Gladbeck. 2018 kamen Flora und Pepe im Perinatalzentrum Datteln zur Welt – zwei Monate zu früh. Wie es den Frühchen heute geht? Eltern und Ärztin erzählen.

Die Frühchenstation des Bottroper Marienhospitals hat jüngst schließen müssen. Eine der nächsten Alternativen ist für Eltern die Vestische Kinder- und Jugendklinik in Datteln, wo die Gladbeckerin Dr. Johanna Hildebrandt als Oberärztin auf der Neu- und Frühgeborenenintensivstation tätig ist. Und wo Flora und Pepe Fontana aus Zweckel vor gut fünf Jahren das Licht der Welt erblickt haben.

Die Zwillinge aus Gladbeck kamen in der 32. Schwangerschaftswoche per Kaiserschnitt zur Welt

Es war absehbar für die Eltern Fabio und Tanja Fontana: Ihre Zwillinge würden einen Frühstart hinlegen. Am 12. September 2018 erblickten sie per Kaiserschnitt das Licht der Welt, in der 32. Schwangerschaftswoche und damit rund zwei Monate vor dem errechneten Geburtstermin.

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Keine Frage: Frühchen. Babys, die vor Vollendung der 37. Schwangerschaftswoche auf die Welt kommen, gelten medizinisch als Frühgeborene. In Deutschland, weiß Kinderärztin und Expertin für Frühgeborene Johanna Hildebrandt, trifft das auf acht Prozent aller Neugeborenen zu. Das Perinatalzentrum in Datteln ist ein sogenanntes Level-1-Zentrum. Kreißsaal und Früh- und Neugeborenen-Intensivstation liegen Tür an Tür. Hier kommen jährlich rund 2300 Mädchen und Jungen zur Welt, 400 von ihnen als Frühgeborene. 65 dieser Frühgeborenen hatten ein Geburtsgewicht von weniger als 1250 Gramm. Das Krankenhaus in Datteln gehört damit zu den Einrichtungen in Deutschland mit der größten Erfahrung im Umgang mit Frühstartern.

Vom Mutterbauch direkt in den Inkubator: Das war für die Eltern nicht leicht

Flora und Pepe – mit 1770 und 1750 Gramm mit einem durchaus guten Gewicht für Frühchen – zogen gleich vom Mutterbauch in den Inkubator um. Sie bekamen eine Magensonde gelegt, weil sie noch nicht selbst trinken konnten, Pepe erhielt zudem eine Atemunterstützung. Für die Eltern war’s nicht leicht, ihren Nachwuchs mehrfach verkabelt in einem Inkubator liegen zu sehen. Zwar durften sie, wann immer sie wollten, zu den Zwillingen, sie durften Flora und Pepe auf die Brust legen und streicheln, das sogenannte Känguruhen, aber den Start ins Familienleben hatten sie sich trotzdem anders vorgestellt.

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Die Schwachpunkte bei Frühgeborenen: Die Lunge ist oft noch nicht ausgereift, der Darmtrakt schwächelt. Bei extrem kleinen Frühgeborenen mit einem Gewicht von weniger als 800 Gramm, so Johanna Hildebrandt, kann es Probleme mit den Augen und Hirnblutungen geben. Gleichwohl macht sie den Eltern immer wieder Mut, denn solche Probleme treten nicht häufig auf. Es sei zwar ein schwieriger Start ins Leben, aber meistens werde alles gut.

Jeden Tag fuhren die Eltern zur Kinderklinik nach Datteln, um ihre beiden Frühchen zu versorgen

Und das sagte sie auch Fabio und Tanja Fontana. „Man macht sich schon große Sorgen“, berichtet der Vater, aber der Klinik sei es gelungen, davon viel zu nehmen. „Wir wurden in Datteln sehr gut aufgefangen“, sagt der Gladbecker. Fünf Tage nach der Geburt durfte Mutter Tanja nach Hause, die Kinder blieben noch drei Wochen in der Klinik. Jeden Tag fuhren Tanja und Fabio Fontana nach Datteln und lernten mit Unterstützung der Pflegekräfte das Wickeln, sie badeten die Kinder gemeinsam das erste Mal und erhielten viel Unterstützung. Sie habe, berichtet Mutter Tanja, auch Tipps bekommen, was sie bei der Versorgung von gleich zwei Kindern beachten sollte.

Die Elternarbeit ist uns super wichtig
Dr. Johanna Hildebrandt

„Die Elternarbeit“, sagt Johanna Hildebrandt, „ist uns superwichtig.“ Einmal im Monat richtet das Krankenhaus ein Frühchen-Café aus, zum Weltfrühchentag im November kamen jüngst über 80 Kinder, die in Datteln als Frühgeborene ins Leben gestartet sind. Das seien immer schöne Momente, wenn man sehen könne, was aus den Babys von einst geworden sei, so die Gladbeckerin.

Kinder und Eltern beim schwierigen Start ins Leben fachlich begleiten

Die Kinderärztin hat – so wie alle Beschäftigten im Perinatalzentrum in Datteln – eine Zusatzausbildung absolviert, um in diesem „hochspezialisierten“ Bereich arbeiten zu können. Warum schlägt ihr Herz so für die Frühstarter? Die Arbeit ermögliche es, Kinder auf einem medizinisch höchst anspruchsvollen Niveau zu behandeln und die Familien so nach einem schwierigen Start zu begleiten, antwortet die Gladbeckerin. Die Nachsorge an der Klinik läuft in der Regel über zwei Jahre. Zusätzlich zu den Untersuchungen beim Kinderarzt werden die Mädchen und Jungen in Datteln mit speziellen Tests auf ihren Entwicklungsstand überprüft.

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Dreieinhalb Wochen nach ihrem Frühstart – und damit immerhin noch gut einen Monat früher als ursprünglich vorgesehen – kamen auch Flora und Pepe nach Hause. Mit Unterstützung der Familie wuptpen die Eltern die neue Aufgabe. Es gab zwar Probleme, so kleine Windeln, wie sie die Zwillinge anfangs benötigten, zu bekommen, aber auch da fanden sich eine Quelle. Sie hätten sich gut vorbereitet gefühlt, sagen die Eltern über die Zusammenarbeit mit der Vestischen Kinder- und Jugendklinik.

Flora und Pepe haben sich ganz normal entwickelt

Im Sommer werden Flora und Pepe in die Schule gehen. Sie haben sich ganz normal entwickelt, berichten die Eltern. Und dann muss das Gespräch mit dem Reporter auf Drängen von Pepe rasch beendet werden. Er hat, weil er bei der U9-Untersuchung beim Kinderarzt so gut mitgemacht hat, ein Dinosaurier-Ei geschenkt bekommen. Es muss ins Wasser gelegt werden, nach einem Tag bricht das Ei auf und ein kleiner Dino erblickt das Licht der Welt. Nun sollen die Eltern endlich helfen, das Ei zu wässern. Angesichts der Ungeduld, die der Fünfjährige an den Tag legt, wäre er vermutlich froh, es handelt sich um ein Frühchen…

Zur Information: Werdende Eltern können sich über die Versorgungsqualität von Frühgeborenen auf dem vom gemeinsamen Bundesausschuss betriebenen Internetportal informieren: perinatalzentren.org.