noch der nahe am Eingang zum Ärztehaus 1 gelegene Behindertenstellplatz zu sieben Parkplätzen, auf denen ein Auto nur noch maximal 30 Minuten stehen darf. Für welchen Arztbesuch reicht denn eine halbe Stunde aus?“, fragt sich Carmen Wuttke.
Dr. Gregor Nagel zeigt im sich Gespräch mit der WAZ irritiert bis verärgert über die Beschwerden. Der Mediziner, der im Hausarztzentrum im Ärztehaus 1 praktiziert, ist Geschäftsführender Gesellschafter der KleimKo Ärztehaus GmbH und Co. KG, der Eigentümerin von Grundstück und beiden Ärztehäusern samt Parkplatz. „Statt öffentlich Kritik zu üben, hätten sie mit uns sprechen sollen“, meint er.
Gladbecker Mediziner: Schwerbehindertenparkplätze müssen wir gar nicht anbieten
Inhaltlich weist er die Kritik zurück: „77 Stellplätze müssten wir laut Baugenehmigung vorhalten. Wir haben fast doppelt so viele. Schwerbehindertenplätze müssen wir gar nicht anbieten. Wir haben freiwillig drei eingerichtet, nicht zwei, wie das Ehepaar behauptet, und Schilder gab es dort nie, nur die aufgemalten Piktogramme.“
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Fast alle Stellplätze seien zudem, auch mit Blick auf gehbehinderte Menschen, besonders breit, Ein- und Ausstieg dürften deshalb kein Problem sein. „Wir haben auch sehr auf Barrierefreiheit auf dem Gelände und in den Häusern geachtet. Alles ist ebenerdig, die Aufzüge sind sehr groß.“ Dass auf einem der drei Behindertenstellplätze die Parkzeit jetzt auf 30 Minuten beschränkt ist, begründet Dr. Nagel so: „Es gibt auch Leute, die nicht zum Arzt müssen, sondern nur zum Bäcker oder zur Apotheke wollen.“
Er weiß selbstverständlich auch, dass am Ärztezentrum mit sieben Arztpraxen und deutlich mehr Ärzten, einer Hebammen- und einer Physiotherapiepraxis, einem Pflegedienst, einer Apotheke und einer Bäckerei nicht jeder Besucher sofort einen Stellplatz findet, aber: „Genügend Parkplätze gibt es doch nirgendwo. Außerdem hält der Bus vor der Tür.“ Ihm sei bisher auch noch nie eine Beschwerde in dieser Richtung zu Ohren gekommen, betont er und ergänzt: „Ich habe Verständnis dafür, dass jemand es sich noch besser vorstellen kann, aber nicht alles, was wünschenswert ist, ist auch machbar.“
>> Die Stadt Gladbeck sagt auf Anfrage: „Wir gehen davon aus, dass die Zahl der Stellplätze den damals baurechtlichen Erfordernissen entspricht“, so Stadtsprecher David Hennig. Das Ärztezentrum an der Horster Straße sei vor der Änderung der Bauordnung NRW und der Einführung der Stellplatzerordnung genehmigt worden. Zwischenzeitlich habe sich die Rechtslage jedoch zumindest für neue Bauprojekte geändert. Das Objekt inklusive der Stellplatzanlage genieße jedoch Bestandschutz, „so dass die aktuelle Rechtslage darauf nicht anwendbar ist“.
Allgemein gelte heute: Nach aktueller Rechtslage müssen notwendige Stellplätze in der erforderlichen Anzahl barrierefrei sein. Für Gebäude mit Büro-, Verwaltungs- und Praxisräumen (insbesondere Arztpraxen) werde bei der Berechnung der notwendigen Stellplätze von einem Kfz-Stellplatz je 30 Quadratmetern Nutzfläche ausgegangen. Hiervon sind wiederum 75 Prozent als Besucherstellplätze auszuweisen. Von diesen Besucherstellplätzen müssen dann drei Prozent, mindestens jedoch ein Stellplatz, für Menschen mit Behinderung hergestellt werden. Hennig: „Dies ist unter dem Strich insgesamt tatsächlich nur ein kleiner Teil der gesamten Parkfläche.“