Gladbeck. Viele Apotheker haben Probleme, einen Nachfolger zu finden. In Gladbeck ist das nun geglückt, ein junger Mann übernimmt die Einhorn-Apotheke.

Ben Libor ist die Ruhe selbst. Dass der 33-Jährige ab dem 1. Januar die Verantwortung für eine Apotheke und ein mehrköpfiges Team trägt, das merkt man ihm im Gespräch nicht an. Klar, zwischendurch klingelt das Handy, weil letzte Details organisiert und geklärt werden wollen, doch von Aufregung keine Spur. Zum Jahreswechsel gibt Martin Striebeck die Einhorn-Apotheke in der Gladbecker Innenstadt ab, der Gladbecker Ben Libor übernimmt.

Dass sich junge Apotheker heute noch für die Selbstständigkeit entscheiden, ist nicht selbstverständlich. Zwölf Prozent der Apothekeninhaberinnen und -inhaber finden keinen Nachfolger. Das hat im Oktober eine Umfrage der Deutschen Apotheker- und Ärztebank ergeben. Auch die Gladbecker Vertrauensapothekerin Dorothee Pradel hatte angesichts der sich verschlechternden Rahmenbedingungen gewarnt, dass junge Apotheker es sich dreimal überlegen würden, sich selbstständig zu machen und sich zumeist dann gegen diesen Schritt entschieden. Auch bei Ben Libor war es zu Beginn des Studiums noch nicht klar. Doch vor rund zehn Jahren habe er schon ein halbes Jahr in der Einhorn-Apotheke gearbeitet. Da habe er festgestellt, dass die Arbeit vor Ort womöglich genau sein Ding ist.

Ben Libor (r.) übernimmt die Gladbecker Einhorn-Apotheke von Barbara und Martin Striebeck.
Ben Libor (r.) übernimmt die Gladbecker Einhorn-Apotheke von Barbara und Martin Striebeck. © Funke Foto Services | Frank Oppitz

„Ich mag den Kundenkontakt, die Herausforderungen, die an jedem Tag auf einen warten“, sagt der Familienvater. Gleichzeitig will er sich aber ganz sicher sein. Er geht weiter zur Uni, macht seinen Doktor, arbeitet für den Verband und in der Forschung, doch letztlich zieht es ihn immer wieder in die Apotheke. Zuletzt hat er in Buer gearbeitet, sein dortiger Chef ist in einer ähnlichen Situation wie er, hat die Apotheke jung übernommen, von ihm habe er sich noch einiges abschauen können.

Gladbecker Apotheker hat für Nachfolgersuche professionellen Vermittler eingeschaltet

Gleichzeitig sucht Martin Striebeck in Gladbeck einen Nachfolger für die Apotheke, die er gemeinsam mit seiner Frau aufgebaut hat. 1994 wird das Ärztehaus an der Friedrichstraße eröffnet, mit ihm auch die Apotheke im Erdgeschoss. Sie ist quasi das Lebenswerk der Striebecks, sie hätten alles selbst entworfen, bis hin zum Logo, erzählt Martin Striebeck. Ihm ist daran gelegen, dass die Apotheke in gute Hände kommt, sie auch in seinem Sinne weitergeführt wird. „Wir legen Wert auf Nachhaltigkeit, nicht auf Gewinnmaximierung am Patienten“, sagt der Pharmazeut.

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Der Kontakt zwischen den Striebecks und Ben Libor bricht über die Jahre nie ganz ab. Martin Striebeck bezeichnet ihn dann auch als „Wunschkandidaten“ für die Nachfolge. Trotzdem schaltet er einen professionellen Vermittler ein, der spezialisiert ist auf Übergangsregelungen von Apotheken. Dessen Rufnummer gibt er dann auch an Ben Libor weiter.

Für Ben Libor erfüllt sich mit der Übernahme ein langgehegter Traum

Diese neutrale Instanz, die Einblick in die Bücher erhält – sie ist für beide Parteien auch eine Sicherheit. Hinzu kommt: So ein Experte hat schon zig Betriebsübergänge begleitet, weiß, worauf es ankommt, und ist geübt darin, mögliche Fallstricke im Vorfeld aufzuspüren und entsprechende Lösungen zu finden. Zumal die Lage für Apotheken nicht einfach sei, daher kämen auf den Markt auch einige, die im Prinzip wirtschaftlich tot seien, verweist Martin Striebeck auf die für einige Kollegen schwierige Nachfolgesuche.

1994 wurde die Einhorn-Apotheke in dem damals neu erbauten Ärztehaus in der Gladbecker Friedrichstraße eröffnet.
1994 wurde die Einhorn-Apotheke in dem damals neu erbauten Ärztehaus in der Gladbecker Friedrichstraße eröffnet. © Funke Foto Services | Frank Oppitz

Am Ende hat Martin Striebeck zwei Interessenten, doch mit einem der beiden sei man nicht zusammengekommen, zu unterschiedlich seien die Vorstellungen gewesen. Und so kommt Ben Libor zum Zug. Und für den erfüllt sich ein langgehegter Traum, wie er verrät. „Mir war schon vor zehn Jahren klar, dass ich diese Apotheke einmal übernehmen wollen würde.“

Nun also ist es so weit, und Ben Libor wird am 2. Januar erstmals als neuer Inhaber die Apotheke aufschließen. Ein Schritt, der selbstverständlich auch mit der Familie gut abgesprochen sein will. Schließlich gehen mit einer solchen Übernahme auch finanzielle Verpflichtungen einher. Gleichzeitig hofft der junge Familienvater – das dritte Kind ist unterwegs – dass sich mit der Selbstständigkeit auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf noch einmal anders regeln lässt. Gleichzeitig sei er überzeugt, dass die Apotheke weiter bestehen und auch weiter wachsen werde.

Neuer Inhaber will künftig Impfungen in Gladbecker Apotheke anbieten

Auch wenn die Apotheke gut läuft und gut eingeführt ist, einige Veränderungen wird Ben Libor angehen, ja auch angehen müssen. So sei gerade die Digitalisierung ein Feld, auf dem noch mehr getan werden müsse, sagt er mit Blick auf das elektronische Rezept, was zum Jahreswechsel nun auch für Ärzte verpflichtend sei. Es gehe künftig eben nicht nur darum, diese Rezepte über die Gesundheitskarte zu empfangen, sondern eben auch per App, Mail oder über die Internetseite.

Ich mag den Kundenkontakt, die Herausforderungen, die an jedem Tag auf einen warten
Ben Libor - er übernimmt die Einhorn-Apotheke

Dazu will er die pharmazeutische Beratung ausweiten und künftig auch Impf-Angebote in der Apotheke machen. Zur nächsten Grippe-Saison will Ben Libor in der Einhorn-Apotheke Grippeschutz- und Corona-Impfungen anbieten. In der Apotheke, in der er zuletzt gearbeitet hat, habe es dieses Angebot auch gegeben. Es brauche keinen Termin, kein Rezept, „die Leute können einfach kommen und sich impfen lassen“, berichtet er von seinen Erfahrungen. Wobei: Selbstverständlich gebe es vor der eigentlichen Impfung auch eine entsprechende Aufklärung.

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Martin Striebeck sagen diese Veränderungen zu, er ist sicher, sein Lebenswerk in gute Hände zu geben. Ist beim letzten Abschließen am Samstagmittag Wehmut dabei? Im Vorfeld vermag er das nicht zu sagen. „Die Schlagzahl hier ist relativ hoch. Es wird dann so sein, wie es sein wird.“ Doch er könne sich gut vorstellen, gewisse Dinge zu vermissen, „etwa den Kundenkontakt“.